Wer HR 4.0 will, muss sich von Routineaufgaben verabschieden

„HR 4.0“ wird derzeit in HR-Bereichen und Personalabteilungen diskutiert. Der zu „Industrie 4.0“ analoge Begriff setzt sich offenbar durch, wenn die Auswirkungen der sogenannten vierten industriellen Revolution und der „Digitalen Transformation“ auf die Personalarbeit gemeint sind.

„Wer HR 4.0 will, muss sich von Routineaufgaben verabschieden“, behauptet Michael Lang, geschäftsführender Gesellschafter beim SAP HCM Beratungshaus switspot. Wir fragten ihn, worauf man sich im Personalmanagement zukünftig einstellen muss, wovon man sich verabschieden sollte und was er Personalverantwortlichen empfiehlt.

 

IT-Onlinemagazin: Herr Lang, was verstehen Sie unter „HR 4.0“?

Michael Lang switspot HR 4.0Michael Lang: Das „4.0“ steht allgemein für Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen, beispielsweise in der Produktion oder Logistik.

In der Personalabteilung ist die Automation aufgrund gesetzlicher Vorgaben, notwendiger Behördenkommunikation oder anderer Rahmenbedingungen nicht ohne Weiteres möglich. Verantwortliche in den Personalabteilungen suchen trotzdem nach Möglichkeiten, um Vorgänge zu automatisieren, sich von Routineaufgaben zu entledigen und damit Kapazitäten für die echte Personalarbeit zu schaffen.

Themen wie Talentmanagement, Personalentwicklung, Personalcontrolling, Benefits, Kompensationen und Strategie kommen nach meinen Beobachtungen in den Unternehmen oft zu kurz.

Potenziale zur Entlastung der Personalabteilung gibt es vorrangig in den Standardprozessen Recruiting, Entgeltabrechnung oder Reisekostenabrechnung, sei es durch technische Lösungen oder durch die Beauftragung externer Dienstleister, die Prozessverantwortung übernehmen. Dieses Prinzip wird als BPO bezeichnet, also Business Process Outsourcing.

HR 4.0 verstehe ich daher zusammenfassend als einen Veränderungsprozess, der insbesondere die Personalarbeit betrifft.

 

Was wird sich in den Personalabteilungen ändern?

Zunächst einmal muss das Führungsteam diese Herausforderung verstehen. Glaubt man Studien und Vorhersagen, wird es nicht funktionieren, das Thema auszusitzen. Stattdessen muss man als Verantwortlicher aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren und den Veränderungsprozess mitgestalten.

Ich glaube, man muss sich von Routineaufgaben verabschieden, wenn man HR 4.0 ernsthaft angehen möchte. Denn es gibt viele wichtige Betätigungsfelder, für die man jedoch personelle Kapazitäten benötigt. Entlastete Mitarbeiter in der Personalabteilung können sich wieder echter Personalarbeit und beispielsweise folgenden Fragestellungen widmen:

  • Wie machen wir die Mitarbeiter für die Digitale Transformation fit?
  • Wie gewinnen und entwickeln wir neue Mitarbeiter?
  • Wie begegnen wir dem demografischen Wandel?
  • Welche Antworten haben wir auf geänderte Erwartungen von Nachwuchskräften?
  • Wie fördern wir Soft-Skills oder flexibilisieren wir die Arbeitsmodelle?

In den Personalabteilungen werden zukünftig „Kümmerer“ gefragt sein, und keine Datenerfasser, die die Systeme und die Prozesse bedienen. Nach meinen Beobachtungen wollen neue Mitarbeiter in den Personalabteilungen auch eher höherqualifizierte Aufgaben übernehmen und nicht einen „old-school“-Job machen. Der „Typist“ wird ein Auslaufmodell.

 

Wie können Personalleiter diese Veränderungen gestalten?

Wenn sie sich von der Durchführung der Reisekosten- oder Personalabrechnung trennen, müssen sie andere Wertbeiträge für das Unternehmen leisten. Beispiele dafür habe ich ja eben schon genannt: Echte Personalarbeit, die Werte für das Unternehmen schafft – Human Capital.

Sie brauchen dazu einen verlässlichen BPO-Partner, der eigenverantwortlich und zuverlässig einen Verantwortungsbereich übernimmt – mit allem was zum Prozess dazu gehört: Termineinhaltung, Datenschutz und Sicherheit, Skalierbarkeit, Anpassung an gesetzliche Vorgaben und vieles mehr.

Dann sind Automatisierungs- und Einsparungseffekte vom ersten Tag an spürbar und messbar, und die benötigten Freiräume entstehen tatsächlich. Wir haben schon viele Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen auf diesem Weg begleitet – das funktioniert.

Mit dem traditionell guten Draht zur Geschäftsführung können Personalleiter neue strategische Ziele definieren und deren Umsetzung vorantreiben.

 

HR BPO soll Freiräume schaffen? Wie gelingt das?

Das gelingt, wenn der Partner einen guten Job macht und sich eigenverantwortlich um den Gesamtprozess kümmert. Das misslingt, wenn Aufgaben wieder an die Personalabteilung zurückdelegiert werden.

Wir haben über viele Jahre Standardprozesse entwickelt und immer wieder verfeinert, um die Entlastung für die Personalabteilungen garantieren zu können. Das geht sogar so weit, dass wir eventuell anfallende Säumniszahlungen übernehmen würden. Wir kümmern uns ganzheitlich um alle Aspekte, beispielsweise um Stichtage, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und um die technische Aktualisierung der Systeme.

 

Welche Bedeutung hat die SAP-Software bei dieser Veränderung?

Wenn man SAP-Software einsetzt, sind alle technischen Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Personalprozesse oder zum BPO vorhanden, beispielsweise für die Personalabrechnung. Wir nutzen für unseren Service ausschließlich die SAP-Systeme der Kunden. Die Software bleibt beim Kunden und es besteht auch keine Notwendigkeit mit diesen Lösungen in die Cloud zu gehen. Die messbaren Einsparungen geschehen über unsere hocheffizienten Dienstleistungen.

Für die eigentliche Personalarbeit kann man dann gegebenenfalls Leistungen aus der Cloud integrieren und die SuccessFactors Produkte einsetzen. Ich würde nicht empfehlen, das Talentmanagement (on-premise) im eigenen Haus zu betreiben.

 

Haben Sie weitere Empfehlungen für Personalverantwortliche?

Ich gebe drei Empfehlungen:

Man sollte alte Zöpfe abschneiden und Freiräume für Neues schaffen: Wer HR 4.0 will, muss sich von Routineaufgaben verabschieden.

Personalabteilungen sollten weitere Möglichkeiten zur Automatisierung identifizieren und prüfen. Die entstehenden Freiräume sind dann sinnvoll und strategisch zu nutzen.

Von der Cloud Hysterie würde ich mich nicht verrückt machen lassen: Mit einem passenden BPO-Dienstleister spielt die Technologie keine Rolle, sondern das Ergebnis.

 

Vielen Dank Herr Lang.

Die Fragen stellte Helge Sanden, der Chefredakteur des IT-Onlinemagazins.

 

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