
Steigende Kundenerwartungen, volatile Lieferketten und wachsender Kostendruck zwingen Unternehmen, ihre Logistikprozesse immer stärker zu automatisieren. Die Systemintegration Advanced Shipping and Receiving (ASR) verspricht eine effizientere Steuerung von Lager- und Transportprozessen – insbesondere in Verbindung mit SAP Extended Warehouse Management (EWM) und SAP Transportation Management (TM).
Doch was unterscheidet ASR von bisherigen Automatisierungslösungen? Welche Weichen stellt SAP für die Zukunft – und was bedeutet das für Unternehmen, die den Anschluss nicht verpassen wollen? Wir haben mit Martin Ochs vom SAP Gold Partner FIS Informationssysteme und Consulting GmbH darüber gesprochen. Er erklärt, warum ASR mehr als nur ein technologisches Upgrade ist, worauf sich Unternehmen jetzt einstellen sollten – und welche Besonderheiten bei der Implementierung berücksichtigt werden müssen.
Effiziente Supply Chain mit ASR
Herr Ochs, warum gewinnt ASR in der Lager- und Transportlogistik gerade jetzt an Bedeutung?
Martin Ochs: Besonders in der Logistik begegnen wir globalen, wirtschaftlichen Tendenzen, die Unternehmen vor Herausforderungen stellen. Wir kämpfen aber auch national mit großen Herausforderungen, wie Fachkräftemangel, enorm hohen Energiepreisen sowie steigenden Kraftstoffpreisen. Zusätzlich sind wir einer maroden Infrastruktur, erkennbarer Kaufzurückhaltung bei den Endkunden und einer sinkenden Investitionsbereitschaft in Unternehmen konfrontiert. Dies erfordert eine Effizienz im Order-to-Cash-Prozess, was heutzutage ganz anders zu bewerten ist, als es beispielsweise noch vor 10 Jahren der Fall war.
Unternehmen, die heute nicht in die Effizienz ihrer Logistik und ihrer Supply Chain investieren, haben nachweislich Kostennachteile, was sich auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.
Effizienz im Order-to-Cash-Prozess kann man erzielen, indem man die logistischen Planungsprozesse in der Lagerwirtschaft und Transportplanung synchronisiert. Hierfür stellt die SAP ein Tool zur Verfügung: ASR ist ein weiterer Baustein für eine nahtlos integrierte Supply Chain. Mit ASR wird die starre Abgrenzung zwischen SAP TM und SAP EWM aufgehoben und ein transparenter End-to-End-Prozess ermöglicht.
Wenn Sie zu diesem und weiteren Themen aus der SAP-Community informiert bleiben möchten, abonnieren Sie jetzt den IT-Onlinemagazin Newsletter.
Automatisierte Steuerungsmechanismen gab es bereits vor ASR. Was unterscheidet die SAP-Implementierung von bisherigen Lösungen?
Martin Ochs: SAP hat bereits in der Vergangenheit mit der Architektur LDAP (Loading Appointment) eine Möglichkeit zur Integration der Module EWM und TM geschaffen, da man sich mit der Thematik beschäftigen musste, wie Lageraktivitäten mit der Transportplanung synchronisiert werden, und umgekehrt. Dazu hat die SAP ein Objekt genutzt: die sogenannte Transporteinheit, die das Spiegelbild in der Lagerwirtschaft zum Frachtauftrag in der Transportplanung darstellt.
Die Integration von TM mit EWM, basierend auf EWM-Transporteinheiten wurde seitens der Kunden jedoch nicht akzeptiert. Zum einen aufgrund der Bedienung, d.h. es war für den Anwender nicht einfach, diese Integration über die Transporteinheiten zu schaffen. Zudem war wenig Raum für kundenindividuelle Erweiterungen, d.h. die Besonderheiten, die es in der Transportabwicklung und in der Lagerwirtschaft gab, waren nicht einfach anpassbar. Lange hatte man auch mit der Stabilität dieser Lösung gekämpft, da häufig Probleme bei der LDAP-Nachrichtenverarbeitung aufgetreten sind.
Wie fügt sich ASR in bestehende SAP EWM- und TM-Prozesse ein?
