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SAP-Community Executive Summary | Ausgabe 5 | November 2020

„Was spricht für den Einsatz von SAP S/4HANA?“ Wichtige Branchenvertreter von SAP-Anwenderunternehmen, SAP und SAP-Partnern sagen bei uns ihre Meinung und liefern Diskussionsstoff und Impulse. Im IT-Onlinemagazin „SAP-Community Executive Summary“ (hier abonnieren) fassen wir einmal im Monat kompakt Ereignisse, Aufreger und Trends der SAP-Community zusammen.

 

Was tut sich bei SAP?

Beim virtuellen DSAG-Jahreskongress spürte man eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen SAP und der Kundenvertretung DSAG. Die angekündigte Integration der heterogenen SAP-Lösungen wird wie geplant fortgesetzt, was die DSAG begrüßt.

SAP kündigte zudem an, S/4HANA modularer nutzbar zu machen, um den schrittweisen Umstieg zu erleichtern und mit einzelnen Prozessen starten zu können. Gut für die technisch interessierte SAP-Community: Die diesjährige SAP TechEd findet im Dezember online und kostenlos statt!

 

Was tut sich bei SAP-Kunden?

Laut DSAG-Umfrage werden bei 43 Prozent der Unternehmen die S/4HANA-Projekte Corona-bedingt verschoben oder zurückgestellt. 50 Prozent der S/4HANA-Projekte werden konsequent weiterverfolgt oder beschleunigt. Die IT-Investitionen für 2021 dürften aufgrund von Umsatzrückgängen eher reduziert als erhöht werden:

 

Was tut sich bei SAP-Partnern?

Laut DSAG-Umfrage gehen die Umsätze bei 74 Prozent der Anwenderunternehmen durch die Corona-Krise zurück, und nur bei 7 Prozent steigen sie. Daher erwarten 22 Prozent der Unternehmen einen Rückgang der IT-Investitionsbudgets 2021 um mehr als 20 Prozent.

SAP-Partner werden sich darauf einstellen müssen, dass es im nächsten Jahr in einigen Bereichen weniger zu tun gibt und ihr Portfolio schärfen (müssen). In der Corona-Krise sehen 72 Prozent der SAP-Kunden den primären Handlungsbedarf bei der Effizienzsteigerung ihrer bestehenden Prozesse. Wer hier smarte, kurzfristig implementierbare Lösungen mit schnellem Nutzen anbietet, dürfte zu den Gewinnern gehören.

 

Aufreger des Monats?

Der Kursverlust der SAP-Aktie um mehr als 30 Prozent (gegenüber dem Allzeithoch vor einigen Wochen) erhitzte und erhitzt weiter die Gemüter. Die Ehrlichkeit und Offenheit des SAP-Managements werden gelobt, der Markt straft SAP jedoch ab, weil offenbar kurzfristige Gewinne leichter mit anderen Aktieninvestments gemacht werden können.

S/4HANA-Projekte werden – wie oben gesehen — verschoben oder gestreckt und das IT-Investitionsklima kühlt sich 2021 ab. Dadurch erhöht sich für SAP das Risiko, die alte und die neue Produktlinie länger als geplant pflegen zu müssen. Analysten bleiben mittel- bis langfristig positiv gestimmt und empfehlen aktuell mehrheitlich die SAP-Aktie zum Kauf. Hasso Plattner hat nach dem Kursverfall bereits SAP-Aktien im Wert von fast 300 Millionen Euro gekauft.

 

Langfristige Entwicklung von Unternehmen in der SAP-Community

Wir wollen langfristig die Entwicklung börsennotierter Unternehmen verfolgen, die ihr Geschäft vorrangig mit SAP bestreiten. Deshalb haben wir am 01. Juni 2020 – rein virtuell – je 100 Euro in folgende Aktien investiert und verfolgen langfristig deren weitere Entwicklung. Das wäre bis jetzt aus den 100 Euro geworden:

ALL FOR ONE STEEB AG 115,59 Euro
KPS AG 72,74 Euro
Q.BEYOND AG ( ehemals QSC) 93,85 Euro
REALTECH AG 94,44 Euro
SAP SE 79,54 Euro
SNP Schneider-Neureither & Partner SE 105,92 Euro

(Stand: Sonntag 01.11.2020)

Dieser Beitrag stellt keinerlei Empfehlung zum Kauf oder Verkauf dieser Aktien dar. Für die Richtigkeit der Daten wird keine Haftung übernommen. Fehlt eine wichtige Aktie? Bitte senden Sie uns eine Nachricht.

