Kundenzentrierung im B2B-Vertrieb: Erst die Strategie und dann die Software klären

Die „Kundenzentrierung“ ist eines der Modewörter, das man überall liest und hört. Wir wollten herausfinden, was sich dahinter verbirgt und warum sie für Unternehmen wichtig sein kann.

Welchen Nutzen hat die digitale Kundenzentrierung im B2B-Vertrieb? Was kann die SAP Hybris Plattform (Customer Engagement & Commerce / CEC) mehr als CRM? Wie entstehen Projekte und wie werden diese angegangen? Und welche Rolle spielt die IT in derartigen Projekten?

Ein Gastbeitrag von Robert Geppert, Chief Customer Officer beim SAP-Partner Sybit, klärt hierüber auf. Wir haben ihn im Interview auch gefragt, was er empfiehlt, damit SAP Hybris-Projekte erfolgreich werden. Er sagt unter anderem: „Kundenzentrierung hat zunächst einmal wenig mit Softwarelösungen zu tun, sondern ist vorrangig eine neue Unternehmensphilosophie.“

 

Kundenzentrierung: Interaktion statt Informationen sammeln

Die Idee, dass der Kunde im Mittelpunkt des Handelns steht, ist nicht neu. Software soll beim Management der Kundenbeziehung helfen. Auf diesem Grund werden CRM-Projekte in Unternehmen schon seit mindestens 15 Jahren durchgeführt. Im CRM-Verständnis hat man die Kundenbeziehung eher von innen betrachtet: Wie ist unser Verhältnis zum Kunden — und was wissen wir über ihn. Wir haben an zentraler Stelle im CRM-System alle Informationen zum Kunden gesammelt und dann hin und wieder eine Kampagne ausgesendet.

Beim Customer Engagement und Commerce (CEC) wechseln wir die Perspektive: Wir betrachten die Kundenbeziehung von außen: Welche Beziehung und Kontaktpunkte hat der Kunde zu unseren Unternehmen? Das Neue ist: Die Verbindung wird bidirektional. Heute können wir direkt in die digitale Interaktion treten. Wir interagieren und kommunizieren individuell miteinander agieren — und das über alle Unternehmensbereiche hinweg.

 

Kundenzentrierung als neue Unternehmensphilosophie

SAP Hybris Kundenzentrierung CECMeint man es mit der Kundenzentrierung ernst, dann muss man die Unternehmensstrategie verändern. In den Unternehmen ist ein Wandel festzustellen: Der Vertrieb ist nicht mehr der einzige „Kundenmanager“ – jeder Mitarbeiter mit Kundenkontakt, also beispielsweise auch in Marketing oder Service wird zum Kundenmanager und soll mit seinem Handeln den Verkauf fördern.

Würden Sie einem Abwehrspieler verbieten, ein Tor zu schießen? Viele Unternehmen verbieten heute noch ihren Mitarbeitern vertriebliche Aktivitäten. Damit der Wandel gelingt, muss jedoch an Grundlagen gearbeitet werden: Strategie, Strukturen und Prozesse. Wie schwierig es ist, Prozesse nachhaltig zu etablieren, wissen wir. Kundenzentrierung ist daher in erster Linie ein Veränderungsprozess.

 

Technische Komponente der Kundenzentrierung: SAP Hybris Plattform

Mit Lösungen wie der SAP Hybris Plattform (Customer Engagement & Commerce) hat man ein Werkzeug , das viel mehr kann als die meisten Unternehmen heute bereits nutzen können – wichtig jedoch: man kann die Funktionen bei Bedarf aktivieren.

Letztendlich geht es darum, die Kundenkontaktpunkte (neudeutsch: Touchpoints) zu organisieren — sprich: wie funktioniert das Zusammenspiel von Marketing, Inside Sales, Account Manager und anderen Bereichen, wie Service und Support. Wer muss wann aktiv werden, hat die Führungsrolle und Verantwortung bei der Weiterentwicklung einen Interessenten zum Kunden. Der Ball kann auch wieder zurückgegeben werden, wenn der Kunde noch nicht kaufbereit ist.

Natürlich kann man mit derartigen CEC-Lösungen sofort auf Kundenimpulse reagieren, hoch individuelle kundenspezifische Inhalte ausspielen, Analysen durchführen, das Kundenverhalten vorhersagen und vieles mehr. Es würde den Rahmen sprengen, alle Funktionen zu erklären. Wir empfehlen Interessierten, beispielsweise über Webinare oder Events Wissen aufzubauen oder sich von uns oder anderen Partnern beraten zu lassen.

 

Kunden erwarten auch im B2B-Vertrieb Individualität

Im B2C-Handel ist der Nutzungsgrad derartiger Softwarelösungen schon weit fortgeschritten, beispielsweise im Onlinemarketing und bei der Individualisierung von Commerce-Lösungen (Onlineshops). Im B2B-Bereich gibt es noch großen Nachholbedarf, denn Geschäftskunden haben mittlerweile die gleiche Erwartungshaltung wie Endkunden.

Auch B2B-Kunden, beispielsweise in der Fertigungsindustrie, informieren sich intensiv anonym und digital, bevor sie Kontakt zum Unternehmen aufnehmen. Das Marketing bekommt dadurch eine tragende Rolle, und das vorhin beschriebene Touchpoint-Management nimmt hier seinen Anfang. Oder auch nicht, wenn das Unternehmen digital nicht sichtbar ist.

