Welchen Wertbeitrag kann SAP Business AI für Finanzabteilungen leisten? Finance-Verantwortliche wollen einerseits Effizienzsteigerungen erreichen, Kosten senken und die wachsende Zahl regulatorischer Vorgaben erfüllen. Andererseits werden sie zunehmend als strategische Partner der Unternehmensführung gesehen, wenn sie präzisere Prognosen liefern, Szenarien entwickeln und Risiken frühzeitig sichtbar machen.
In dieser Gemengelage kann Künstliche Intelligenz (AI) zu einem entscheidenden Faktor werden. Während einfache Automatisierung seit Jahren etabliert ist, eröffnet „echte“ AI völlig neue Möglichkeiten – und zwingt CFOs wie CIOs, ihre Rolle neu zu definieren. Die Hoffnungen liegen auf SAP, denn dort laufen alle relevanten Daten zusammen.
Die KI-Lösungen mit dem größten Nutzen für Finanzprozesse sind jene, die auf optimierten und sauberen Prozessen aufbauen, Datenqualität und Skalierbarkeit sicherstellen, schnell vom Pilotprojekt in den industriellen Betrieb übergehen können und menschliches Urteilsvermögen gezielt verstärken.
Welche KI-Lösungen aus dem SAP-Portfolio bringen Mehrwerte, was ist noch Vision?
Automatisierung vs. „echte“ AI
Seit vielen Jahren haben Unternehmen die Automatisierung wiederkehrender Prozesse immer weiter optimiert und diese Effizienzpotenziale längst erledigt: Rechnungsprüfungen, wiederkehrende Buchungsvorgänge oder Zahlungsabgleiche laufen vielfach regelbasiert und effizient im Hintergrund. Doch diese Prozesse bleiben deterministisch: Sie folgen festen Regeln und liefern immer das gleiche Ergebnis, unabhängig vom Kontext.
AI hingegen eröffnet einen qualitativen Sprung. Sie erkennt Muster in Massendaten, lernt aus Abweichungen und kann Prognosen entwickeln. Während ein RPA-Skript starr sagt „Wenn A, dann B“, analysiert ein Machine-Learning-Modell Millionen Datenpunkte, entdeckt verborgene Zusammenhänge und kann selbständig Lösungen vorschlagen. Die Nutzung dieser neuen Potenziale kann für die Zukunft des Finanzbereichs entscheidend sein: Wer es schafft, über die reine Automatisierung hinaus zu gehen, kann aus der Datennutzung neue Erkenntnisse und Wettbewerbsvorteile ziehen.
Barrieren auf dem Weg zur KI-Nutzung
Die Chancen sind gewaltig, aber auch die Hürden kommen schnell zutage. Datenqualität und Silos gehören zu den größten Herausforderungen: Ohne harmonisierte und saubere Datenbasis sind AI-Modelle wenig wert. Ebenso gravierend sind oft das (noch) fehlende Verständnis und Wissen: Finance-Teams benötigen Kompetenzen im Umgang mit Daten und AI – und müssen Vertrauen in neue Technologien entwickeln.
Hinzu kommen regulatorische Fragen, insbesondere mit Blick auf den EU AI Act, der Transparenz und Nachvollziehbarkeit verlangt. Und nicht zuletzt stellt sich die alles entscheidende ROI-Frage: AI erfordert Investitionen, deren messbarer Nutzen nachweisbar sein muss. Das funktioniert in der Regel nur, wenn man die breitflächige Nutzung schafft.
Status Quo: Wo stehen Finanzorganisationen bei KI?
Eine KPMG-Studie aus dem Jahr 2024 zeigt: Bereits 71 Prozent der Unternehmen setzen AI in der Finanzfunktion ein, viele davon in Accounting und Financial Planning. Allerdings liegt die Intensität weit auseinander: Während führende Unternehmen („AI-Leaders“) in fast allen Bereichen experimentieren, beschränken sich andere auf einzelne Pilotprojekte. Auffällig ist, dass gerade dort, wo Unternehmen breit investieren, der Return on Investment übertroffen wird.

“Innovation durch KI realisieren, klappt nicht durch den Einsatz des coolsten, neuen Tools, sondern durch eine veränderte Denkweise im Unternehmen. Jeder KI-Case braucht einen Business-Owner mit P&L-Verantwortung”, meint SAP-Community Insider Helge Sanden.