 

Was spricht für den S/4HANA-Einsatz?

SAP S/4HANA ist seit 2015 auf dem Markt, die allermeisten SAP-Kunden wollen es zukünftig einsetzen. Rund 10 Prozent der SAP-Kunden nutzt es bereits produktiv, die meisten Unternehmen bereiten aktuell die Umstellung (mit unterschiedlicher Geschwindigkeit) vor, eher wenige warten noch. Bis zum Wartungsende 2027 (oder spätestens 2030) sollte die S/4HANA-Migration erfolgt sein. SAP-Anwenderunternehmen fragen sich, wo der Business Case liegt, welche Vorteile man hat, und was für den Einsatz spricht?

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Holger Wüsthoff (Global Head of IT | Lohmann):

Portrait_HWDie Entscheidung für ein SAP S/4 HANA-System ist wahrscheinlich sehr individuell zu betrachten und im Hinblick auf die Investitionskosten sicher nicht leicht. Daher möchte ich im Folgenden kurz beleuchten, wie wir im Hause Lohmann vorgegangen sind — und erste Praxiserfahrungen als Entscheidungshilfe teilen.

Mit über 20 Standorten weltweit, die größtenteils aus Akquisitionen hervorgegangen sind, hatten wir 15 verschiedene ERP-Systeme zu betreiben, die funktionale Lücken auswiesen und größtenteils überaltert waren. Ziel ist es, eine unternehmensweit möglichst einheitliche Lösung einzuführen, die sowohl den funktionalen als auch den regionalen, bzw. legalen Scope abdeckt. In diesem Setup fallen naturgemäß viele „kleinere“ ERP Systeme bereits durch. Im Finale hatte SAP gegenüber der Infor Suite für uns deutliche Vorteile. Insbesondere der hybride Betrieb von kleineren Landesgesellschaften in der Public Cloud ist ein großer Vorteil, weil die Wartung von legalen Diensten durch SAP sichergestellt wird.

Im Rahmen der laufenden Einführung fällt positiv auf, dass die neue Architektur sehr konsequent auf Real-Time Prozesse in Kombination mit dem Cloud-Ecosystem (Kunden, Lieferanten, funktionale Services) ausgelegt ist. Somit sind der zunehmenden digitalen Kollaboration keine Grenzen gesetzt. Das fachbereichsübergreifende Monitoring der Geschäftsprozesse muss sicher noch verbessert werden, zeigt aber deutlich, wie der Ansatz des ausnahmenbasierenden Arbeitens ausgelegt ist. Die FIORI-Umgebung als interaktives Userinterface ist ebenfalls sehr nützlich. Im Ergebnis findet man eine saubere Lösung von Ende-zu-Ende Prozessen für den digitalen Geschäftsbetrieb.

Wo Licht ist, gibt es auch Schatten: Das vergleichsweise junge System wird an vielen Stellen noch um notwendige Funktionen ergänzt, wodurch jährliche Releasewechsel notwendig werden können. Die Entwicklungsumgebung ist deutlich komplexer geworden und wird von der Architektur her ebenfalls häufig umgestellt, was eine große Herausforderung für den Enterprise Architekten werden kann. Die FIORI-Oberfläche ist nützlich, aber auch mit hohem Einführungsaufwand verbunden.

Rückblickend war die Entscheidung für S/4HANA richtig. Die Zukunftsfähigkeit, insbesondere im Hinblick auf die beschleunigte Digitalisierung ist sehr gut abgebildet. Der Weg zu dieser neuen Form des oftmals analytischen Arbeitens ist jedoch nicht zu unterschätzen. Am Ende des Tages entscheidet also auch die organisatorische Transformation maßgeblich über den erreichbaren Nutzen.

