Mit SAP Cloud ALM unterstützt SAP seine Kunden bei Implementierung und Betrieb von Cloud- und hybriden SAP-Lösungen. Als Alternative zum SAP Solution Manager soll die Plattform zentraler Einstiegspunkt für die Verwaltung der gesamten SAP-Landschaft mit inhaltsgesteuerter, geführter Implementierung und für den hochautomatisierten Betrieb werden. Sie ist in der Cloud-Subskription mit Enterprise Support, Cloud Edition und in SAP Enterprise Support enthalten.
Benjamin Schneider, SAP-Produktexperte für das Thema SAP Cloud ALM, hat mit uns über Strategie, Einsatzszenarien und Best Practices der künftigen ALM-Plattform gesprochen. Er gab hilfreiche Empfehlungen zum Umstieg vom SAP Solution Manager (SolMan) nach SAP Cloud ALM und brachte uns auf den neuesten Stand zur weiteren Produktplanung.
SAP Cloud ALM: Mehr als 6.800 Tenants – Tendenz steigend
Ist die Koexistenz von SAP Solution Manager und SAP Cloud ALM schon Realität in den Unternehmen? Welche Einsatzszenarien von SAP Cloud ALM gibt es bei SAP-Kunden?
Benjamin Schneider: Das Wartungsende der Mainstream Maintenance des SolMan Ende 2027 hatten wir bereits vor vielen Jahren angekündigt. Die aktuelle Version von SAP Cloud ALM ist seit 2020 live, derzeit zählen wir mehr als 6.800 Cloud ALM Tenants, Tendenz steigend. Einige nutzen bereits die gesamte Lösung produktiv, viele schauen sich als Startpunkt SAP Cloud ALM for Operations an, also die Monitoring-Themen. Wir befinden uns derzeit also in einer Übergangsphase, die Koexistenz ist Realität. Das entspricht auch genau unserer Empfehlung.
Mit seinem Cloud-Fokus ist SAP Cloud ALM nicht deckungsgleich ein Nachfolgeprodukt zum SAP Solution Manager. SAP bietet zum Beispiel auch noch SAP Focused Run. Wie und wann nutze ich was?
Grundsätzlich wird SAP Cloud ALM die zukünftige ALM-Plattform für alle SAP-Kunden. Also für SolMan-Kunden, aber auch darüber hinaus. Wir sehen aus unseren Erhebungen, dass ein Teil der genannten 6.800 Tenants den SAP Solution Manager nicht vorher schon im Einsatz hatten. Mit dem neuen Produkt erweitern wir also deutlich unsere Zielgruppe. SAP Cloud ALM unterstützt zum einen bei der Einführung und Betrieb aller SAP-Cloud-Lösungen, andererseits aber auch den Betrieb vieler On-Prem-Lösungen wie der SAP Business Suite, S/4HANA On-Premises, PI/PO für das Monitoring oder BW.
SAP Focused Run gibt es auch schon seit 2015/16 – ein klassisches, ABAP-basiertes On-Premises-Produkt, das ausschließlich auf SAP HANA läuft und dadurch sehr performant ist und große Datenmengen verarbeiten kann. Wir haben es damals für Kunden entwickelt, die mit den Monitoring-Fähigkeiten des SolMan an ihre Grenzen stießen. Es stellt also eine Ergänzung dar.
SAP Focused Run ergänzt Cloud ALM
Kunden, die auch nach 2027 noch einen großen On-Premise-Footprint haben werden und dafür den SAP Solution Manager nicht mehr verwenden möchten, finden in Focused Run daher das passende Werkzeug zur Abdeckung aller betrieblichen Themen. Insbesondere wenn es um Bedürfnisse geht, die auch in Zukunft nicht von Cloud ALM abgedeckt werden, zum Beispiel für hybride Landschaften oder klassischerweise – wofür Focused Run auch entwickelt wurde – für das Hosting-Business oder AMS-Provider und ähnliche Szenarien. Von SAP gilt also die Empfehlung: SAP Cloud ALM ist grundsätzlich die Zukunft für ALM und SAP Focused Run kann dem bei Bedarf zur Seite gestellt werden.
