Indirekte SAP-Nutzung: Neues Lizenzmodell für die digitalisierte Welt

SAP indirekte Nutzung LizenzmodellSAP hat ein neues Lizenzmodell für die Nutzung seiner ERP-Produktfunktionalitäten vorgestellt. Künftig wird zwischen dem Zugriff durch in SAP-Lösungen eingeloggte Menschen (direkte Nutzung) und allen anderen Zugriffen (indirekte Nutzung) unterschieden. Die indirekte Nutzung betrifft beispielsweise Drittanwendungen, Partnerlösungen, Add-ons, angeschlossene Systeme, Non-SAP-Frontends oder andere Geräte.

Abgerechnet werden soll zukünftig nach erzeugten Dokumenttypen und aufkommensbasiert. SAP will Tools zur Verfügung stellen, damit Kunden die (indirekte) ERP-Nutzung messen können. Das neue Preismodell soll für SAP ERP und SAP S/4HANA gleichermaßen angewendet werden. Konkrete Preise werden nicht genannt.

Während die DSAG das Lizenzmodell als vertrauensbildende Maßnahme bewertet, sieht die IA4SP das Lizenzmodell kritisch, weil es beispielsweise Third Party Applications schlechter stellt als SAP-eigene Anwendungen.

 

Indirekte SAP-Nutzung soll kalkulierbar werden

Die direkte SAP-Nutzung wird weiterhin user-basiert abgerechnet. Mit dem neuen Lizenzmodell soll jedoch der indirekte Zugriff für Kunden und Partner verbindlich und kalkulierbar werden. Im neuen SAP-Lizenzmodell zählt und berechnet SAP die Erzeugung von Dokumenten, die durch indirekte Nutzer / Nutzung ausgelöst wurden.

Hierbei soll nur die initiale Erzeugung kostenwirksam sein. Änderungen, Aktualisierungen oder die Weiterverarbeitung durch SAP-Lösungen wird nicht gesondert berechnet. Beispiel: Eine externe Lösung erzeugt ein SAP-Auftragsdokument (lizenzrelevant), das bei der weiteren Auftragsbearbeitung zur Erzeugung von Lagerdokumenten, Rechnungsdokumenten, Finanzdokumenten führt (alle nicht zusätzlich lizenzrelevant).

Ausführlicher beschrieben ist die indirekte Nutzung im verlinkten Dokument am Ende des Beitrags.

 

Neun Dokumenttypen für indirekte SAP-Nutzung

Ob indirekter Zugriff lizenzpflichtig ist oder nicht, soll sich offenbar am Beitrag zur Wertschöpfung orientieren. Forderungen der Kunden, wie das kostenfreie Auslesen von SAP-Daten in Drittsysteme und das Schreiben von Stammdaten aus Drittsystemen, sind nach Angaben der DSAG berücksichtigt worden.

Lizenziert werden muss jedoch die Anlage der folgenden neun Dokumenttypen: Sales Document, Invoice Document, Purchase Document, Material Document, Manufacturing Document und Financial Document für die Kernprozesse, sowie Service & Maintenance Document, Time Management Document und Quality Management Document.

Jeder Dokumententyp hat einen Verrechnungsfaktor, der die fälligen Gebühren der indirekten Nutzung beeinflusst. Bei den Financial und Material Documents liegt dieser bei 0.2 und bei allen anderen bei 1.0. Zusätzlich soll es Mengenrabatte geben. Über konkrete Preise ist derzeit noch nichts bekannt.

 

Bewertung durch SAP-Anwendervereinigung DSAG

„SAP hat mit diesem innovativen Modell einen wichtigen Schritt getan, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen, das in letzter Zeit etwas verloren gegangen schien“, bewertet Andreas Oczko, DSAG-Vorstand Operations/Service & Support und stellvertretender Vorstandsvorsitzender, die Ergebnisse zur indirekten Nutzung. Die DSAG hat in den letzten Jahren in intensiver Zusammenarbeit mit der SAP die Kundeninteressen vertreten.

„Ein erster Schritt ist getan, um den Weg zur digitalen Transformation weiter zu gehen. Ziel muss es jedoch sein, ein echtes, atmendes Modell auf der Basis eines Pay-per-Use-Ansatzes zu entwickeln“, wünscht sich Andreas Oczko für zukünftige Abstimmungsgespräche mit SAP.

 

Bewertung durch SAP-Partnervereinigung IA4SP

Auf Nachfrage bei der International Association for SAP Partners e.V. (IA4SP) antwortete uns dessen Vorstandsvorsitzender Frank Bayer:

„Die gute Nachricht ist, die Aufklärungsarbeit des IA4SP und der DSAG haben Wirkung gezeigt: Aufgrund der anhaltenden öffentlichen Diskussionen um die Lizenzpraxis der SAP zum Thema indirekte Nutzung sah sich SAP offensichtlich veranlasst, eine neue Lizenzmetrik für das Thema indirekte Nutzung einzuführen. Die schlechte Nachricht ist: Auch nach der neuen Lizenzmetrik, dem „ERP-Pricing for the Digital Age,“ sind indirekte Nutzungshandlungen über Third Party Applications weiter gesondert lizenzpflichtig und nicht mit den Lizenzgebühren für die direkte Nutzung des „Digital Cores“, also SAP ERP und SAP S/4 HANA, abgegolten. Third Party Applications werden dabei eindeutig schlechter gestellt als SAP-eigene Applikationen, wie z.B. SAP SuccessFactors oder SAP Hybris. Die indirekte Nutzung des „Digital Cores“ durch SAP-eigenen Applikationen kostet keine zusätzlichen Lizenz- und Wartungsgebühren. Laut SAP ist die indirekte Nutzung des „Digital Cores“ durch SAP-eigene Applikationen mit den Lizenzgebühren für die direkte Nutzung des „Digital Cores“ abgegolten.

Um es auf den Punkt zu bringen: Das neue „ERP Pricing for the Digital Age“ der SAP ist aus Sicht des Partnervereins alter Wein in neuen Schläuchen. Indirekte Nutzung durch Third Party Applications bleibt lizenzpflichtig. Third Party Applications werden weiterhin schlechter gestellt als SAP-eigene Applikationen. Ob durch die Veränderungen im Preismodell die indirekte Nutzung des „Digital Cores“ durch Third Party am Ende eventuell etwas preiswerter wird als vorher, können wir im Moment noch nicht genau sagen. Der IA4SP wird hierzu in Abstimmung mit seinen Mitgliedsfirmen (SAP Partner) entsprechende Use Cases bilden und diese dann anhand des neuen Preismodells durchrechnen.

Im Hinblick auf die von der IA4SP in die öffentliche Diskussion eingebrachte juristische Frage, ob indirekte Nutzung nicht lizenzgebührenfrei sein muss, bringt das neue Modell keine Veränderungen. SAP hält entgegen der Ergebnisse der von uns in Auftrag gegebenen juristischen Gutachten mit dem neuen Preismodell weiter an der Gebührenpflicht von indirekter Nutzung fest. SAP verändert nur die Art und Weise, wie die Lizenzgebühren für indirekte Nutzung zukünftig berechnet werden.“

 

 

Weiterführende Informationen der SAP:

Das neue Lizenzmodell für die indirekte SAP-Nutzung

 

[Der Artikel wurde am 19.04.18 um die Bewertung durch die IA4SP ergänzt]
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