 

Wie entstehen SAP Hybris Projekte?

Unternehmen müssen Kundenzentrierung und auch den damit verbundenen Veränderungsprozess wollen. In der Regel treibt der Vertrieb ein derartiges Vorhaben. Die Führungskraft im Vertrieb braucht daher Unterstützung aller wichtigen Stakeholder aus den anderen Bereichen, weil die Grenzen verschwimmen werden. Denken Sie an den Abwehrspieler, der keine Tore schießen darf: Die Touchpoints nehmen keine Rücksicht auf Abteilungsgrenzen, die sind den Kunden egal. Wird die Kundenzentrierung durch allgemeine Digitalisierungsmaßnahmen initiiert, treibt oft auch die Geschäftsführung über Strategieprojekte.

 

Die Rolle der IT in SAP Hybris Projekten

IT-Abteilungen sind ein wichtiger Stakeholder in CEC Projekten, besonders wenn sie darüber hinaus eine Koordinationsrolle für die Unternehmensprozesse haben. In jedem Fall bleiben die Themen der Integration der Cloud-Lösung, der Datenmigrationen und des Projektmanagements.

In Cloud-Projekten wird in der Regel mit agilem Projektmanagement gearbeitet oder mit hybridem Projektmanagement, also einer Mischform aus Wasserfall und agilem Ansatz. Die Ausprägung muss zum Kunden passen. Oft wird es von uns so organisiert, dass der Fachbereich den Product-Owner / Process-Owner stellt oder die IT macht das Projektmanagement und arbeitet eng mit dem Process-Owner aus dem Fachbereich zusammen. Auch die Einbindung anderer Standorte, Regionen oder Landesgesellschaften ist eine wichtige Koordinationsaufgabe.

 

Fazit

Eine SAP Hybris-Einführung ist aus unserer Sicht ein Veränderungsprojekt, kein IT-Projekt. Zuvor sollte die unternehmensweite Bereitschaft zur „Kundenzentrierung“ erfüllt sein und der Nutzen allen Beteiligten klar sein. Ängste und Sorgen eines derartigen Wandels werden oft unterschätzt und unter den Teppich gekehrt, was dann dazu führt, dass solche Projekte nur einen Basisnutzen liefern.

Treibt und koordiniert man das Thema jedoch ganzheitlich, hat man die Chance von den nahezu unbegrenzten technischen Möglichkeiten der Werkzeuge viel mehr zu profitieren. Die Kunden werden es lieben, eine gute Betreuung und guten Service zu bekommen.

 

Drei Fragen an den Experten:

 

Herr Geppert, was steckt hinter Kundenzentrierung und Digitalisierung im B2B-Vertrieb?

Robert GeppertKundenzentrierung hat zunächst einmal wenig mit Softwarelösungen zu tun, sondern ist vorrangig eine neue Unternehmensphilosophie. Ein anderes Denken im Unternehmen über Abteilungsgrenzen hinweg — und dann eine Chance, die B2B-Kunden zufriedener zu machen.

Von einer Digitalisierung kann man erst sprechen und davon profitieren, wenn man Grundlagenarbeiten abgeschlossen hat: Wie will ich den Vertrieb managen. Wie organisiere und etabliere ich den Prozess über Abteilungsgrenzen hinweg.

Bleibt man bei den Grundlagen stehen, hebt man auch nur einen Bruchteil der Potenziale einer digitalen Kundenplattform.

 

Wie geht man ein Customer Engagement-Projekt an?

Wenn der Wille zur Kundenzentrierung da ist, sollten sich Fachbereich (Vertrieb und Marketing, ggf. zusätzlich auch der Service) und die IT in einer frühen Phase an einen Tisch setzen und gemeinsam die Evaluierung machen.

Schon im Auswahlprozess — aber erst Recht im Projekt — empfehle ich eine Bereitschaft zum agilen Arbeiten mitzubringen. Man braucht eine gewisse Struktur und Strategie als Leitplanke. Es ist aber unmöglich alles bereits vorzudenken. Damit würde man sich auch viele Chancen zur Optimierung und Innovation nehmen.

 

Was empfehlen Sie IT-Verantwortlichen in SAP Hybris-Projekten?

Die Zeiten, dass man in IT-Abteilungen Cloud-Lösungen grundsätzlich kritisch bewertet, sind unserer Wahrnehmung nach vorbei. Vielmehr geht es nun um die Orchestrierung unterschiedlicher Cloud-Lösungen. Dieses Management ist eine interessante wie wichtige Aufgabe. Ohne Integrations-, Sicherheits- und Betriebskonzepte funktioniert nichts.

In erfolgreichen Projekten werden Customer Engagement-Vorhaben gemeinsam von Fachbereich und IT realisiert: Gute IT-Manager übernehmen Verantwortung und fordern diese auch gleichermaßen von den Fachbereichen ein.

 

Weiterführende Informationen:

 

E-Book zum Download:

Stark im Team, top in der Leadgenerierung — Marketing & Vertrieb: in 6 Schritten zur effizienten Zusammenarbeit

 

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Praxisbeispiel: SAP Hybris Cloud for Customer-Einführung bei der voxeljet AG

 

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