Daniel Holz: Branchenübergreifende Zusammenarbeit bei Digitalisierung unerlässlich

Wir baten Daniel Holz, den SAP Deutschland-Chef, um einen Ausblick auf das Jahr 2018: Was kommt auf die SAP-Anwenderunternehmen und SAP-Partner zu? Welche Herausforderungen gilt es zu meistern? Wie gelingen Digitalisierungsvorhaben, welche Rolle spielt dabei die Technologie und was kann man 2018 von SAP erwarten?

Lesen Sie, was Daniel Holz bei der vierten industriellen Revolution für wichtig und unerlässlich hält …

 

Herr Holz, die Digitalisierung ist ein langwieriger Veränderungsprozess, der viele Unternehmen massiv verändern dürfte. Wie sehen Sie die Veränderungsbereitschaft der SAP-Anwenderunternehmen?

Daniel Holz SAPWir sehen, dass immer mehr Unternehmen die Digitalisierung annehmen und im Zuge dessen die Umstellung auf cloudbasierte Lösungen vollziehen, um von den zahlreichen Vorteilen wie gewonnener Flexibilität sowie Kosten- und Geschwindigkeitsvorteilen zu profitieren. Doch der Wandel vollzieht sich auf einer noch grundlegenderen Ebene.

Viele Unternehmen – darunter auch große und langjährige SAP-Kunden – befinden sich im Umbruch. Beispielsweise werden Pumpenhersteller zu Druckluft-Lieferanten und ein Logistikdienstleister kann dank 3D-Drucker plötzlich Paket nebst Inhalt liefern. Und allen ist klar: Die Digitalisierung ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Welche wichtigsten Herausforderungen müssen Unternehmen im Jahr 2018 meistern?

Auch rund ein Jahr nach meinem Antritt als SAP-Deutschlandchef steht kaum ein Thema bei unseren Kunden so weit oben auf der Agenda wie die vierte industrielle Revolution. Die Automobil- und Fertigungsindustrie, aus der ich ursprünglich komme, hat hier bereits eine ganze Reihe beeindruckender Projekte auf den Weg gebracht.

Zur Digitalisierung gehört allerdings nicht nur die Einführung von neuen Technologien. Vielmehr sind eine Denkweise und Unternehmenskultur notwendig, die eine digitale Transformation ermöglichen – Unternehmen müssen also das entsprechende ‚Digital Mindset‘ schaffen und eine ganzheitliche digitale Gesamtstrategie entwickeln.

 

Was können Kunden und Interessenten diesbezüglich von SAP erwarten?

Wir arbeiten mit unseren Kunden sehr eng an der Entwicklung von Effizienzverbesserungen bis hin zu neuen Geschäftsmodellen. Wie gesagt, ist es für eine echte digitale Transformation unerlässlich, kreativ zu werden, quer zu denken, und über den Tellerrand der eigenen Branche zu schauen.

Mit Workshops, Methoden wie Design Thinking und unserem digitalen Lernangebot openSAP unterstützen wir unsere Kunden auf diesem Weg. Dabei haben viele unserer Kunden bereits klare Vorstellungen, wohin ihre digitale Reise gehen sollte.

 

Und welche Rolle spielen die SAP-Partner dabei?

Unsere Partner sind hierfür unerlässlich, denn die große Mehrheit unserer Kunden – gerade die kleineren Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern – kommt über Partner und andere Kanäle zu uns. Wir bauen daher die Anzahl unserer Vertriebspartner kontinuierlich weiter aus und wollen insbesondere deren Cloud-Engagement weiter stärken.

Gemeinsam mit unseren Partnern helfen wir Unternehmen täglich dabei, die passenden SAP-Lösungen für ihre individuellen Geschäftsanforderungen zu finden. Ohne Unterstützung durch externe Dienstleister ist eine umfassende Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse für viele Unternehmen kaum zu bewältigen. Mit ihrem speziellen Technik- und Branchenwissen leisten unsere Partner hierbei überaus wertvolle Arbeit.

 

Ist das zukünftige Geschäftsmodell für die Partner bereits klar? Es gibt die Unsicherheiten zur „indirekte Nutzung“ und zur Rolle von Partnern im Cloud-Zeitalter. Was empfehlen Sie Partnern, die sich bestmöglich auf die Zukunft vorbereiten wollen?

Unsere Partner sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Erfolgs. Daher unterstützen wir sie dabei, neue Geschäftsfelder zu erschließen, beispielsweise in den Bereichen KI, Blockchain oder Cloud. Da sich die digitale Transformation zunehmend durch die Implementierung von Cloud-Services manifestiert, haben wir vor Kurzem das Programm Cloud Accelerator gestartet, mit dem wir interessierte Partner dabei unterstützen, das Potential des schnell wachsenden Cloud-Geschäfts voll auszuschöpfen.

Des Weiteren bieten wir unseren Partnern mit dem Programm SAP PartnerEdge Cloud Choice Anreize – beispielsweise über Provisionen – den Wechsel von On-Premise-Lösungen hin zu Cloud-Systemen interessanter zu gestalten. Seit Start des Programms im August 2016 profitieren mittlerweile über 140 SAP-Partner von dieser Initiative.

