Dass SAP die Wartungsgebühren für ihre Produkte automatisch jährlich um bis zu 3,3 Prozent erhöhen möchte, gefällt der DSAG – in Vertretung ihrer Mitglieder – naturgemäß nicht. Trotz langer Gespräche konnte hierzu bisher keine Übereinkunft zwischen DSAG und SAP erzielt werden, wie DSAG-Fachvorstand (Lizenzen, Service & Support) Thomas Henzler heute beim Jahreskongress in Leipzig mitteilte.
SAP begründet die Preiserhöhungen mit Steigerungen bei internen und externen Aufwänden, wie Energie, Arbeitskosten und zugekauften Dienstleistungen. Die DSAG sieht offenbar keinen vergütungsgerechten Gegenwert zu den Wartungszahlungen und fordert unter anderem auch flexiblere, atmende Lizenzmodelle, sprich Preisreduzierungen, falls Cloud-Lösungen weniger oder nicht mehr genutzt werden.
DSAG fordert zeitgemäßes, ganzheitliches SAP-Lizenzmodell
Auf der Reise vom Eigentümer zum Mieter einer Software, so fühlt sich Thomas Henzler beim Wechsel in die Cloud und fordert von der SAP verständlichere, einfachere, zentralisierte und transparente Lizenzverträge. Heute muss man als Kunde oft noch mit mehreren SAP-Vertriebsorganisationen verhandeln.
Der Zeitpunkt für die jährliche Preiserhöhung kommt für Henzler und die DSAG zum ungelegenen Zeitpunkt, weil die Reise in die Cloud gerade an Fahrt gewinnt, aber immer noch vergleichsweise am Anfang steht. Kunden haben eine andere Sichtweise auf die Cloud als die Hersteller und nehmen „als Mieter“ sicher auch eine höhere Abhängigkeit vom Anbieter wahr. Automatische jährliche Anpassungen nach oben können diesen Eindruck verfestigen.
Ein Beispiel für ein notwendiges ganzheitliches Cloud-Pricing ist die Unterscheidung zwischen Test-, Entwicklungs- und Produktivsystemen. Derzeit gibt es laut DSAG beispielsweise keine Preisunterschiede bei der SAP Business Technology Platform und produktive und nicht-produktive Systeme müssen gleich lizenziert werden.
Auch Anpassungen der laufenden Nutzungsgebühren (nach unten) werden gefordert, wenn konjunkturbedingt oder aus anderen Gründen weniger Cloud- oder On-Premises-Services benötigt werden.
Unzufriedenheit mit der Höhe der SAP-Wartungsgebühren
Schon seit vielen Jahren fordert die DSAG, dass alle Kunden, also auch die ECC-Kunden, für ihre Wartungsgebühren einen angemessenen Gegenwert bekommen, beispielsweise in Form von regelmäßigen Funktionsverbesserungen. Damit, dass Innovationen nur noch in den Cloud-Produkten stattfinden, haben sich die meisten mittlerweile abgefunden. Auf der anderen Seite liefert SAP jedoch eine zeitgemäße Business-Plattform, von der alle Kunden früher oder später profitieren werden.
Unzufriedenheit gibt es bei der DSAG jedoch teilweise in Bezug auf die Planungssicherheit und Langfristigkeit bei Produktinnovationen und Roadmaps. Ein Beispiel ist hier die Zukunft des CX-Portfolios und eine mögliche Zwangsumstellung in Richtung anderer Produkte. Bei derartigen Zwangsumstellungen sind automatisierte Migrationsmöglichkeiten wünschenswert, um die Aufwendungen für die Kunden im Rahmen zu halten.
Fazit: IT-Modernisierung wird teurer
Der Standpunkt der DSAG ist: Keine jährlichen Preiserhöhungen innerhalb fester Vertragslaufzeiten und Lieferung eines vergütungsgerechten Gegenwerts für die geleisteten Wartungszahlungen. Trotz mehrmonatiger Verhandlungen und Gesprächen konnte keine Einigung mit der SAP erzielt werden.
Doch mangels Alternativen bleibt für „Mieter“ wie „Eigentümer“ von Softwarelösungen offenbar nur, individuelle Verhandlungen und Rabatte zu vereinbaren. Microsoft hatte neulich Preiserhöhungen von rund 20 Prozent für Office365 veröffentlicht, Oracle in gleicher Größenordnung, bei Infor sind derartige Anpassungen aktuell nicht bekannt. Das Lizenz- und Wartungsgeschäft bleibt für Hersteller lukrativ und für Kunden oft undurchsichtig und komplex.
Man kann derzeit davon ausgehen, dass die SAP-Preiserhöhungen nicht zurückgezogen werden. Welche Möglichkeiten zur Annäherung noch bestehen, werden die weitere Wochen zeigen. Für die SAP-Community wäre jedenfalls ein Kompromiss wünschenswert, der die notwendigen Veränderungen und IT-Modernisierungen in den Unternehmen nicht zusätzlich erschwert. Die Veränderungsgeschwindigkeit ist schon jetzt vielerorts nicht hoch genug.