Embedded EWM mit SAP S/4HANA für produzierende mittelständische Unternehmen

CONSILIO_Keilhacker_SebastianWie kann das in S/4HANA integrierte SAP Extended Warehouse Management (Embedded EWM) sinnvoll von mittelständischen Produzenten genutzt werden, die bewusst eher schlanke Lagerprozesse haben? Wie profitieren Unternehmen mit sehr detailliert ausgeprägter Lagerlogistik und automatisierten Lagern von den Möglichkeiten des embedded EWM? Wie macht man die SAP-Lösung für die jeweilige Situation passend?

Diesen Fragen geht Sebastian Keilhacker, Managing Consultant SAP WM/EWM beim SAP-Partner CONSILIO GmbH, in seinem Gastbeitrag nach.

 

Beste Nebenrolle: Extended Warehouse Management in der mittelständischen Fertigung

Die bisherige SAP Warehouse Management Lösung kann zwar auch über das Jahr 2025 hinaus mit Stock Room Management weiterverwendet werden. Der Nachfolger Extended Warehouse Management (EWM) bringt sich jedoch als die Zukunftsplattform von SAP in Stellung. Als solche bietet EWM umfangreiche Verbesserungen, bringt aber auch erhöhten Aufwand mit sich. Das lässt gerade produzierende Unternehmen im Mittelstand noch zögern. Mit der richtigen Unterstützung kann man aber auch den Lagerlogistik-Riesen an eine optimale Produktionslogistik anpassen.

 

SAP Warehouse Management (WM), derzeit bei vielen SAP-Anwendern im produzierenden Mittelstand im Einsatz, bleibt zwar parallel zu EWM bestehen und auch über das Jahr 2025 zusammen mit Stock Room Management verfügbar. Sein vielseitiger Nachfolger ist jedoch bereits auf dem Markt und seit dem Release 1610 auch als Embedded-Lösung in S/4HANA integriert: Extended Warehouse Management, kurz: EWM.

Die neue Version kann tatsächlich mit einem erheblich erweiterten Funktionsumfang aufwarten. Anwendungen, die derzeit noch über die Produktion laufen müssen, wie etwa Kit-Prozesse in der Kommissionierung, lassen sich jetzt auch in der Logistik abbilden, es steht eine erweiterte Verfügbarkeitsprüfung bereit. Die Zukunftsorientierung zeigt sich nicht nur in den modernen, bedienerfreundlichen Fiori-Benutzeroberflächen, auch Themen wie IoT und Industrie 4.0 sind berücksichtigt – mit RFID-Schnittstellen, Cloudbetrieb und Anbindung an die Leonardo-Plattform.

 

Detaillierte Abbildung von Lagerprozessen

Zu den größten Vorteilen gehört sicher die Detailliertheit, mit der Prozesse nun abgebildet werden können. Durch die layout- oder prozessorientierte Lagerungssteuerung können die Prozesse in Echtzeit abgebildet werden. War das ursprüngliche Warehouse Management noch eher mit einer Black Box vergleichbar, mit definiertem Input und Output, so lässt sich unter EWM der Materialfluss 1:1 abbilden und jederzeit nachvollziehen. Anwender können somit punktgenau verfolgen, wo sich eine bestimmte Ware aktuell befindet – auch werksübergreifend. Die genaue Erfassung aller Ist-Daten erlaubt zudem ein besseres Ressourcenmanagement.

Grundlage all dieser Verbesserungen sind sehr viele und genaue Einstellungs- und Konfigurationsmöglichkeiten. Mittels Programmierung kann fast an jeder Stelle der Software eingegriffen werden.

 

SAP EWM – zu groß für kleinere Produzenten?

So vorteilhaft diese komplexen Anpassungsmöglichkeiten sind, der damit verbundene Aufwand schreckte viele kleinere und mittelständische Produktionsunternehmen bisher ab: Umfangreiche Konfigurationen sind nämlich nicht nur möglich, sondern unerlässlich, um die Prozesse zum Laufen zu bringen. Mehr noch, ohne Anpassungen und Programmierungen geht es in den wenigsten Fällen. Wie Erfahrungen aus bisherigen Projekten zeigen, ist für die Konfiguration eines neuen Lagers mindestens das Doppelte der früher unter WM benötigten Zeit zu veranschlagen.

SAP EWM, eine Software, die in der Logistik komplexer und automatisierter Lager kaum Wünsche offenlässt, wirkt zunächst überdimensioniert in der mittelständischen Produktion, wo Lagerprozesse eine Nebenrolle spielen. Wie also lässt sich ein so umfangreiches Lagerlogistik-Modul in ein Umfeld integrieren, das stark produktionszentriert ist, dessen Lagerprozesse bewusst schlank und einfach gehalten sind?

Grundsätzlich bringt der Betrieb unter S/4HANA im Vergleich zur dezentralen Anwendung schon von vorherein Vereinfachungen im mit sich. So entfällt etwa die bisherige CIF-Schnittstelle (Core-Interface-Schnittstelle), Stammdaten müssen also nicht mehr doppelt vorgehalten werden. Es ist auch keine weitere Systemlandschaft zu integrieren, somit reduzieren sich Hardware-Kosten und Pflegeaufwand. Die Arbeit in nur einem System ist übersichtlicher und auch weniger fehleranfällig. In den meisten Fällen sind mittelständische Produzenten mit dieser Embedded-Variante gut beraten. Die dezentrale Lösung empfiehlt sich eigentlich nur für große Automatiklager oder für besondere Konstellationen.