Martin Ochs: Mit ASR hat SAP diese Architektur komplett geändert, indem man das Zwischenobjekt Transporteinheit eliminiert hat. Die beiden Systeme kommunizieren bei ASR nicht mehr über das ehemalige Hilfskonstrukt „Transporteinheit“, sondern EWM kennt Objekte – vor allem den Frachtauftrag als zentrales Zwischenobjekt in TM und umgekehrt. Es findet also eine permanente Synchronisation statt. Wie das genau funktioniert, erläutere ich anhand eines Beispiels in einem Expert-Talk mit dem IT-Onlinemagazin am 09. April 2025.
Weiterführende Informationen im Expert-Talk:
ASR kann die Integration zwischen Lager- und Transportlogistik vereinfachen und Prozesse effizienter gestalten. Wie groß der tatsächliche Nutzen ist, hängt von der richtigen Implementierung ab. Wer wissen will, welche Herausforderungen es gibt, welche Vorteile ASR wirklich bringt und wie Unternehmen die Technologie optimal für ihre spezifischen Anforderungen nutzen können, sollte unseren online Expert-Talk mit Martin Ochs (FIS | Foto) am 9. April um 14 Uhr nicht verpassen. Jetzt kostenlos registrieren
Welche technologischen Neuerungen haben in den letzten Jahren die Effizienz und Automatisierung verbessert?
Martin Ochs: Der wesentliche Vorteil an ASR ist die hohe Flexibilität für Unternehmen, die sich aus der permanenten Synchronisation von SAP EWM und SAP TM ergibt, d.h. es kann flexibel auf geänderte Anforderungen reagiert werden. Je nachdem, ob die Lageraktivitäten die Transportplanung „treiben“, oder ob das Transportmodul die Kommissionieraktivitäten im Lager steuern. ASR steuert eigenständig, welcher Prozess dem anderen folgt. Zudem ermöglicht ASR eine vollständige Sicht auf alle Objekte in beiden Systemen, was eine Umplanung jederzeit möglich macht.
Ein konkreter Vorteil dabei ist die optimierte Routenplanung. In ASR werden die Kapazitäten in der Transportwirtschaft mit den Kapazitäten im Lager abgestimmt. Wenn dies nicht der Fall ist, dann kann die Situation eintreten, dass entweder halbvolle LKWs fahren oder man kurzfristig weitere LKWs beschaffen muss, was immer eine teure Alternative ist. Dies kann sich heutzutage kein Unternehmen mehr leisten.
Im Expert-Talk zeige ich mehrere Szenarien auf, die diese Integration und die daraus resultierenden Vorteile veranschaulichen.
Geeigneter Zeitpunkt für eine ASR-Integration
Was ist die Grundvoraussetzung für die Nutzung von ASR?
Martin Ochs: ASR ist in beiden Systemen, also in SAP EWM und SAP TM, bereits integriert – jedoch nur in den neuesten Releases in S/4HANA. Die gute Nachricht: Es ist nicht lizenzierungspflichtig. Um diese technische Komponente vollumfänglich nutzen zu können, bedarf es einer Aktivierung der ASR-Schnittstelle, die technisches Know-how erfordert.
Aufgrund weiterer Faktoren ist eine Beratung durch einen kompetenten Dienstleister notwendig: Plant der Kunde eher transport- oder lagergetrieben? Benötigt der Kunde Unterstützung hinsichtlich des Timings? Befindet er sich gerade in einer S/4HANA-Transition und inwieweit sind die eigenen Ressourcen mit der Transition ausgelastet? Sind EWM und TM schon produktiv und wann ist der geeignete Zeitpunkt für die Integration von ASR? Muss ASR darüber hinaus noch kundenindividuell angepasst werden?
Wir als SAP Partner unterstützen Unternehmen dabei, eine Roadmap zu erarbeiten und zu definieren, wann der richtige Zeitpunkt für die ASR-Integration ist. So kann das Optimale aus dieser Lösung herausgeholt werden, um effiziente Order-to-cash-Prozesse und eine harmonisierte Supply Chain Integration zu erzielen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Ochs!
Interviewpartner: Martin Ochs, Team Manager Warehouse & Transport Solutions
Mit mehr als 25 Jahren SAP-Erfahrung als Berater, Projektleiter, Solution Architect und Team-Manager begeistert Martin Ochs die Integration von Beschaffungs-, Lager-, Produktions- und Vertriebsprozessen in einer nahtlosen Supply Chain. Seine besondere Leidenschaft gilt dabei anspruchsvollen, globalen Roll-Out-Strategien mit Template-Ansätzen.