Bert O. Schulze (S/4HANA Product Success & Co-Innovation | Vice President| SAP SE):

Bert Schulze SAPDas Design von SAP S/4HANA war von Anfang an darauf ausgerichtet, unseren Kunden bei den zentralen Unternehmensprozessen den Sprung in die digital transformierte Wirtschaft zu ermöglichen. Wenn aus Produkten Services werden, steigt das Volumen der abzuwickelnden Businessobjekte dramatisch an. Rechnungen und logistische Bewegungen werden kleinteiliger, das heißt aus einer definierten Anzahl Rechnungen mit bekannten Beträgen werden signifikant mehr Rechnungen mit deutlichen geringeren Durchschnittsbeträgen. Trotzdem müssen Grundprozesse (Rechnungsverfolgung, Mahnwesen) genauso wie Planung und Produktion ausführbar und integer bleiben.

Genau dafür wurde SAP S/4HANA entwickelt: Um AI-Technologien, insbesondere Automatisierung nutzen zu können. Im Kern geht es darum, auf das Unvorhergesehene schneller und zielgerichteter reagieren zu können, die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens gegen äußere Einflüsse zu erhöhen.

Unternehmen, die den Business Case entlang der Digitalisierung ihres Unternehmens und zur Schaffung einer Grundlage für ihre Zukunft erstellen, erreichen einen deutlich schnelleren ROI als Unternehmen, die einen Sprung zu SAP S/4HANA als technisches Upgrade betrachten. Ein starker Business Case inkludiert IT-Vereinfachungen, quantifizierbare Ergebnisse sowie Hebel wie Agilität und Wettbewerbsfähigkeit. Mit dem “Business Value Advisor“ haben wir die Erfahrungen von über 1.000 Kunden systematisiert und stellen sie allen Kunden zur Verfügung.

Joachim Hackmann (Vice President | PAC):

Was spricht für den Einsatz von S/4HANA? Die zwangsläufige Antwort liegt auf der Hand: Das bevorstehende Ende der Standardwartung Ende 2027, beziehungsweise 2030 für die erweiterte Wartung. Diesen, quasi vom SAP-Zeitplan initiierten, technischen Umstieg auf eine neue Plattform – nichts anderes ist S/4HANA zunächst einmal – nimmt das Gros der Unternehmen jedoch zum Anlass, weitere, grundlegende Veränderungen herbeizuführen. Aus der Analyse unserer Gespräche mit SAP-Kunden lassen sich insgesamt vier wesentliche Beweggründe erkennen, die eine tiefgründigere Antwort auf die Eingangsfrage bieten:

Die Neugestaltung der Prozesse: Egal ob ein Greenfield- oder Brownfield-Ansatz (oder ein Mix aus beiden) für das Migrationsprojekt gewählt wird, fast immer nehmen SAP-Kunden es zum Anlass, interne und in SAP-Umgebungen abgebildete Geschäftsprozesse zu rationalisieren, neu zu gestalten und zu harmonisieren.

ERP-Konsolidierung: Eine S/4HANA-Migrationen bietet die Gelegenheit, den Wildwuchs der vergangenen Jahre in der SAP-Applikationslandschaft zu bereinigen.

Cloudifizierung: Die deutliche Mehrheit der von uns befragten Unternehmen wird S/4HANA in einer Cloud-Umgebung betreiben – selten als reine SaaS-Implementierung, bevorzugt wird eindeutig eine on-premise-Installation auf einer Hyperscaler-Infrastruktur.

Innovationen: Die vorgenannte Modernisierung der IT- und Applikationslandschaft legt die Basis für eine bessere, agilere Anbindung an innovative Services etwa in Bereichen IoT, Customer Experience und Künstlich Intelligenz. Auch die von SAP angekündigte Industry-Cloud-Initiativen könnten Innovationen in vertikalen Segmenten beschleunigen.

