Die meisten SAP-Projekte laufen trotz Corona weiter

Rund 37 Prozent der SAP-Projekte werden trotz Corona wie geplant weitergeführt. 5 Prozent der Projekte werden sogar beschleunigt oder vorgezogen. 26 Prozent der Projekte werden mit verminderter Geschwindigkeit fortgesetzt, indem Projektumfang verkleinert, Ressourcen abgezogen oder Termine nach hinten geschoben werden.

Rund 18 Prozent der Projekte dürften vorübergehend gestoppt worden sein und 5 Prozent wurden komplett gestoppt. Bei 9 Prozent der Befragten ist die Situation noch unklar. Das sind  Ergebnisse eines Stimmungsbarometers des IT-Onlinemagazins, an dem 268 Mitglieder der SAP-Community online im April und Mai 2020 teilgenommen haben. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, geben aber unserer Erfahrung nach ein ungefähres Stimmungsbild wieder.

Umfrage SAP-Projekte Corona Mai 2020

„Ein Großteil der wichtigen SAP-Projekte läuft unverändert oder mit reduzierter Intensität weiter, aber rund ein Viertel der SAP-Projekte dürfte auch vorübergehend und ganz gestoppt worden sein“, vermutet Helge Sanden (IT-Onlinemagazin) und ergänzt: „Die Gesamtstimmung unter SAP-Partnern und SAP-Kunden nehme ich aktuell überwiegend positiv wahr. In vielerlei Hinsicht gibt sie überhaupt nicht das Bild von Shutdown und vollständigem Stillstand wieder, dass man an anderen Stellen oft vermittelt bekommt.“

„In der Tat sind die wirklichen Auswirkungen auch auf die Beratungs-Branche noch schwer einschätzbar. Der global-wirtschaftliche Shutdown und die damit verbundenen unterschiedlichen Auswirkungen auf Branchen und deren Service-, Liefer- und Produktions-Ketten werden aber mit Sicherheit an kaum einem Business-Case für SAP-Entscheidungen spurlos vorbeigehen. Dies birgt Risiken, aber durchaus auch Chancen für eine beschleunigte Digitalisierung oder Automatisierung mit SAP. Und zwar sowohl für SAP-Kunden, als auch für SAP-Partner“, meint Dr. Michael Fuchs, CEO der dr. Fuchs Senior Advisors.

 

Im Herbst dürften Auswirkungen auf SAP-Projekte klarer werden

Aus Gesprächen mit Mitgliedern der SAP-Community erkennen wir viele gleichlautende Aussagen und Trends zum Stimmungsbild. Uns wird oft berichtet:

SAP-Partner, die Managed Services, Produkte und Consulting in mehreren Branchen betreiben, haben in der Regel keine bis wenige Sorgen. Anders kann es bei monothematisch aufgestellten Unternehmen aussehen, wenn ihre Branche aktuell schwächelt.

Die Online-Zusammenarbeit funktioniert in vielen Projekten offenbar gut bis sehr gut. Hier dürfte vorteilhaft sein, dass man bereits in der Vergangenheit teilweise remote gearbeitet hat. Selbst Online-Livesetzungen werden diskutiert und auch gemacht.

Nach unseren Beobachtungen nutzen aktuell eher wenige SAP-Partner die Möglichkeiten zur Kurzarbeit. Viele SAP-Partner haben weiterhin eine hohe bis sehr hohe Auslastung. Auch Neuprojekte werden aktuell unterzeichnet.

Mehr Klarheit über die weiteren Auswirkungen auf SAP-Projekte wird man vermutlich erst im dritten Quartal bekommen, wenn laufende Projekte beendet worden sind. Dann wird entscheidend sein, wer im Zeitraum von April bis September in Vertrieb und Marketing einen guten Job gemacht hat. Hier dürfte entscheidend sein, dass man Angebote formuliert, die nicht „nice-to-have“ sind, sondern auch in der aktuellen Situation oder danach schnellen Nutzen stiften.

 

DSAG ermutigt SAP-Kunden zu hoher Digitalisierungsgeschwindigkeit

Nach Ansicht der DSAG hat die Corona-Krise die Defizite vieler Unternehmen bei der Digitalisierung deutlich aufgezeigt. Obwohl SAP-Kunden technologisch bereits einen hohen Digitalisierungsgrad erreicht haben könnten, zeigt sich jetzt, wie unflexibel sie sind, wenn es beispielsweise um Zahlungsverfolgung oder die Anpassung von Lieferströmen oder der Produktion an grundlegend veränderte Rahmenbedingungen geht, so die DSAG weiter.

