Elektronische Rechnungsverarbeitung mit SAP: Einführung, Betrieb und Rollout

Die elektronische Rechnungsverarbeitung ist ein Baustein digitalisierter und automatisierter Finanzprozesse. Zu Projektzielen gehören daher oft auch die Beschleunigung der Prozesse und eine verbesserte Nutzerfreundlichkeit, beispielsweise durch die Einbindung von Fiori-Apps.

Von Jan Schulze (xSuite Group) wollten wir wissen, was Unternehmen bei der Einführung und beim internationalen Rollout erwartet und wie die Projektziele erreicht werden können.

 

Welche Fragen stellen sich Finanzverantwortliche aktuell zur Automatisierung und Digitalisierung der Finanzprozesse?

Schulze-XSuiteJan Schulze: In den letzten Wochen waren Team- oder Abteilungsleiter verschiedenster Unternehmensbereiche vor allem mit einer Fragestellung beschäftigt: Wie halte ich den Laden – aus dem Homeoffice heraus – am Laufen? Konkrete Herausforderungen für Finanzverantwortliche waren oftmals sich stapelnde Eingangsrechnungen in der Poststelle oder papierhafte Freigabeprozesse, die abrupt zum Erliegen kamen. Die Allermeisten haben dafür inzwischen (Not-)Lösungen gefunden: Drei Monate lang keinerlei Rechnungen zu bezahlen, nur weil der gewohnte Freigabeprozess nicht mehr abbildbar ist, kann ja keine Option sein.

Jetzt beginnt langsam die Phase, die neue digitale Praxis – die häufig aus der Nutzung von File-Sharing-Diensten oder per E-Mail hin und her geschickten Dokumenten besteht – auf den Prüfstand zu stellen: Wie effizient oder fehleranfällig ist meine (Behelfs-)Lösung? Habe ich die erforderliche Transparenz? Decke ich alle relevanten Vorgänge ab? Erfülle ich mit dem Vorgehen auch Datenschutz- und Compliance-Vorgaben?

Die Corona-Krise hat in gewissem Sinne bei vielen Unternehmen das Eis für die Digitalisierung gebrochen. Mittelfristig wird es aber eine Optimierung und Professionalisierung der oftmals hastig eingeführten Digitalisierungsansätze geben.

 

Beim Motorradhersteller KTM haben Sie die „Elektronische Rechnungsverarbeitung“ umgesetzt und den internationalen Rollout begleitet. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Die KTM AG hat weltweit Niederlassungen und Vertriebsgesellschaften und ist damit besonders international aufgestellt. Damit hat auch das Thema Automatisierung der kreditorischen Buchhaltung eine große inhaltliche Spannbreite.

Die Rechnungsverarbeitung hat nämlich in jedem Land ihre Feinheiten. Das sind zum Beispiel unterschiedliche rechtliche Anforderungen. In einigen Ländern sind diese sehr detailliert: Von Pflichtangaben bei einer Rechnung, über Vorgaben an das Format bis zu Bestimmungen zur Verarbeitung und Aufbewahrung einer Rechnung. In den meisten europäischen Staaten ist dies wesentlich stärker ausgeprägt als zum Beispiel in den USA.

Genauso gibt es regionale Gepflogenheiten und Besonderheiten, die kein weltweiter Standard sind. Da gibt es zahlreiche Beispiele: Skonto, Zahlscheine in der Schweiz, Steuermeldedatum in Polen, SdI in Italien, etc. Und schlussendlich gibt es natürlich auch noch unterschiedliche Sprachen, Kulturen, Zeichensätze.

Am Ende sehen Rechnungen in Österreich vielleicht ganz anders aus als in den USA oder Japan. Folglich kann der Verarbeitungsprozess auch nicht hundertprozentig identisch sein. Eine besondere Anforderung beim internationalen Rollout bei KTM war somit, einen gemeinsamen Standard zu haben, der dennoch genug Flexibilität für die regionale Ausprägung lässt.