 

Produktionsbereitstellung: Erweiterte Optionen in einfache Prozesse übersetzen

Für die eigentliche Anpassung und Implementierung von EWM S/4HANA wird aber trotzdem in den meisten Fällen externe Unterstützung benötigt, um den erwähnten Anpassungsaufwand zu bewältigen. In einem typischen Projekt kommen dabei auf eine Person für Customizing noch zwei weitere IT-Experten für die Programmierung im Hintergrund. Erfahrungen im Bereich der Intralogistik und Produktionsplanung sind für Berater dabei eindeutig von Vorteil, denn die Fertigung ist Herz und Zentrum in den mittelständischen Produktionsbetrieben. Schnelle und reibungslose Materialflüsse sichern die Effizienz.

SAP mittelständische ProduktionDie Produktionsbereitstellung und das Aus- und Einschleusen von Fertigteilen oder Halbzeugen in der laufenden Produktion sind deshalb die eigentlichen logistischen Kernthemen. Dafür stehen auch in EWM S/4HANA weiterhin die aus dem WM bekannten Bereitstellungsmerkmale zur Verfügung, Material kann also per Kommissionierteil (auf den Fertigungsauftrag bezogen), Kistenteil (auftragsunabhängig) oder Abrufteil (auftragsübergreifend) bereitgestellt werden. Neu unter SAP EWM ist als zusätzliche Variante die Produktionsmaterialanforderung (PMA), im Grunde eine Verknüpfung aus Kisten- und Abrufteil.

Diese neue Option wurde vor allem im Hinblick auf die Anforderungen der Serienfertigung entwickelt: Rohmaterialien, die ständig gebraucht werden, können damit unmittelbar an der Produktionslinie zur manuellen Entnahme bereitgestellt, nach Bedarf aufgefüllt oder wieder geräumt werden. Die entsprechenden Materialbewegungen werden im EWM laufend abgebildet und gebucht, aber mit nur einer abschließenden Belegreplikation zum Inventory Management übertragen. Die ständige Hin- und Rückübertragung von Zwischenbelegen entfällt also.

 

Produktionsintegration mit standardisierten und simplifizierten Prozessen

Diese erfreuliche Vereinfachung geht allerdings einher mit vergleichsweise aufwendigen Transaktionen für die Bediener. Bislang ist die Produktionsbereitstellung in kleineren und mittleren Produktionsbetrieben bewusst einfach gehalten – in der Art, dass der Bediener an der Produktionslinie selbst entscheidet, wann Material gebraucht wird und mit einer kurzen Dialogeingabe eine Nachlieferung durch die Logistik zum Beispiel innerhalb der nächsten acht Stunden anfordern kann.

Produktionsintegration SAP Embedded EWM
Produktionsintegration (Foto: CONSILIO)

Im Sinne einer schnellen, effizienten Produktion sollte dieses Vorgehen auch künftig nicht verkompliziert werden. Deshalb hat sich CONSILIO zum Ziel gesetzt, im Bereich der Produktionsintegration standardisierte und simplifizierte Prozesse zu entwickeln, und die Transaktionen somit für die Bediener wieder zu vereinfachen.

Basierend auf der langjährigen Erfahrung mit Projekten zur erweiterten Produktionsplanung und Produktions-Feinplanung mit Advanced Planning and Optimization (APO) wurden vereinfachte Möglichkeiten der Materialanforderung programmiert, die auch Verfügbarkeitsprüfungen einschließen und sicherstellen, dass Material immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Entsprechende Fiori-Dialoge für alle bestehenden Bereitstellungsmerkmale unter EWM S/4HANA stehen zur Verfügung.

Auch für weitere Aufgabenstellungen, die sich etwa aus der Abkündigung des Service-Moduls oder dem Wegfall der Optionen zur Lohnbearbeitung oder externen Bearbeitung unter EWM ergeben, wurden bereits Lösungen erarbeitet.

 

Fazit

Trotz gemeinsamer Kernthemen können sich die Anforderungen in der Produktionslogistik je nach Branche noch einmal erheblich unterscheiden. Ob Zulieferer in der Automobilindustrie, Einzel- und Kleinstserienfertiger im Maschinenbau, Hersteller in der Holz- oder Papierindustrie – ein externer IT-Dienstleister sollte immer auf die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Kunden eingehen.

Dabei sind sowohl die bisher genutzten Prozesse und Transaktionen zu betrachten als auch die neuen Möglichkeiten, die EWM für die konkreten Anforderungen bieten kann. Im Ergebnis lässt sich somit auch ein so umfassendes Logistikprogramm wie SAP EWM genau auf den Bedarf des jeweiligen Fertigungsunternehmens zuschneiden. Schnelle und reibungslose Materialflüsse sind dann gesichert und die Effizienz der Produktion kann gesteigert werden.

 

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