SAP S/4HANA Greenfield Einführung: Erfahrungsbericht allvisual ag

Das international tätige, inhabergeführte Beratungsunternehmen allvisual, mit Standorten in der Schweiz und Deutschland, hat SAP S/4HANA nach der Greenfield-Methodik eingeführt. Benjamin Kaulich, Chief Commercial Officer bei allvisual ag, und Hubert Strohmeier, Associate Partner und SAP-Experte beim Implementierungspartner Q_PERIOR, beantworteten einige Frage zum Projektverlauf.

 

Beschreiben Sie uns bitte kurz, worum es bei dem Projekt ging?

Benjamin KaulichBenjamin Kaulich (allvisual): Mit der Implementierung von SAP S/4HANA konnten wir schnelle, effiziente und transparente Abläufe erreichen und optimieren damit unsere gesamten Prozesse: Von der Kundenauftragsabwicklung bis zur aufwandbezogenen Fakturierung bilden wir den Geschäftsalltag systemtechnisch ab und vereinfachen somit unser Projekthandling signifikant.

Wir können unsere kompletten Projektstrukturen wie zum Beispiel Budgets, Kapazitätsbedarfe oder Kosten- und Erlösplanung in SAP abbilden und benötigen nun keine zusätzlichen Hilfsmittel wie Excel mehr. Auf diese Weise können wir jederzeit einen ganzheitlichen und vor allem schnellen Blick auf die Projekte gewähren, was für uns eine signifikante Zeit- und Kostenersparnis zur Folge hat.

 

Wie sah die Herangehensweise zur Einführung der neuen Business Suite S/4HANA bei allvisual aus?

Benjamin Kaulich: Die Umstellung von der Microsoft Navision ERP Lösung auf die SAP S/4HANA Lösung war eine unternehmerische Entscheidung aus zwei Gesichtspunkten heraus. Zum einen wollten wir als Business Partner der SAP auf Innovation setzen und die neue Lösung sowohl als produktives ERP System als auch als Test- und Demosystem einsetzen. Ganz nach dem Motto „use what we sell and sell what we use“.

Zum anderen haben wir uns für S/4HANA entschieden, da die Prozesse von der Lösung optimal unterstützt werden und alle Anwendungen und Funktionen (Logistik, HCM und Finanzen) komplett integriert sind. S/4HANA ist ein zukunftssicheres System auf dem neuesten Stand der Technik, das beliebig skalierbar ist, wodurch es organisch mit dem Unternehmen wachsen kann.

 

Welche Faktoren haben bei der Implementierung eine wesentliche Rolle gespielt, sodass sie innerhalb von drei Monaten erfolgen konnte? Welche Rolle spielte Q_PERIOR?

Benjamin Kaulich: Für uns war es sehr wichtig, dass der Einführungspartner schon Erfahrungen aus S/4HANA Implementierungen mitbrachte. Die klare Definition der Anforderungen, die Verwendung von Best Practice Templates gepaart mit einer straffen Projektorganisation und ein pragmatisches Projektteam waren die grundlegenden Erfolgsfaktoren. Zudem hatten wir sehr kurze Entscheidungswege und alle Projektmitarbeiter haben zusammen am gleichen Strang gezogen.

 

Hubert Strohmeier

Hubert Strohmeier (Q_PERIOR): Um eine Implementierung in so kurzer Zeit realisieren zu können, muss vom klassischen Vorgehen beziehungsweise der klassischen Herangehensweise an ein Projekt abgewichen werden. Statt die Lösung an die eigenen Prozesse anzupassen, werden die Prozesse an das System angepasst.

Ein wichtiges Hilfsmittel stellt hier „SAP Activate“ mit den ausgelieferten SAP Best Practices Prozessen dar. Auf diese Weise können bei der Implementierung Kosten und Zeit eingespart werden. Ein zentraler Faktor ist dabei auch, dass das Management geschlossen hinter dieser Entscheidung steht und diese entsprechend vertritt.

 

Was können Sie zu den technischen Details des Projekts sagen? Welche Versionen und Lizenzen kamen zum Einsatz? Wie umfangreich war der zeitliche Aufwand für das Testen der Lösung sowie für Schulungen?

Benjamin Kaulich: Wir verwenden die SAP S/4HANA Standardkomponenten und die durch den Standard unterstützten Lösungen und Prozesse, welche durch die entsprechenden SAP S/4HANA Lizenzen abgedeckt sind. Das Testen der implementierten Lösung hat ungefähr zwei bis drei Wochen in Anspruch genommen, die spezifische Schulung der Anwender erfolgte innerhalb von zwei bis drei Tagen.