Karsten Günther (Head of SAP Competence Center, Scheer GmbH):

SAP S/4HANA ist weit mehr als nur ein Upgrade der bewährten, aber auch in die Jahre gekommenen SAP ECC Software. Auf Basis jahrzehntelanger Erfahrungen in Verbindung mit aktuellen Standards und Trends aus den verschiedenen Industrien, wurde eine vollkommen neue Unternehmenssoftware kreiert. Das neue System erhielt dabei Fähigkeiten, an die vor wenigen Jahren noch niemand im Zusammenhang mit SAP gedacht hat, zum Beispiel:

  • Was denkt der Markt über mein Unternehmen?
  • Wie werden die Inhalte sozialer Medien analysiert und für meine Marketingaktivitäten nutzbar gemacht?
  • Wie kann meine Logistik schnell und flexibel auf Kundenanforderungen reagieren?
  • Warum muss ich immer noch die Nachtläufe des Systems abwarten, um Ergebnisse mit Daten vom Vortag zu erhalten?
  • Wie kann ich jungen Arbeitnehmern eine attraktive Arbeitsumgebung bieten und sie von Routinearbeiten entlasten?

Eine Argumentation für SAP S/4HANA erfordert neben den funktionalen Vorteilen auch den soliden Business Case. Dabei kommt es darauf an, einzelne Aspekte fair zu berücksichtigen und vor allem kostenmäßig zu beziffern, wie:

  • Eliminierung von Schwachpunkten in den Prozessen, Reduzierung von Kosten in der IT durch reduziertes Datenvolumen sowie den Wegfall von Schnittstellen, die obsolet werden. Zudem wird es möglich, neue Geschäftspotenziale zu erschließen.
  • Spätestens durch das angekündigte Wartungsende erwarten Sie erhebliche Kostensteigerungen, sollte man bis in die erweiterte Wartung das alte System nutzen wollen.
  • Berücksichtigt man diese Aspekte, so sind im Bereich der Prozesskosten nach der Umstellung auf SAP S/4HANA Einsparungen von bis zu 15 Prozent nachweisbar möglich.

Man sollte sich sehr genau überlegen, an welchem Punkt die eigene Organisation steht und was sie erreichen will: Sind alle Prozesse bestens aufgestellt und muss lediglich eine technische Umstellung erfolgen, um in Zukunft die funktionalen Möglichkeiten der dann neuen technologischen Plattform zu nutzen? Oder stehen Sie an einem Punkt der Veränderung der Organisation, an dem es sinnvoll ist, auch bei den Prozessen alte Zöpfe abzuschneiden und Prozesse neu zu denken? Selbstverständlich sind auch Mixformen realisierbar.

SAP hat die Wartung für SAP ECC verlängert – man sollte den idealen Zeitpunkt für den Umstieg nur nicht verpassen.

Otto Schell (CEO / Founder | Institute für Global Digital Creativity and Relevance):

Von Beginn an wurden Begriffe wie „real-time Fähigkeit“ oder „neue Funktionalitäten für neue Geschäftsmodelle“ als S/4HANA-Vorteile in den Vordergrund gehoben.

Hinter den Kulissen sind Unternehmen in Teilbereichen, dort wo standardisierte Prozesse laufen, teilweise real-time fähig, im Gesamtbild aber nicht — und zwar aufgrund der Vielzahl der Legacy-Welten, die in den meisten Unternehmen auch einen Road-Block für eine Transformation darstellen werden. Neue Funktionalitäten führen zu neuen Prozessen, und wenn man S/4HANA richtig einsetzen will, auch zu organisatorischen Veränderungen. Ähnlich wie beim Wechsel vom manuellen zum Automatikgetriebe, muss man sich überlegen, was man mit dem linken Fuß macht? Stilllegen oder andere Bewegungen eingehen. Das überfordert, auch angesichts der Diskussion On-Premise vs. Cloud-Verfügbarkeit.

S/4HANA kann Sinn machen, wenn man seine gewachsenen SAP-Landschaften konsolidieren muss, um einen neuen Startpunkt für die Umstrukturierung seiner Unternehmensabläufe zu gewährleisten und damit den Grundstein für Transformationsprojekte legen will.

Nur heißt der Business Case dann nicht unbedingt Innovation, sondern Effizienz (horizontale Digitalisierung / Optimierung). Das kann Teil der Unternehmensstrategie sein, wenn Altlasten bestehen und ein Aufräumen immer noch weniger Investitionen nach sich zieht, als neu anzufangen. Innovationen fangen dann an, wenn man in Netzwerken agiert und damit andere Geschäftsmodelle (intern und extern) ermöglicht. Hier kann S/4HANA mit den real-time Möglichkeiten, hybriden Strukturen, Ansätzen von Cloud-Szenarien eine Rolle im Zusammenhang mit der Gesamt-Architektur spielen.