Wann kann oder muss man den SAP Solution Manager endgültig abschalten?
Was die Wartungsstrategie angeht, folgen wir mit dem SAP Solution Manager der SAP Business Suite. Sobald ein Kunde dafür unsere Extended Maintenance in Anspruch nimmt, gilt dies automatisch auch für den SAP Solution Manager. Dies bezieht sich allerdings nur auf die funktionalen Bereiche der Implementierung, also alles rund um Build (Dokumentation, Testmanagement, ITSM, Change Control Management…). Die Funktionalität in „Operations“, d.h. die Monitoring-Themen, gehen auf jeden Fall am 1.1.2028 in die kundenspezifische Wartung (Customer-specific Maintenance). Eine eigenständige Wartungsverlängerung für den SAP Solution Manager bieten wir nicht an.
Kunden sollten sich also zeitnah damit beschäftigen, was ihre Optionen sind, wann sie wie nach SAP Cloud ALM umsteigen sollten und ob zusätzlich SAP Focused Run sinnvoll ist. Ein Muss zur Abschaltung des SAP Solution Managers gibt es aber nicht, er könnte ohne weiteres auch über das Wartungsende betrieben werden – ob das nun strategisch sinnvoll ist oder nicht. Wir haben sogar einige Kunden, die noch mit Version 7.1 oder gar 7.0 arbeiten.
SAP-Landschaften ändern sich schnell
Welche neuen Skills, Rollen und Tools erfordert das Management hybrider SAP-Landschaften?
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, in der es in erster Linie Transformation-Skills braucht. Dazu gehören Agilität und das Wissen, wie man seine Landschaft so transformieren kann, dass sie beständig und wettbewerbsfähig ist. Das Tempo ändert sich, es geht heute viel mehr in Richtung kontinuierlicher Transformationszyklen. Früher wurden SAP-Landschaften oft mehrere Jahre lang nicht angepasst, heute werden Änderungen deutlich schneller erforderlich. Allein im Rahmen von „Clean Core“ werden Systeme viel häufigerer aktualisiert. Und das gilt eben auch für das Thema ALM, wo wir gegenwärtig an der Neuzusammensetzung des Toolsets und der Integration weiterer Komponenten arbeiten.
Und wie sieht es mit der Kostenüberwachung einer künftigen Cloud-Lösung aus? Der Bezug von BTP-Credits, die Nutzung von SAP AI – all dies sind neue Kostenfaktoren, die vorab oft schwer abschätzbar sind.
Wir wissen, dass unsere Kunden hier sehr sensibel sind. Was das Thema ALM betrifft, steht hierzu derzeit noch nichts auf der Roadmap. Es gibt dazu allerdings entsprechende Informationen auf der Business Technology Platform (BTP) selbst. Dort kann man genau einsehen, welche Services man nutzt und wie hoch die Kosten dafür sind. [Anm. Redaktion: Link unter weiterführende Informationen]
SAP Cloud ALM unterstützt Automatisierung
IT-Organisationen streben einen hochautomatisierten Betrieb an – auch der SAP-Lösungen. Inwiefern hilft SAP Cloud ALM dabei?
SAP Cloud ALM ist quasi Baustein einer ganzheitlichen Automatisierung im SAP-Kontext. Im Zuge von Rise with SAP übernimmt SAP den technischen Betrieb der SAP-Landschaft des Kunden. SAP Cloud ALM ergänzt – gewissermaßen eine Ebene darüber – Applikations- und Prozess-Themen und stellt die notwendigen Informationen für den automatisierten Betrieb über Dashboards und das Alerting bereit. Zusätzlich lässt sich SAP Cloud ALM in entsprechende Servicemanagementsysteme integrieren. Es kann auch aus Monitoring-Use-Cases heraus automatisierte Aktivitäten antriggern.