Marco Lenck DSAG 2019„Jetzt zeigt sich deutlich, was passiert, wenn Unternehmen sich zu viel Zeit für die Digitalisierung lassen. Sie können nicht schnell genug reagieren und sich anpassen“, meint Marco Lenck, DSAG-Vorstandsvorsitzender. Die Folge: Zahlungs- und Warenströme sowie Kundenverhältnisse brechen in sich zusammen. Aus DSAG-Sicht zeigen sich hier auch die Folgen kurzfristiger Bestrebungen zur Gewinnmaximierung, eingefahrener Marktkanäle und fehlender Markttransparenz.

Otto Schell DSAG„Darüber hinaus hat sich die Welt der Echtzeitprozesse verändert. Es genügt nicht mehr, das eigene Angebot zu optimieren. Vielmehr gewinnen intelligente Netzwerke aus Lieferanten und Partnern sowie übergreifende Prozessabläufe und gemeinsame Datennutzung an Bedeutung“, so Otto Schell, stellvertretender DSAG-Vorstandsvorsitzender. Digitale Prozesse und Geschäftsmodelle sind nach Ansicht der DSAG zumeist effizienter und bilden die Voraussetzung dafür, in einem sich wandelnden Markt erfolgreich zu sein.

 

Langfristige Folgen für gestoppte oder reduzierte SAP-Projekte?

Abhängig vom weiteren Verlauf der Pandemie wird man Projekte früher oder später wieder beschleunigen wollen. Hier stellt sich die Frage, ob die Auftraggeber die Situation richtig einschätzen. Freiberufler oder Mitarbeiter eines Beratungshauses werden nicht warten, bis das Projekt wieder startet, wenn sie in einem anderen Projekt arbeiten können. Bei einem teilweisen oder vollständigen Wechsel der Beratermannschaft dürfte die Gefahr eines Zeit- und Knowhow-Verlustes sehr hoch sein.

„Gibt es berechtigte Hoffnung auf eine spätere Projektfortsetzung, dann ist ein abruptes Stoppen und Heimschicken der externen Dienstleister und Freiberufler mit Sicherheit die teuerste aller Lösungen – auch wenn sie aus Liquiditätssicht zunächst richtig erscheint. Unterschätzte Wiederanlauf-Kosten und verlorenes, oft nicht dokumentiertes, Projekt-Knowhow gefährden jeden Business-Case.

Zunächst sollte man versuchen, alle möglichen Kosten-Senkungsmaßnahmen auszuschöpfen. Sofortmaßnahmen, wie beispielsweise Fokussierung auf absolut überlebensnotwendige Projekt-Aktivitäten, Reduzierung auf must-have Scopes, Insourcing von Services, Reduzierung externer Leistungen auf kritische Skills oder die Anpassung der Projektpläne bergen riesige Potenziale – übrigens nicht nur in Krisenzeiten! Es gibt viele solcher Maßnahmen, die helfen die Situation zu überstehen, ohne das Momentum des Projektes gleich komplett zu vernichten oder wesentliche Key-Player zu verlieren.

Michael FuchsSollte dennoch ein Projekt-Stopp notwendig werden, so empfehlen wir dringend auch dies nur strukturiert durchzuführen. Es gilt das wesentliche Projekt-Knowhow zu dokumentieren, Entwicklungsobjekte zu sichern, oder auch Exit-Kriterien und vertragliche Pflichten aus Dienstleistungs-Verträgen aktiv zu klären, sonst wird es im schlimmsten Fall doppelt teuer. Mit wenig Aufwand kann hier viel Wert fürs Unternehmen gerettet werden“, fasst Michael Fuchs zusammen.

 

Werden S/4HANA-Einführungen verschoben?

Hinsichtlich geplanter S/4HANA-Einführungen rechnet die DSAG damit, dass es zu Verschiebungen und Stopps kommen wird – auch da die Projektmitarbeiter von Kurzarbeit oder anderen internen Maßnahmen betroffen sein können. „Zudem schieben Unternehmen in solchen Situationen häufig Zahlungsziele und damit Projekttermine auf. Gleichzeitig wird es auch Unternehmen geben, die ihre gesamte Strategie hinterfragen“, ist sich Marco Lenck sicher.

 

SAP-Projekte und Corona: Ruhe vor dem Sturm oder hohe Kontinuität?

Ruhe vor dem Sturm oder hohe Kontinuität bei den SAP-Projekten? Hier ein Fazit zu ziehen, ist schwierig und ein Blick in die Glaskugel. Aufgrund der Ergebnisse dieses Stimmungsbarometers besteht berechtigte Hoffnung, dass es einige Branchen und Bereiche geben wird, die kontinuierlich weiterarbeiten oder sogar boomen, beispielsweise im Bereich Nahrungs- und Genussmittel, Hygiene, Pharma oder IT.

Andere Branchen, wie Touristik, Luftfahrt, Luxusartikel oder Veranstaltungen werden vermutlich lange Durststrecken überwinden müssen. Fragezeichen gibt es aktuell auch im Bereich Automotive.

 

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