Oft sind KI-Vorhaben noch smarte, aber hocheffiziente Insellösungen. Beispielweise hat ein SAP-Kunde einen Chatbot mit dem hauseigenen Finanzreglement des Konzerns trainiert, rund 50 Dokumente á zirka 100 Seiten. Die Finanzorganisation kann nun per Chat erfahren, welche Regelungen anzuwenden sind, welche Bedingungen gelten oder welche Kontierung angewendet werden soll. Ferner sollen zukünftig auch Lieferanten mit dem Chatbot ihre Fragen klären können.
SAP Business AI für Finance
Auch für SAP-Kunden ist AI für Finanzprozesse längst kein Zukunftsthema mehr. Eingebettete AI-Funktionen in S/4HANA unterstützen etwa beim intelligenten Zahlungsabgleich oder bei der Erkennung von Anomalien in Rechnungsprozessen. Mit SAP-Joule entsteht ein digitaler Copilot, der Finanzteams in natürlicher Sprache Antworten liefert – ein Paradigmenwechsel in der täglichen Arbeit.
Hinzu kommt die SAP Analytics Cloud, die mit Predictive Planning und Simulationen neue Möglichkeiten bei Vorhersagen eröffnet. Und schließlich soll die Business Data Cloud (BDC) zukünftig die Datenbasis für umfassende Analysen und KI-getriebene Steuerung liefern. Derzeit ist sind die verfügbaren BDC-Angebote allerdings noch überschaubar: Die einzige “Intelligent Application” für Finance mit der BDC ist “Working Capital Insights” – sie ist speziell darauf ausgelegt, Working Capital Kennzahlen transparent, in Echtzeit und in konsolidierter Form darzustellen. Hier dürften bald weitere Apps folgen.

„Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz hat sich vom Hype ohne Substanz zum fest eingeplanten Business-Thema für Unternehmen entwickelt“, beobachtet Maike Rose, Chefredakteurin und Geschäftsführerin beim IT-Onlinemagazin.
Schauen wir uns bis dahin die eingebetteten Funktionen und Use-Cases einmal genauer an:
Praxisnahe Einsatzfelder
AI in Finance bedeutet längst nicht nur ein schnelleres Monatsende und einen Abschluss in Echtzeit. Bereits heute sehen wir vielfältige Use Cases: Im Accounting können Systeme Abweichungen automatisch identifizieren und melden – nicht nur auf Basis starrer Regeln, sondern durch Erkennen ungewöhnlicher Muster. Im Treasury Management wird AI genutzt, um Cashflows präziser vorherzusagen, Liquiditätsschwankungen früh zu erkennen und Handlungsspielräume zu erweitern. Auch im Bereich Risk & Compliance gewinnt AI an Bedeutung: Ob bei der Betrugserkennung, beim Screening regulatorischer Änderungen oder in der laufenden Überwachung interner Kontrollen – die Systeme lernen kontinuierlich dazu.
Besonders spannend ist der Blick auf Planung und Vorhersagen. CFOs berichten, dass Simulationen und Szenarien mit AI wesentlich flexibler werden. Es werden laufend neue Szenarien berechnet, statt nur einmal pro Quartal eine Prognose zu erstellen: Was passiert, wenn Rohstoffpreise steigen, die Nachfrage sinkt, Zölle sich verändern oder regulatorische Anforderungen verschärft werden? AI wird hier zum Navigator für strategische Entscheidungen. Erwartet werden „out-of-the-box“ nutzbare KI-Funktionen, die Assistenz, Unterstützung oder Leitlinien liefern.
Zukünftige SAP-Pläne: RPT-1
SAP verfolgt eine eindeutige Strategie und geht “All-in” bei KI: Generative AI wird zum festen Bestandteil aller SAP-Lösungen und damit auch der Finanzprozesse. Narrative Reports, Simulationen mit Szenarien und eigenständig agierende „Finance Agents“ stehen auf der Roadmap. Denkbar ist beispielsweise ein „Cash Agent“, der Liquiditätsentwicklungen antizipiert und automatisch Handlungsempfehlungen generiert.
