
Thomas Pfiester (rechts) blickt auf eine bemerkenswerte Karriere bei SAP zurück. Schon 2003 lernte er das Unternehmen als Werksstudent kennen und ist heute Head of Global Customer Engagement & Services sowie Mitglied des erweiterten Vorstands. Seither hat er in verschiedensten Rollen Erfahrung gesammelt, etwa im Bereich Beratung und Kundenmanagement. Die Arbeit seiner Organisation fokussiert sich aktuell auf Programme wie RISE with SAP, um SAP-Kunden und Partner weltweit bei ihren digitalen Transformationsvorhaben zu unterstützen und die Anwendung des SAP-Portfolios zu beschleunigen.
Mit Michael Fuchs (Senior Analyst, IT-Onlinemagazin) spricht Thomas Pfiester über seine Anfänge bei SAP, prägende Rollen auf dem Karriereweg, was ihn für die Zukunft reizt – und warum der Wille zur Weiterentwicklung heute in der Berufswelt unabdingbar ist.
Vom Werksstudent ins Management
Michael Fuchs: Thomas, wenn man heute von der SAP spricht, kennt man sie natürlich als beliebten Arbeitgeber. Jetzt bist Du bald 20 Jahre bei SAP. Kannst Du dich noch an Deine Anfangszeit dort erinnern? Wie war das?
Thomas Pfiester: SAP war auch vor 20 Jahren schon ein beliebter Arbeitgeber. Ich war bereits als Werkstudent bei SAP tätig und habe mich nach meiner Diplomarbeit entschieden wieder einzusteigen. Meine erste aktive Rolle in der Beratung war im Bereich Data Warehouse und Business Warehouse, also Management-Informationssysteme. Ich war relativ schnell beim Kunden aktiv und habe dort ein Finanzreporting aufgebaut. Die direkte Kundennähe und das Feedback motivieren mich bis heute.
Michael Fuchs: Da hattest Du also sehr früh Kundenkontakt und bist direkt im Markt unterwegs gewesen. War das Dein Ziel, bei der Bewerbung bei SAP, direkten Kundenkontakt zu haben? Oder warum hast Du Dich damals für SAP entschieden?
Thomas Pfiester: Mich hat SAP damals aus vielerlei Hinsicht interessiert. Ich komme aus dem Wirtschaftsinformatik-Bereich, und SAP bot sich perfekt an: die Kombination aus IT und Betriebswirtschaft gibt mir die Möglichkeit diese Fokusthemen gleichermaßen zu verfolgen und aktiv für unsere Kunden weiter zu denken. Zudem hat mich vor allem fasziniert, wie SAP bei Großkunden komplexe Geschäftsprozesse implementiert und optimiert.
Außerdem hat mich SAP als Unternehmen an sich angesprochen. Die Management-Policy war von Anfang an, für jeden Mitarbeiter eine offene Tür zu haben, unabhängig von der Hierarchie – das hat mir gut gefallen und das lebe ich heute genauso. Vor 20 Jahren war das nicht in allen Unternehmen selbstverständlich: In vielen Unternehmen war das „Du“ noch nicht üblich, und man konnte nicht einfach bei einem Manager anklopfen. Das hat mich damals fasziniert und bis heute nachhaltig an SAP gebunden.
Prägende Rollen auf dem Karriereweg
Michael Fuchs: 20 Jahre sind eine lange Zeit, auf die man auch mal zurückblickt. Was waren die zwei oder drei prägendsten Rollen, die Dich zu dem gemacht haben, was Du heute bist?
Thomas Pfiester: Ich glaube, es ist wie bei vielen Führungskräften: die aktuelle Rolle steht zwar im Vordergrund, aber viel wichtiger war der Weg dorthin. Die erste Rolle als Berater, das erste Mal beim Kunde vor Ort – gerade in Deutschland mit vielen Großkunden – war sehr einprägsam und hat meine späteren Karriereentscheidungen beeinflusst. Direkte Gespräche mit Kunden sind das beste Feedback, um sich selbst, die Zusammenarbeit und unsere Lösungen zu verbessern.
Ein weiterer großer Schritt bei mir war der Wechsel ins internationale Geschäft. Ich habe mich aus einem deutschen Beratungsteam in ein globales Team für Enterprise Performance Management beworben und dann weltweit Kunden im Bereich Unternehmensplanung und Konsolidierung beraten. Das war sehr interessant, weil Unternehmen und Mitarbeiter in verschiedenen Ländern unterschiedlich arbeiten – es gibt zwar globale Accounting-Standards, aber gerade im Management-Reporting gibt es unzählige Unterschiede.
Eine weitere Station möchte ich noch nennen: 2011 habe ich als Account Manager einen der größten SAP-Kunden im Mittleren Osten übernommen und über mehrere Jahre geführt. Der Kunde durchlief eine größere Business-Transformation, wollte seine Umsätze diversifizieren und es war sehr lehrreich zu sehen, wie die IT-Architektur helfen kann, die gesetzten Ziele zu erreichen.
Das war die Rolle, auf der ich dann meine Managementkarriere bei SAP aufgebaut habe. Doch auch die vorherigen Positionen, in denen ich als individueller Mitarbeiter mehrere Kunden beraten oder einen einzelnen Kunden intensiv betreut habe, waren sehr prägend und zugleich herausfordernd.