Das zieht aber mit sich, dass Unternehmen, welcher Art auch immer, holistisch, Silo-unabhängig agieren und auch mit Geschäftspartnern oder Behörden ganz anders zusammen agieren. Der Aufwand kann (am Beispiel von Deklarationen im Supply Chain) gegen Null geführt werden, wenn Technologien wie AI oder Blockchain eingebunden werden können und man sich in einem Wirtschaftsraum (vielleicht Europa) auf gemeinsame Standards einigen würde.

Viel hat sich zu früheren Releasewechseln nicht verändert, es ist immer eine technische, taktische oder strategische Frage. Was sich aber geändert hat, ist der Abstand zwischen taktisch und strategisch. Der existiert nicht mehr, da es letztendlich um die Unternehmensstrategie geht und damit um Voraussicht und Relevanz.

Dr. Michael Fuchs (CEO dr. Fuchs Senior Advisors/ dr. Fuchs Personalberatung):

Michael Fuchs

„Mit SAP kann man nichts falsch machen …“ – ja, so war das in den guten alten Zeiten der R/2- und R/3-Welt. Lange ist`s her. Die gängigen Argumente pro SAP S/4HANA, wie z.B. In-Memory-Technologie, Cloud-Enablement oder intuitive Useability, sind für Entscheider zu abstrakt, zu technisch, vor allem aber zu wenig kaufmännisch überzeugend. Nicht erst seit Corona rückt daher zurecht ein wirklicher Business-Case in den Mittelpunkt der Entscheidung und stellt langlaufende Projekte auf den Prüfstand. Zumindest spiegeln uns das unsere Kunden wider!

Zukunftsfähig sind Unternehmen dann, wenn sie integrierte Prozesse leben, flexibel auf sich ändernde Rahmenbedingungen (re-)agieren und Entscheidungen in Echtzeit treffen können. Hierzu muss die IT ihren Wertbeitrag leisten. Die Systeme müssen daher ad-hoc eindeutige Daten und Simulationen für Entscheidungen liefern. Sie müssen sicher, skalierbar und einfach im Betrieb sein und vor allem müssen sie fachlich integriert die Prozesse abbilden. Einheitliche Stammdaten und integrierte Prozesse sind die Schlüsselelemente für zukunftsfähige Unternehmen.

Ich bin kein Verfechter von Best-of-Breed-Lösungen, die Teil-Prozesse optimieren, aber enormen Aufwand für Integration und Support bedeuten. Mir ist aber auch bewusst, dass etablierte ERP-Systeme sehr komplex und dadurch innovationsträge sind. Darüber hinaus decken sie Branchen-Spezifika oft nur unzureichend ab. Zugegebenermaßen gibt es auch für beide Philosophien pro und contra. Daher ist die Realität auch nicht schwarz oder weiß, sondern hybrid.

Wenn man sich nun als Philosophie für eine zentrale ERP-Plattform als digitalen Kern entscheidet, dann hat SAP mit S/4HANA vieles richtig gemacht. Durch das „Principle of One“ entfallen Prozessvarianten. Durch Aufhebung der Trennung von OLTP und OLAP-Funktionen werden dank HANA komplexe Daten-Analysen im ERP in Echtzeit möglich. Seit Fiori sind Anwendungen quasi Device-neutral verfügbar. Zudem pusht SAP das zentrale Datenmodell und erfordert somit die für digitale Prozesse dringend notwendige Datenqualitätsoffensive und „Standard“-Denke!

In diesen Prinzipen liegt meiner Meinung nach der wahre Wert einer S/4HANA-Implementierung. Es sind nicht die einzelnen fachlichen Features, es ist der Fokus auf der einfacheren Architektur als robuste Eintritts-Plattform in die digitale Welt. Darauf können dann Prozesse automatisiert, Daten in Echtzeit angereichert, oder KI für Entscheidungen aufgesetzt werden.

Ist die SAP S/4HANA-Lösung und Integration perfekt? Nein, sicherlich nicht, aber Unternehmen werden bei einer professionellen Implementierung gezwungen, auf Standardisierung und Integration der Prozesse, sowie auf hohe Stammdaten-Qualität zu achten. Darin liegt die „Mutter aller Wertschöpfungen“ und damit der Business-Case auf dem Weg zum digitalen Unternehmen!