Auf der SAP TechEd im November 2025 wurde eine richtungsweisende Neuentwicklung angekündigt: Ein von SAP entwickeltes KI-Modell RPT-1, das nicht wie klassische LLMs nur Texte generiert, sondern speziell dafür gebaut ist, relationale Unternehmensdaten zu verstehen und geschäftliche Ergebnisse vorherzusagen: SAP RPT-1 steht für „Relational Pre-Trained Transformer“, versteht strukturierte Daten und soll im Finanzbereich beispielsweise Zahlungsausfälle, Zahlungsverhalten, Liquiditätsrisiken oder Working Capital Veränderungen vorhersagen können. Alexander Finger (CTO bei der SAP Schweiz) erläuterte im Gespräch mit Helge Sanden auf der SAP NOW AI Tour 2025 in Zürich, an welcher Stelle Finanzorganisationen am meisten von der SAP KI profitieren können:

„SAP Business AI ermöglicht CFOs und ihren Teams, große Datenmengen schneller zu analysieren, zu verstehen und damit Reports und Prognosen zu generieren, deren Erstellung ohne KI sehr aufwändig oder nicht machbar wäre.
SAP RPT-1 wird nahezu jeden Finanzprozess sofort verbessern können, ohne dass SAP-Kunden ihn erst mit eigenen Daten trainieren müssen. Das wird sich im Bereich Operations in Form von embedded AI und echten AI-Agents zeigen, die nicht nur schnelleres und genaueres Arbeiten ermöglichen, sondern dabei helfen, pro-aktiv Risiken zu minimieren.“
KI ohne SAP S/4HANA Cloud ERP?
Die SAP Business AI Angebote setzen Cloud-Infrastrukturen und S/4HANA voraus: Nur wer die Weichen in Richtung SAP Cloud ERP gestellt hat, wird die neuen AI-Services direkt nutzen können. Nicht alle SAP-Kunden sind so weit, wollen aber trotzdem von KI-Innovationen profitieren. Mit ABAP in der Cloud (Steampunk) bietet SAP eine Brücke, über die auch ECC-Kunden KI-Funktionen erschließen können, ohne den Core zu modifizieren.
Ferner gibt es zahlreiche KI-Drittlösungen, die sich heute über die Business Technology Platform oder den SAP Generative AI Hub in alle SAP-Lösungen integrieren lassen und möglicherweise geringere Investitionskosten, Betriebskosten und technische Voraussetzungen haben. Die Technologieentscheidung ist Teil jeder ROI-Betrachtung.
Sechs Empfehlungen für die KI-Nutzung
Aus erfolgreich umgesetzten KI-Vorhaben kann man einige Leitplanken ableiten:
- AI als strategischen Bestandteil der Finanztransformation begreifen – nicht als Zusatztool, sondern als Kernkompetenz.
- Den Kulturwandel aktiv gestalten, um Akzeptanz und Vertrauen zu schaffen.
- Eine saubere Datenstrategie aufbauen, idealerweise in der Cloud, um die Basis für AI-Anwendungen zu schaffen
- Mit abgegrenzten Pilotprojekten beginnen, deren ROI messbar ist, und diese dann konsequent skalieren. Vor Projektstart spätere Skalierbarkeit prüfen!
- Alle beteiligten Mitarbeitenden befähigen – durch Trainings, neue Rollen und eine Kultur, die Innovation fördert.
- Governance und Compliance ernst nehmen, eigene AI-Richtlinien entwickeln und externe Auditoren einbinden.
Es stellt sich immer wieder die Frage, wie man solche Projekte angeht. Dafür hat SAP ein Netzwerk von Forschungs- und Entwicklungszentren aufgebaut, das sogenannte SAP Labs Network, die in über 20 Ländern arbeiten. Dort gibt es spezialisierte Einheiten für KI, mit deren Unterstützung Unternehmen ihre KI-Roadmap definieren oder KI-Tools näher kennenlernen können. Ferner bietet es sich an, mit SAP-Partnern Kontakt aufzunehmen.
Fazit: CxO als Architekten der KI-Transformation
Die Finanzfunktion wird durch KI schneller und radikaler verändert, als viele Unternehmen sich anpassen können. Wer jetzt handelt, hat die Chance auf einen Vorsprung, denn KI ist eine Investition in erhöhte Produktivität. CFOs und CIOs sind dabei nicht nur Optimierer von Prozessen, sondern Gestalter der Unternehmenszukunft.
KI ist viel mehr als Automatisierung – SAP Business AI kann die Spielregeln verändern und Finance vom Kostenblock zum strategischen Navigator machen, wenn SAP wie geplant liefert und sich die Investitionen auch betriebswirtschaftlich rechnen.
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