Entwicklungsschritte: Teamplayer und Simplifizierer
Michael Fuchs: Die Erfahrungen im Markt bei den Kunden machen also den Unterschied. Was waren die größten Herausforderungen auf Deinem Weg? Und wie bist Du damit umgegangen – eher als Einzelkämpfer oder im Team?
Thomas Pfiester: Ein guter Punkt. Am Anfang der Karriere denkt man oft, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. Als Berater oder im Vertrieb arbeitet man viel allein, auch wenn man Teil eines Teams ist. Irgendwann muss man dann aber bemerken, dass man im Team deutlich größeren Mehrwert und mehr Ergebnisse erzeugen kann. Ein solches reflektives Arbeiten ist eine der Lektionen, die jeder lernen wird. Für mich war es einer der größten persönlichen Wendepunkte und Entwicklungsschritte.
Ein weiterer, für mich noch viel gravierender, Aspekt ist die Komplexität unseres Umfelds: SAP unterstützt zahlreiche Branchen, das macht ein tiefes Verständnis der dortigen Anforderungen und Prozesse nötig. Zudem bieten wir Lösungen und eine Architektur für Kernprozesse und zentrale Geschäftsanwendungen. Die Herausforderung besteht also darin, alles – Kernprozesse, IT-Architektur, Branchenlösungen – zusammenzubringen, und zwar in einem riesigen Ökosystem aus Kunden, Partnern und SAP. Einer der größten Erfolgsfaktoren in meiner Karriere war, den einfachsten Weg aus dieser Komplexität zu finden – sie in erreichbare Teilstücke zu zerlegen, die schnell zum Erfolg führen.
Weiterentwicklung: Standard in der Berufswelt
Michael Fuchs: Ich habe kürzlich einen Beitrag gelesen, der sinngemäß sagte, Karriere in nur einem Unternehmen sei unmöglich. Welche Tipps hast Du diesbezüglich für junge Talente – denn Du bist ja gewissermaßen der Gegenbeweis?
Thomas Pfiester: Also zunächst einmal: das Statement aus dem von Dir genannten Beitrag kann ich nicht unterschreiben. Aber ich kann es nachvollziehen, wenn man es aus der Sicht anderer Unternehmen betrachtet. Bei SAP ist es aber so, wie eben schon geschildert: die Politik der offenen Tür, die Möglichkeiten, sich intern weiterzuentwickeln – das zeichnet SAP aus. Wir sind gewissermaßen viele Unternehmen in einem, und der Karriereweg bei SAP verläuft selten linear. Man entwickelt sich über verschiedene Bereiche hinweg, und das trägt zur persönlichen Entwicklung bei. Dafür gibt es zahllose Beispiele: Unser CEO Christian Klein ist bei SAP gewachsen, ebenso der Vorstand Thomas Saueressig sowie viele Mitglieder des globalen Leadership-Teams.
Was dabei entscheidend ist: Man muss bereit sein, sich immer wieder neu zu entwickeln. Karrierechancen entstehen nicht automatisch. Auch ich habe immer wieder aktiv neue Herausforderungen gesucht, die Möglichkeit zum Wechsel erhalten und diese angenommen. Dafür braucht man ein „Growth Mindset“ – also die Bereitschaft, die Komfortzone zu verlassen, mehr erreichen zu wollen und sich immer wieder Neues anzueignen – auch in einer fortgeschrittenen Karriere.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einen anderen Aspekt herausstellen: Transformation ist heute nicht mehr ein linearer Prozess mit festem Start- und Endpunkt – sondern eine Evolution. Das gilt für viele Bereiche. Geschäftsmodelle entwickeln sich in allen Branchen kontinuierlich weiter, angetrieben von Technologie und anderen Faktoren. Gleichzeitig muss sich auch die Organisationen weiterentwickeln – und damit auch stetig die Kollegen oder Kolleginnen, die vielleicht schon zehn Jahre in einem Bereich arbeiten. Während es also für mich vielleicht noch die eigene Motivation war, alle paar Jahre etwas Neues lernen zu wollen, dann ist Weiterentwicklung heute de facto Standard in der Berufswelt.
Der Reiz dynamischer Transformationen
Michael Fuchs: Wenn Du das abschließend auf den Punkt bringen müsstest: Was reizt Dich heute noch daran, bei SAP zu sein?
Thomas Pfiester: SAP und unsere Lösungen sind Enabler für Business-Transformation. Ich sage meinen Kunden: „Ich bin hier, um euch mit unserer Software und Beratung erfolgreich zu machen.“ Die Welt verändert sich heute viel schneller als vor 20 Jahren, und agile Software ist entscheidend. Wenn Software nicht agil ist, können Unternehmen nicht schnell genug transformieren und riskieren ihr Geschäftsmodell. Diese Dynamik und die Chance, SAP selbst weiterzuentwickeln – das wird mich auch weiter viele Jahre motivieren und ich freue mich, dass ich in meiner Position dazu auch aktiv beitragen kann.
Michael Fuchs: Thomas, dann danke ich Dir herzlich für dieses erste Gespräch und die Einblicke, die Du uns in Deinen Karriereweg gewährt hast, das war sehr spannend. Ich wünsche Dir viel Erfolg für die nächsten Jahre …