Wie kalkuliert man Betriebskosten der SAP Business Technology Platform?

Die kommerziellen Aspekte der BTP-Nutzung führen bei SAP-Anwendungsunternehmen zu Fragezeichen: Mal werden die BTP-Credits nach Usern, mal nach Memory-Consumption oder mal nach Aufrufen abgerechnet. In der SAP-Community hört man, dass aus diesem Grund Vorhersehbarkeit, Kalkulierbarkeit und Transparenz der Betriebskosten fehlen. Dies ist wichtig, um die Kosten an die Fachabteilungen weiter zu reichen.

Wir fragten Michael Bloch (DSAG-Fachvorstand Lizenzen, Vertragswesen & Support), wo die größten Herausforderungen liegen, wie man vorgehen kann und was er zur Kalkulation der SAP BTP-Betriebskosten empfiehlt. Er gab uns darüber hinaus wichtige Impulse, was man beim Abschluss von RISE- und GROW-Verträgen beachten sollte.

 

Herr Bloch, wie wird die SAP BTP lizenziert?

Michael-Bloch-DSAGMichael Bloch: Es gibt derzeit drei unterschiedliche Vertragsmodelle. Erstens die klassische Subskription mit festen Mengen je Produkt mit der entsprechenden Lizenzmetrik über eine definierte Laufzeit. Zweitens ein Enterprise Agreement mit vorausbezahlten Credits, um damit BTP-Services zu begleichen. Und drittens die Pay-as-you-go-Lizenzierung auf Basis des Listenpreises.

Dabei ist aber zu beachten, dass nicht alle BTP-Services in allen Modellen verfügbar sind. Mittlerweile nutzt SAP die eigene BTP auch, um selbst Anwendungen darauf zu entwickeln und diese nach einem Software-as-a-Service (SaaS)-Modell in Form einer Subskription zu lizenzieren. Die klassische BTP als Erweiterungsplattform ist hingegen als Platform-as-a-Service (PaaS) einzustufen mit einem großen Lösungsangebot.

 

Wo liegen die größten Herausforderungen bei der BTP-Lizenzierung?

Michael Bloch: Die Menge an unterschiedlichsten BTP-Services ist Fluch und Segen zugleich. Man bekommt als Kunde einen großen Werkzeugkasten, der umfassend einsetzbar ist – allerdings haben diese Werkzeuge alle eine andere Kostenbasis. Die Herausforderung auf Kundenseite besteht darin, dass die Menge je Cloud-Service belastbar prognostiziert werden muss, da diese direkte Kostenauswirkungen haben kann.

Benötigte SAP Cloud Credits für BTP-Nutzung kalkulieren

Da auch bei einem Enterprise-Agreement die Menge an Cloud Credits vorausbezahlt werden muss, besteht grundsätzlich das Risiko, dass kundenseitig zu wenig oder zu viel geplant wird. Je nach Kundengröße ist die Bereitstellung entsprechender Ressourcen für die Planung und die Verbrauchsüberwachung eine große Herausforderung. Es wäre wünschenswert, wenn SAP an der Stelle zu einem geänderten Vertragsmodell kommen würde.

 

Wie ermittelt man den passenden BTP-Lizenzbedarf?

Michael Bloch: Zunächst einmal muss der Kunde im Blick und verstanden haben, welche BTP- Services benötigt werden und wie diese zu lizenzieren und zu steuern sind. Mittlerweile gibt es dafür am Markt auch spezialisierte Partner, die hinsichtlich der SAP BTP unterstützen können.

Im eigenen Unternehmen müssen die Verantwortlichkeiten klar geregelt sein, damit die Steuerung der BTP funktioniert und an zentraler Stelle auch die Abhängigkeiten sowie kommerziellen Parameter bewertet werden können.

 

Sieht die DSAG Verbesserungsbedarf bei den BTP-Abonnements?

Michael Bloch: Aus Kundensicht wäre es wünschenswert, wenn im Rahmen des Enterprise Agreements die nicht genutzten Cloud Credits nicht verfallen würden. Die Verträge auf Basis von Subskriptionen sind im Sinne einer Skalierbarkeit nach oben erweiterbar, sprich man darf immer dazukaufen.

Sollte man sich aber im Bedarf verkalkuliert und zu viel abgeschlossen haben, dann sind Reduktionen nicht ohne weiteres machbar und auch bei einer Erneuerung des Vertrags gilt die anfangs abgeschlossene Menge als Basis.

SAP-Kunden tragen Verantwortung für BTP-Nutzungsmessung

Darüber hinaus muss man sich darüber im Klaren sein, dass SAP die Verantwortlichkeit für die Nutzungsmessung in den Cloud-AGB den Kunden auferlegt. Dazu bietet SAP in SAP for Me mittlerweile eine wachsende Übersicht an. Aus der DSAG heraus befinden wir uns bereits seit einem Jahr mit SAP im Austausch, um den Umfang der entsprechenden Informationen zu erweitern, damit die Kunden so viele Daten wie möglich ablesen können.