Was das Thema indirekte Nutzung betrifft, arbeiten wir intensiv daran, Klarheit, Transparenz und Planbarkeit für unsere Lizenzpolitik sicherzustellen. Im Rahmen der SAPPHIRE 2017 haben wir neue Preise für die Szenarien Order-to-Cash, Procure-to-Pay und Static Read vorgestellt. Dies war der erste Schritt hin zu einer Vereinfachung der Lizensierung. Seitdem stehen wir zudem in engem Kontakt mit Anwendergruppen, Kunden, Branchenanalysten und anderen Interessenvertretern, um die Unsicherheiten vollumfänglich aufzuklären.

 

Wir spüren einen Trend, dass die Bereitschaft zur Nutzung von ERP-Lösungen aus der Cloud steigt. Was beobachten Sie?

Aufgrund der Schnelllebigkeit des Geschäfts wird der Gang in die Cloud immer mehr zu einer Notwendigkeit. Das erkennen immer mehr Unternehmen: So zeigen die Ergebnisse des Cloud-Monitor 2017 von KPMG und Bitkom, dass zwei von drei Unternehmen Cloud-Dienste nutzen und nur jedes sechste Unternehmen momentan nicht auf Cloud-Computing setzt – Tendenz steigend. Das spiegelt sich auch in der stärkeren Nachfrage nach unseren Cloud-Lösungen wieder.

Dennoch ist auch hier das Bild nicht überall gleich: Insbesondere kleinere Unternehmen haben noch Nachholbedarf bei der Entwicklung einer eigenen Cloud-Strategie. Hier sind wir als Coach und Berater gefragt.

 

Welches Feedback bekommen Sie von Kunden und Partnern zu SAP Leonardo und zur SAP Cloud Platform?

Das Interessante ist, dass viele Unternehmen bereits Lösungen aus dem SAP-Leonardo-Portfolio einsetzen, ohne es zu wissen. Sie haben Produkte im Einsatz, die es schon gab, bevor SAP Leonardo eingeführt wurde. So beispielsweise die SAP Cloud Platform Machine Learning, Augmented Reality, Big-Data-Szenarien sowie das Analytics-Portfolio.

SAP Leonardo ist ein System für digitale Innovation, bringt Geschwindigkeit in die Entwicklung von Innovationen und integriert neue Technologien und Services in die SAP Cloud Platform. Aufgrund der Tatsache, dass der Name des Portfolios noch recht jung ist, haben noch nicht alle Anwender SAP Leonardo vollumfänglich verstanden.

Ein sehr schönes Beispiel dafür, was SAP Leonardo zu leisten imstande ist, zeigt sich am Beispiel des Präzisionswerkzeug-Herstellers MAPAL. Das Unternehmen vernetzte die Werkzeugverwaltung mit Hilfe von IoT und der SAP Cloud Platform digital und weiß so dank vorausschauender Analyse stets rechtzeitig, wann wie viele C-Teile wie Dreh-, Fräs- und Bohrköpfe bestellt werden müssen, um immer ausreichend viele zur Verfügung zu haben. Auch dieses Projekt läuft bereits seit vor der Einführung von SAP Leonardo.

 

Welche Rolle spielen diese beiden Bausteine für unternehmensübergreifende digitalisierte Wertschöpfungsketten?

Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist eine ganzheitliche digitale Gesamtstrategie notwendig. Das bedeutet, dass Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette betrachten müssen. Zudem wird es immer wichtiger, konkurrenzfähige digitale Dienste in einem starken Geschäftsnetzwerk anbieten zu können. Eine unternehmens- und vor allem auch branchenübergreifende Zusammenarbeit und Digitalisierung der Wertschöpfungsketten ist daher unerlässlich.

Sichere Möglichkeiten zur Vernetzung sind essentiell für solche branchenübergreifenden, kooperativen Geschäftsmodelle. Auf cloudbasierten Kollaborationsplattformen wie zum Beispiel SAP Distributed Manufacturing können Produkthersteller, Kunden und Dienstleister künftig ihre Bedarfe, fachlichen Kernkompetenzen und damit einhergehenden Services anbieten und in Geschäftstransaktionen zusammenführen – so entsteht ein neuer Marktplatz der Innovationen.

 

Es gibt aktuell sehr viele Innovationsthemen – welches begeistert Sie momentan persönlich am meisten?

Neben IoT und Blockchain ist Künstliche Intelligenz (KI) mit ihren Ausprägungen Machine und Deep Learning sicherlich eines der spannendsten Themen. Dadurch, dass wir Dinge dazu befähigen können, zu reagieren und sogar zu interagieren, entstehen neue Geschäftsmodelle und Prozesse.

Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und schon heute durchaus geschäftsentscheidend: Basierend auf KI verschickt zum Beispiel Netflix dank eines Algorithmus personalisierte Empfehlungen für 100 Millionen Abonnenten und vermeidet so angeblich Kündigungen im Gegenwert von einer Milliarde US-Dollar jährlich.

 

Mit einem Satz ausgedrückt: Was wird für Sie in den kommenden 12 Monaten das dominierende Thema in der SAP-Community?

Um die digitale Transformation zu meistern, müssen Unternehmen ein ‚Digital Mindset’ entwickeln, dass Digitalisierung als Teil der Unternehmens-DNA begreift und Innovationen jenseits althergebrachter Unternehmens- und Branchengrenzen fördert.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Helge Sanden, Chefredakteur des IT-Onlinemagazins.

 

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