Meine Meinung:

Helge Sanden IT-OnlinemagazinEs geht weiterhin ums Ganze. Wenn Anwenderunternehmen die Vorteile von S/4HANA ermitteln wollen, dürfen sie nicht nur die Verbesserung der Prozesse gegenüber R/3 als Maßstab nehmen. Die Prozesse wurden von Anwendern über viele Jahre hyperoptimiert und ein neuer, von SAP gelieferter S/4HANA-Standard, wird dort nicht wesentliche Vorteile liefern können. Die deutlich optimierte und modernisierte Fiori-UI rechtfertigt für sich allein genommen aber in der Regel nicht immense Investitionen in neue SAP-Lösungen. Wenn man betriebswirtschaftlich rechnet, muss man aus meiner Sicht ganzheitlich denken.

Die Anforderungen an eine Daten-Infrastruktur – und natürlich auch die technischen Möglichkeiten — haben sich in den letzten 40 Jahren radikal verändert. Eine veraltete Plattform und auf den status-quo ausgerichtete Datenstrategie verhindern, mehr aus den vielen — oft ungenutzten — Daten der Unternehmen zu machen. Will man daraus Informationen und Entscheidungen ableiten, braucht man eine systemübergreifende Semantik (SAP- und Non-SAP-Systeme) und ein kostengünstiges Management der riesigen Datenmengen, die kontinuierlich immens wachsen. Auch die weitere Automatisierung von Routineaufgaben und Prozessen setzt eine ganzheitliche Daten-Infrastruktur und Datenqualität voraus, daher sind auch Datenharmonisierungen und -bereinigungen angesagt!

Hat man früher in die Vergangenheit gerichtete Analysen mit einem Data Warehouse betrieben, kann man heute Informationen in Echtzeit auswerten und sofort notwendige Korrekturmaßnahmen erkennen oder sogar in die Zukunft schauen. In komplexen digitalen Ende-zu-Ende Prozessen, verbunden mit den hohen Erwartungen der B2C- und B2B-Kunden an schnelle Reaktions- und Lieferfähigkeit, verliert man Wettbewerbsfähigkeit, sobald man in dieser Beziehung nicht mehr angemessen mithalten kann. Zudem kann man heute mittels „embedded analytics“ und „predictive“ Funktionalitäten nicht nur jederzeit den Ist-Zustand ermitteln, sondern sehr viel besser zukunftsorientiert in Szenarien denken und planen.

Die Konsolidierung der SAP-Landschaften wird oft in einem Atemzug mit der S/4HANA-Migration genannt. Durch Unternehmenszukäufe und Ausgliederungen, durch fehlende Governance, durch Integrationsprojekte für viele unterschiedliche Software-Lösungen, starkes Wachstum oder Internationalisierung ist über die Jahre an vielen Stellen Wildwuchs entstanden. Die Reduzierung der Komplexität mittels S/4HANA und der Business Technology Plattform kann aus meiner Sicht ein wichtiges Argument für deren Einsatz sein:

Mit jeder abgeschalteten Schnittstelle und jedem abgeschaltetem System spart man nicht nur Betriebs- und Wartungskosten und erhöht die Prozesssicherheit, sondern kann als IT-Organisation schneller und flexibler auf Unternehmens- oder Marktanforderungen reagieren. Die Zukunft gehört den hybriden Multi-Cloud-Umgebungen, deren Management ist jedoch nicht trivial! Darauf sollten sich IT-Verantwortliche rechtzeitig vorbereiten — unabhängig von der S/4HANA-Entscheidung.

Wann der richtige Zeitpunkt für S/4HANA gekommen ist, muss natürlich jeder individuell entscheiden. Ich wette, die zukünftigen Gewinnerunternehmen nutzen es schon … oder sind zumindest schon weit in ihren Überlegungen. Nicht weil es so viel besser als R/3 ist, sondern weil es besser zur zukünftigen Unternehmens- und IT-Strategie passt. Und wie gesagt: Es geht ums Ganze.

Herzliche Grüße

Helge Sanden (Herausgeber IT-Onlinemagazin)

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