 

Welche Projektziele wurden erreicht?

Die KTM AG hatte bereits vorher einen Workflow für die Verarbeitung von Eingangsrechnungen im Einsatz, dieser war allerdings nicht SAP-integriert. Damit waren die Projektziele auf die weitere Optimierung ausgerichtet.

Im Fokus standen dabei die Beschleunigung der Prozesse, im Sinne eines höheren Automatisierungsgrades sowie kürzerer Durchlaufzeiten, und eine verbesserte Usability, zum einen durch eine nahtlose SAP-Integration und zum anderen durch den Einsatz nutzerfreundlicher Anwendungen wie Fiori.

Ein weiterer Punkt, der ebenfalls umgesetzt wurde, war die Einbindung der Verarbeitung von elektronischen Rechnungen, neben den klassischen Rechnungen in Papierform.

 

Worauf muss man achten, damit Unternehmen die Projektziele erreichen können?

Zunächst einmal ist es gut, konkrete Projektziele zu haben. Damit meine ich, sich wirklich im Klaren darüber zu sein, was wichtig ist und warum. Da hat KTM sich sehr gut aufgestellt. Als Motorradhersteller steht das Unternehmen für Qualität, Leistung, Geschwindigkeit. Das haben sie auch als Leitbild für die Formulierung der Anforderungen an die Lösung genutzt.

Darüber hinaus gibt es einen Punkt, der insbesondere bei sehr international aufgestellten Unternehmen für einen globalen Projekterfolg wichtig ist: Die Unternehmenszentrale sollte zwar einen zentralen Standard, die Technologie-Plattform und Best-Practices zur Verfügung stellen, es sollte innerhalb dieses Rahmens aber immer Raum für die Umsetzung lokaler Besonderheiten geben.

 

Was wird die Finanzabteilungen in den nächsten 12 Monaten am meisten bewegen?

Womit sich Finanzabteilungen in den nächsten Monaten beschäftigen werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Inwieweit wird aus der Corona-Krise eine Wirtschaftskrise? Wie schnell wird eine Erholung in welchen Regionen einsetzen? Das sind für quasi alle Unternehmen die bestimmenden Fragen für die nächsten Monate.

Darüber hinaus wird es wahrscheinlich deutliche Unterschiede nach Branchen geben. In einigen Bereichen werden umfassende Änderungen erfolgen, die alle Unternehmensbereiche betreffen. Um es auf den Punkt zu bringen: Manche Finanzabteilungen, beispielsweise bei Luftfahrtunternehmen, werden in den nächsten Monaten wahrscheinlich andere Sorgen haben, als Workflows für die Eingangsrechnungsverarbeitung einzuführen. Auf der anderen Seite wird es für sehr viele Branchen wohl auch schnell nahezu wieder zum „business as usual“ gehen. Da stehen dann Themen im Vordergrund, wie wir sie auch bei KTM gesehen haben:

Weiterführen der Digitalisierungsstrategie, Optimierung der Abläufe, mehr Automatisierung. Das kann für Finanzabteilungen auch heißen, dass hastig eingerichtete Arbeiten im Homeoffice zu professionalisieren, zum Beispiel mit digitalen Workflows für die Eingangsrechnungsverarbeitung.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Helge Sanden, Chefredakteur des IT-Onlinemagazins.

 

 

Diese und ähnliche Fragestellungen werden beim Thementag Finanzprozesse im Rahmen der IT-Onlinekonferenz am 23. Juni 2020 vertieft:

Nicole Flexl, Head of Business Process Finance bei KTM, und Jan Schulze berichten von der Einführung des Systems, den laufenden Betrieb und den internationalen Roll-out. Zudem stellt Frau Flexl die besonderen Anforderungen bei KTM vor.

Elektronische Rechnungsverarbeitung beim Motorradhersteller KTM
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