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Recruiting im SAP-Umfeld: „Unternehmen müssen sich bei den Kandidaten bewerben“

Trotz der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Situation ist die Nachfrage nach SAP-Experten bei Beratungs- und Anwenderunternehmen groß. Im Interview mit dem IT-Onlinemagazin skizziert Sarah Niesel, Geschäftsführerin des Karrierenetzwerks Ankerkopf, welche Besonderheiten das Recruiting im SAP-Ökosystem mit sich bringt, auf was SAP Consultants dabei Wert legen und wo Talentpools zu finden sind, um die Nachfrage zu decken.

 

Verschiedene Lebensrealitäten strategisch aufgreifen

 

Frau Niesel, warum ist es wichtig, speziell im SAP-Umfeld über die Recruiting-Strategie genau nachzudenken?

Sarah Niesel: Die Nachfrage für SAP-Expertinnen und Experten in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Im Rahmen meiner Recherchen habe ich das Suchvolumen der klassischen SAP-Jobprofile verglichen – und herausgefunden, dass SAP-Berater aktuell rund drei Mal so gefragt sind wie noch 2020. Der gleiche Anstieg ist bei SAP-Projektleitungen zu verzeichnen. SAP-Basis- und Entwickler-Rollen sind hingegen auf einem konstanten Niveau. Diese Zahlen belegen einmal mehr, dass SAP-Experten keine Bittsteller sind, sondern als Arbeitnehmer eine große Auswahlmöglichkeit haben, wo und wie sie ihre nächsten Berufsjahre gestalten möchten. Statt Worthülsen wie „War for Talent“ braucht es daher differenzierte Strategien, die auf unterschiedliche Lebensrealitäten und Zielgruppen präzise eingehen. Recruiting, Retention und Returnship sind kein HR-Luxus, sondern überlebenswichtig im SAP-Kosmos.

 

Umfrage

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Wie sieht dementsprechend ein erfolgversprechender Recruiting-Prozess für SAP-Experten oder SAP-Einsteiger aus, was erwarten diese bereits im Recruiting-Prozess?

Sarah Niesel: Unternehmen, die SAP-Professionals rekrutieren wollen, sollten die Bewerber ins Zentrum stellen und wie ihre Kunden behandeln. Dieses Vorgehen gibt es bereits im E-Commerce – und mit den gleichen Regeln und Erfahrungswerten wie im B2C-Umfeld rechnen auch die Bewerber im Recruiting-Prozess. Damit meine ich, dass sie Schnelligkeit erwarten, dass sich Unternehmen mit ihrem Angebot mobiloptimiert vorstellen und sich der Recruiting-Prozess insgesamt nicht wie ein behördlicher Akt anfühlen sollte. Die Unternehmen bewerben sich bei den Kandidaten – nicht umgekehrt. Wenn wir mit versierten SAP-Beratern sprechen, die Erfahrungen in einem der Kernmodule und / oder mit SAP S/4HANA haben, dann kann sich dieser Personenkreis im Grunde aussuchen, was seine nächste Station ist. Aber auch SAP-Einsteiger erwarten transparente Kommunikation und klare Auskunft über den Bewerbungsprozess – dafür kann beispielsweise schon eine FAQ-Liste auf der Karriereseite der Unternehmen hilfreich sein.

 

Spezifische Ansprache erhöht Bewerbungsquote 

 

Worauf legen wechselwillige SAP Consultants oder Einsteiger bei einem Jobangebot inhaltlich besonders wert?

Sarah Niesel: Für SAP-Einsteiger zählt vor allem ein klarer Fahrplan: Wie gelingt die Einarbeitung, welche Entwicklungsperspektiven gibt es, und was ist konkret der Weg zum Senior? Wer diese Fragen beantwortet – idealerweise mit echten Stimmen in Testimonial-Videos auf der Karriereseite –, erhöht die Chance auf passende Bewerbungen erheblich.

Für viele männliche SAP-Professionals steht das Gehalt ganz oben – nicht aus Gier, sondern als Leitplanke: Zahlt der neue Arbeitgeber mindestens genauso gut wie der alte? Zugleich rückt das Thema Vereinbarkeit in den Fokus. Laut unserer Väter-Studie („YellowPaper“) sagen zwei Drittel der befragten Männer ganz klar: Wenn ein Arbeitgeber die Väterzeit nicht ernst nimmt, ist das ein Ausschlusskriterium.

Bei den weiblichen SAP-Fachkräften sehen wir andere Prioritäten: Sichtbarkeit, Mentoring, der Aufbau weiblicher Communities – und die Möglichkeit, Arbeit, Familie und Karriere wirklich zu verbinden. Unsere „PinkPaper“-Ergebnisse zeigen: Diese Aspekte entscheiden darüber, ob sich eine Frau für oder gegen ein Unternehmen entscheidet.