Hubert Strohmeier: Die Implementierung erfolgte auf Basis des zu dieser Zeit neuesten Release S/4HANA 1610 On-Premise. Dabei wurden alle Module der Standardlösung eingesetzt: MM (Materialwirtschaft), SD (Vertrieb und Verkauf), PS (Projektabwicklung), FI (Finanz- und Rechnungswesen), CO (Controlling), AA (Anlagenbuchhaltung), HCM (Personalwirtschaft).

 

Wie erfolgte der Wechsel auf S/4HANA?

Benjamin Kaulich: Das Design der Lösung entsprach einem Greenfield-Ansatz, wobei die Daten aus dem Microsoft Navision Altsystem übernommen wurden, nachdem diese im Quellsystem bereinigt und für die Überführung entsprechend aufbereitet worden waren.

Hubert Strohmeier: Die Überführung der Daten aus dem Altsystem wurde größtenteils manuell vorgenommen, um den Aufwand für teure und zeitaufwändige Migrationsprogramme einzusparen. Dabei wurden nur Stammdaten und nicht abgeschlossene Bewegungsdaten aus dem Microsoft Navision ins SAP S/4HANA übernommen.

Die abgeschlossenen Belege verbleiben im Altsystem und werden dort zu Archivierungszwecken aufbewahrt. Mit dieser Herangehensweise konnte ein klarer Schnitt zwischen dem Alt- und dem Neusystem erreicht werden.

 

Welchen Herausforderungen sahen Sie sich vor und während der Umsetzung des Projekts? Welche Fallstricke sollten Ihrer Einschätzung nach bei ähnlichen Projekten beachtet werden?

Benjamin Kaulich: Eine erste Herausforderung war, dass wir als Start-up ICT Beratungsunternehmen mit 13 Mitarbeitenden in der Schweiz und drei Mitarbeitern am Standort in Deutschland ein mittelständisches Unternehmen sind. Aus diesem Grund waren wir auf der Suche nach einer ganz schlanken und effizienten Best Practice basierten SAP S/4HANA Implementierung. Diese Unterstützung haben wir bei unserem Business Partner Q_PERIOR gefunden.

Die zweite Herausforderung war das übliche und bekannte Problem, die besten Mitarbeiter für das Projekt zu gewinnen und im entsprechenden Rahmen vom täglichen Business freizustellen. Ganz wichtig ist bei solchen Projekten die Fokussierung auf das Wesentliche und ein strukturiertes Vorgehen mit klaren Zuständigkeiten und Meilensteinen.

Hubert Strohmeier: Schon vor Beginn des Projektes war der Go-live-Termin eindeutig gesetzt und konnte nicht verschoben werden, da er vom Geschäftsjahreswechsel der allvisual ag abhängig war. Aus diesem Grund musste das Projekt so geplant werden, dass dieser Fixtermin auf jeden Fall eingehalten werden konnte. Damit einhergehend musste der komplette Projektumfang mit allen relevanten SAP-Modulen vollumfänglich zum Stichtag umgesetzt werden.

Bei Projekten dieser Art ist es wichtig, darauf zu achten, dass Mitarbeiter keine zusätzlichen Anforderungen einstreuen, die zu Mehraufwand führen. Daher ist das Projekt- und Changemanagement ein bedeutender Erfolgsfaktor, der nur erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn die Rückendeckung der Geschäftsleitung zu hundert Prozent gegeben ist.

 

In welchen Bereichen kommt SAP S/4HANA zum Einsatz?

Benjamin Kaulich: Mit SAP S/4HANA decken wir alle unsere betriebswirtschaftlichen Prozesse ab. Die Finanz- und Controllingprozesse (FI/CO/AA) sowie die Logistikprozesse (MM/SD/PS). Des Weiteren nutzen wir SAP HCM für das Personalwesen und das Organisationsmanagement.

 

Haben Sie auch die Option „S/4HANA Cloud“ statt der On-Premise-Variante geprüft – und wenn ja, warum haben Sie sich für On-Premise entschieden?

Benjamin Kaulich: Ja, wir haben die Option S/4HANA Cloud intensiv geprüft und uns letztendlich doch für die On-Premise-Variante entschieden. Wir sind davon überzeugt, dass die S/4HANA Cloud-Variante die zukunftsorientiertere Lösung ist. Da wir als Beratungsunternehmen unseren Kunden aber ebenfalls Dienstleistungen im SAP PLM-Umfeld anbieten, ist ein On-Premise-System für uns die bessere Lösung.

In der On-Premise-Variante können wir flexibel Systemkopien aufsetzen, die wir dann auf unsere Kundendemos zuschneiden. Dafür müssen wir immer wieder Schnittstellen zu den externen Systemen unserer Kunden einrichten – hier bietet uns die On-Premise-Variante Vorteile gegenüber der Cloud-Version.

 

Vielen Dank!

 

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