Was leistet SAP Cloud ALM in Sachen Security?
Configuration & Security Analysis heißt der dafür zuständige Bereich in SAP Cloud ALM. Noch ist er relativ überschaubar, wächst jedoch beständig. Hier werden, vereinfacht erklärt, Änderungen an der Konfiguration überwacht, sodass man im Zweifel eingreifen kann.
Weiterentwicklung der ALM-Plattform
Wie sieht die weitere Produktplanung für SAP Cloud ALM aus?
Bei der Implementierung ist Process Governance ein wichtiges Thema. Für das Projekt und Task Management haben wir hier verschiedene Entwicklungen angestoßen: Im Bereich Analytics wurde die Nachverfolgbarkeit (Traceability) verbessert und beim Change- und Deployment-Management das Constraints Framework so angepasst, dass man nun bestimmte Bedingungen in SAP Cloud ALM für bestimmte Aktivitäten setzen kann.
Geplant ist für 2024 außerdem: Erweiterung der Status-Schemata, um mehr Flexibilität in die Statuswerte der einzelnen Aktivitäten zu bringen, Ausbau des Anforderungsworkflows, Einführung einer API für Approvals und bessere Nachverfolgbarkeit des Readiness Check – um nur einige zu nennen.
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Erweiterungen für Change Control und Testing geplant
Ebenfalls einiges geschehen ist im Bereich Change Control: Es lassen sich nun Transportaufträge aus einem Feature heraus anlegen und Transporte verschiedenen Transportwegen zuweisen. Außerdem wurde der Transport von Kopien eingeführt. In den kommenden anderthalb Jahren stehen weitere große Blöcke auf der Agenda, gerade auch für Betreiber komplexer Systemlandschaften: Downgrade-Protection, Phasen für Releases, Beziehungen zwischen Feature (=Transport) und Defect lauten hier die Stichworte.
Im Bereich Solution Documentation haben wir die App verbessert, es gibt ein Tag-System zum Verschlagworten. Wir arbeiten außerdem u.a. an der Verbesserung der Zuweisung von Testfällen zu Prozessen. Beim Testen ist schon viel geschehen – es gibt eine komplette manuelle Testumgebung, und mit Tricentis Tests Automation for SAP bieten wir eine integrierte Testautomatisierungslösung für alle Kunden an. Weiterhin geplant für dieses Jahr sind das Bereitstellen eines Analysereports für die Quality Gates, dokumentenbasierte Testfälle, das Kopieren von Testplänen und – besonders wichtig – die Festlegung von Testsequenzen.
Was sollten SAP-Kunden jetzt also hinsichtlich ALM beachten?
Da hätte ich eigentlich nur einen Rat: Kunden sollten sich rechtzeitig mit dem Umstieg von SAP Solution Manager auf SAP Cloud ALM beschäftigen. Wie nutze ich den SAP Solution Manager, was kann das neue Tool, was ist meine heutige Situation im ALM-Umfeld? Welche Unterstützung gibt es in Form von Schulungen, Angeboten zum Selbstlernen? Insbesondere der SAP Readiness Check for SAP Cloud ALM sollte hier zum Einsatz kommen.
Fest steht: Cloud ALM ist weiter, als viele denken. Es sieht gut aus, die Use Cases sind niedrigschwellig im Einstieg und es lässt sich leicht aufsetzen.
Vielen Dank!
Die Fragen stellten Helge Sanden und Maike Rose (beide IT-Onlinemagazin)
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Weiterführende Informationen:
SAP Cloud ALM Product Roadmap: https://roadmaps.sap.com/board?PRODUCT=73554900100800002513&range=CURRENT-LAST
Kosten- und Nutzungsübersicht SAP BTP: https://help.sap.com/docs/btp/sap-business-technology-platform/monitoring-usage-and-consumption-costs-in-your-global-account
Aufzeichnung: Expert-Talk zu SAP Cloud ALM mit Benjamin Schneider