Und ja: Wer heute noch glaubt, Teilzeit, ein Fünf-Stunden-Tag oder eine Vier-Tage-Woche seien etwas für Leistungsverweigerer, beweist damit nur eins – dass er im SAP-Consulting der Zukunft noch nicht angekommen ist. Es geht nicht um weniger Leistung, sondern um mehr Produktivität. Und um Chancen, mehr Talente zu finden und neue Karrierepfade zu ermöglichen.

 

Für wen ist die Rolle SAP Consultant über den klassischen Werdegang hinaus noch interessant – oder anders gefragt: wo steckt noch Potenzial, um dem Fachkräftemangel im SAP-Umfeld aktuell zu begegnen?

Sarah Niesel: Der schnellere Weg ist nicht immer der deutschsprachige. Wer wirklich auf Tech- und Projekt-Kompetenz setzt, sollte sich fragen, was sich schneller lernen lässt: SAP oder Deutsch? Es gibt einerseits international noch viele Talente, die auch bereit sind nach Deutschland zu ziehen – sogar in die Mittelstädte oder ländliche Regionen. Wir persönlich haben im internationalen SAP-Recruiting sehr positive Erfahrung mit der Türkei und auch Indien gemacht. Hier müssen die Unternehmen abwägen, ob sie einen Deutsch sprechenden, aber unerfahrenen SAP-Einsteiger rasch ins Laufen bringen – oder ob sie schneller einem gestandenen SAP-Experten die deutsche Sprache und hiesige Unternehmenskultur vermitteln können. Das kommt sehr auf die Rolle an. Aber ich kenne tolle Beispiele, wie Organisationen letztlich durch Interkulturalität auch wachsen.

Ein weiterer sehr großer Talentpool besteht in den Quereinsteigern. Doch Quereinstieg ist nicht gleich Quereinstieg. Für SAP-Entwickler-Rollen könnten Menschen mit technisch anderen IT-Sprachen gewonnen werden, die Lust auf eine Veränderung haben. Der größte Talentpool an SAP-Quereinsteigern liegt jedoch auf Seiten der SAP-Anwenderunternehmen selbst. Hier gilt es auch mit dem Retention-Blick auf den Employee Lifecycle zu schauen. Denn ein Wechsel innerhalb eines Unternehmens kann ebenfalls eine spannende Karriereoption sein, also vom Fachbereich in die IT-Abteilung. Für diesen Personenkreis, etwa Prozessexperten oder Key User, kann allerdings auch ein Wechsel in die externe SAP-Beratung attraktiv sein.

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„Klassische“ SAP-Expertise ist aktuell sehr gefragt

 

Können Sie eine Einschätzung für die Zukunft geben – wie sieht der SAP-Arbeitsmarkt morgen aus? Lassen sich hier schon Trends erkennen?

Sarah Niesel: Grundsätzlich nehme ich eine Generation von SAP-Beratern wahr, die versucht auf Augenhöhe in ein Sparring mit ihren Kunden und dem Fachbereich zu gehen. Dafür braucht es höchst kommunikative und soziale Skills, um im Zusammenspiel ein sinnvolles Vorgehen zu erarbeiten und so beispielsweise langjährige und eingefahrene Prozesse in eine zeitgemäße technische Lösung zu überführen. SAP-Beratung wird zur Dialogdisziplin.

Aktuell erleben wir als SAP-Recruiting-Agentur seitens der Unternehmen eine sehr große Nachfrage in den klassischen Themen, Modulen und Rollen. SAP IBP und SAP EWM sind bei uns aktuell sehr begehrt, aber auch Expertise in FI-CO. Zunehmend kommen auch Bedarfe nach Profilen rund um SAP BTP sowie LeanIX und Signavio hinzu, noch eher selten zu Private & Public Cloud.

Ich nehme persönlich auch an, dass nach der großen S/4HANA-Migrationswelle und den klassischen Core- und Projektleiter-Rollen zunehmend Bedarfe in anderen Bereichen entstehen werden, etwa in puncto SAP Sustainability. Enterprise-Architekten, KI-Consultants oder Dev-Ops-Engineers dürften in Zukunft ebenfalls auf der Wunschliste vieler Unternehmen stehen. Aber auch weniger technische Profile wie der SAP-Change- oder Education-Manager werden eine Rolle spielen, um die Transformation von Unternehmen nachhaltig zu begleiten.

Über unsere Interviewpartnerin:

Sarah Niesel Ankerkopf
Sarah Niesel, Foto: Ankerkopf

Sarah Niesel ist Gründerin der SAP Recruiting-Agentur Ankerkopf GmbH und Podcast Host der SAP Sommeliers. Unternehmen unterstützt sie dabei, passende Talente nachhaltig zu gewinnen, mit einem Fokus auf female Recruiting. Als Karrierecoachin begleitet sie SAP-Fach- und Führungskräfte auf ihrer Laufbahn in der SAP-Welt. Aktuell schreibt sie ihre erste SAP-Press-Publikation zum Thema SAP-Recruiting. Ihr Fokus liegt darauf, Unternehmen für die veränderten Anforderungen im Recruiting zu sensibilisieren und Wege für eine nachhaltige Talentgewinnung und -bindung aufzuzeigen.

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