Bei der BTP sehen wir bei einzelnen Services aber auch noch Diskussionsbedarf, da sich die angezeigten Mengen auch mit eigenem Aufwand nicht verifizieren lassen. Momentan sollten die Kunden sich mit dieser Frage am besten schon vor der Vertragsunterzeichnung auseinandersetzen, damit später keine Überraschungen drohen.

 

Wie können SAP-Kunden vorgehen, wenn sie sich beim Lizenzbedarf unsicher sind?

Michael Bloch: Neben der relativ einfachen Antwort, SAP um Erläuterung zu bitten, gibt es spezialisierte Anbieter am Markt, die auch auf unseren DSAG-Veranstaltungen regelmäßig informieren. Außerdem können sich unsere Mitglieder stets untereinander austauschen. Tatsächlich ist es aber kundenseitig unerlässlich, zumindest anteilig ein entsprechendes Know-How aufzubauen.

Meiner Meinung nach ist es zudem aus Kundensicht zentral, sich stets mit der aktuellen Ressourcensituation zu beschäftigen. Wie viel davon brauche ich im eigenen Haus, was kann ich von außen dazu kaufen und wie kann ich das Risiko für mein Unternehmen im Blick behalten?

 

Was empfehlen Sie SAP-Kunden, wenn sie die Lizenzierung für komplexere Anwendungsszenarien optimieren möchten?

Michael Bloch: Tatsächlich möchte ich auch hier auf das Ressourcenthema verweisen: die Kombination unterschiedlicher BTP-Services kann sehr mächtige Business-Applikationen erzeugen, die auf vollkommen unterschiedlichen Lizenzmetriken beruhen können. Größere Unternehmen haben hier beispielsweise Templates entwickelt, die eine gewisse „T-Shirt-Größe“ mit vorkonfigurierten Mengen beinhalten.

An dieser Stelle ist es unerlässlich, die Abhängigkeiten zu verstehen. Welche Steuerungsmöglichkeiten in welchem BTP-Service habe ich? Kann ich Useranzahl oder Datenverkehr reduzieren? Welche Auswirkungen sind damit verbunden?

Gefahr der indirekten Nutzung beim SAP BTP-Einsatz

Last but not least sollte man beim Zugriff von der BTP auf SAP-Systeme im Hinterkopf behalten, dass die dortigen Funktionen nicht als sogenannter „SAP Application Access“ gezählt werden und damit keine Nutzungsrechte für die User auf den SAP-ERP-Systemen beinhalten. Dadurch kann man auch in ein Szenario indirekter Nutzung geraten, das ebenfalls hausintern zu bewerten ist.

 

Abschlussfrage: Wie stehen Sie zu den Rabattangeboten der SAP zu RISE und GROW – und was sollten SAP-Kunden dabei beachten?

Michael Bloch: Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings nur einer von vielen Bausteinen in einer möglichen Transformation in die S/4HANA Cloud. Das Entgegenkommen von SAP ist wichtig, und ich bin sehr gespannt, wie es auf Kundenseite angenommen wird und ob es eine messbare Auswirkung hat.

Aktuell spüre ich in den Gesprächen im DACH-Raum immer noch eine Zurückhaltung. Die Programme „RISE“ bzw. „GROW“ sind ja nicht nur ein Hosting-Angebot der SAP, sondern beinhalten eine bestimmte Methodologie. Auf Kundenseite muss man sich sehr genau damit auseinandersetzen und einen ganzheitlichen Business Case sowie eine Strategie für die Zukunft entwickeln.

SAP Cloud-Verträge: Verluste durch Sonderabschreibungen?

Die Ausgangslage in den Unternehmen ist sehr unterschiedlich. Wer aktuell noch keinen S/4HANA-Vertrag hat, muss sich aufgrund der SAP-Produktstrategie zwangsläufig damit auseinandersetzen. Es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass diese Gutschriften für die Unternehmen, die beispielsweise letztes oder vorletztes Jahr eine Vertragskonvertierung durchgeführt haben, in den meisten Fällen keinen Paradigmenwechsel mit sich bringen. Nach wie vor muss der Wechsel in die S/4HANA Cloud – unabhängig davon ob Private oder Public – mit einer Aufgabe der gekauften Nutzungsrechte einhergehen, damit man nicht doppelt bezahlt. Da diese gekauften Lizenzen dann buchhalterisch noch nicht abgeschrieben sind, ergibt sich im Ergebnis ein Verlust für die Unternehmen durch eine Sonderabschreibung.

Daher empfehle ich immer, einen Business Case unter Berücksichtigung aller Rahmenbedingungen zu erstellen. Rein aus Vermessungssicht darf man ja zum Beispiel auch nicht vergessen, dass in der S/4HANA Cloud nach Berechtigungen vermessen werden soll. Das bringt mitunter mit sich, dass die Unternehmen ihre Berechtigungskonzepte überarbeiten müssen. Diese möglichen Zusatzarbeiten müssen kundenseitig überblickt sowie ebenfalls kostenseitig bewertet werden.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Helge Sanden, Chefredakteur des IT-Onlinemagazins.

 

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