Testautomatisierung für SAP: 80 Prozent testen noch manuell

Regressionstests sichern die Qualität digitalisierter Geschäftsprozesse und werden im Zuge der hochkomplexen SAP S/4HANA-Transformationen immer aufwändiger. IT- und Fachabteilungen haben mittlerweile die Möglichkeit, riesige Testszenarien automatisiert in einem Bruchteil der Zeit durchzuspielen. Das ist mit manuellen Mitteln nicht mehr möglich. Trotzdem testen noch rund 80 Prozent der Unternehmen fast ausschließlich manuell.

Das ist ein Ergebnis einer aktuellen Umfrage im IT-Onlinemagazin, die zusammen mit Kooperationspartner und Automatisierungsspezialist Basis Technologies durchgeführt wurde. 168 Mitglieder aus der SAP-Community haben teilgenommen. Die Umfrage wurde im März 2023 ausgewertet. Hier die weiteren Ergebnisse:

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IT und Fachbereiche arbeiten beim Testen zusammen

Im Idealfall bilden Fachbereich und IT eine Einheit, wenn es um die Qualitätssicherung der internen Geschäftsprozesse geht. Fach- und IT-Wissen treffen so aufeinander und können Fehler oder Schwachstellen in Prozessen adäquat bewerten und gemeinsam beheben. Es zeichnet sich ein erfreulicher Trend ab: Fachbereiche sind in 72 Prozent der Test-Teams vertreten. In 48 Prozent der Angaben gibt es gemeinsame Tests mit der IT, in 24 Prozent testen die Fachabteilungen allein. Positiv kommt hinzu, dass weitere 23 Prozent ein dediziertes Testteam einsetzen.

Nur jeweils 4 Prozent testen ausschließlich über die IT-Abteilung, lagern die Testzyklen komplett an externe Dienstleister aus oder sind sich unsicher. Damit verfolgen fast 90 Prozent der befragten Unternehmen eine klar organisierte Teststruktur und beziehen die fachlich Verantwortlichen zum Großteil mit ein.

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SAP-Regressionstests nur bei 36% obligatorisch

Auf die Frage, welche Rolle Regressionstests bei SAP-Softwareauslieferungen spielen, antworten lediglich 36 Prozent, dass keine größere Auslieferung ohne Regressionstests stattfindet. 16 Prozent agieren nur nach Aufforderung oder beginnen erst im Zuge einer S/4HANA Einführung damit (12 Prozent). Insgesamt 24 Prozent der Umfrageteilnehmer haben keine Berührungspunkte mit Regressionstests. Sie setzen sie entweder gar nicht ein (14 Prozent) oder ihnen fehlt das Wissen zur Durchführung (10 Prozent). 12 Prozent sind sich unsicher.

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Achim_Töper_Basis TechnologiesIn der Theorie sollten Regressionstests in Zeiten agiler Softwarearchitekturen längst zum Standard gehören. Die Umfrageergebnisse zeichnen ein anderes Bild: Es herrscht in weiten Teilen Unwissen bis Unsicherheit in der Qualitätssicherung von softwarebasierten Prozessen.

„Ich habe einen Auftrag aus den Rückmeldungen der SAP-Community für mich und unsere Partner mitgenommen: SAP-Verantwortliche müssen informiert und abgeholt werden, was automatisches Testen in SAP bedeutet“, meint Achim Töper (Senior DevOps Solution Specialist | Basis Technologies).

 

Über 80 Prozent setzen auf manuelle Testverfahren

Der geringe Standardisierungsgrad von Regressionstests in Unternehmen passt zur Antwort auf die nächste Frage: Wie etabliert ist das automatisierte Testen in der SAP-Umgebung? Zwei Drittel (61 Prozent) testet komplett, weitere 20 Prozent überwiegend manuell. In Summe entscheiden sich damit 81 Prozent der befragten Unternehmen noch für eine hauptsächlich manuelle und ressourcenintensive Test-Organisation. Der weitaus kleinere Anteil von 7 Prozent nutzt überwiegend eine Automatisierung. Durchgängig automatisiert mit Lösungen von SAP und SAP-Partnern sind nur insgesamt 7 Prozent der Testlandschaften, davon 5 Prozent ausschließlich mit Lösungen von SAP-Partnern.

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Helge-Sanden-IT-OnlinemagazinHelge Sanden, Chefredakteur beim IT-Onlinemagazin, erwartet, dass Testautomatisierung an Bedeutung gewinnen wird: „Bei den IT-Onlinekonferenzen geben sehr viele CIO als Lessons-Learned des S/4HANA-Umstiegs an, dass sie die Testaufwände (teilweise massiv) unterschätzt haben. Wer bereits Testautomatisierung etabliert hat, ist fein raus. Wer noch überwiegend oder komplett manuell testet, wird bei steigender Releasefrequenz und Prozess-Komplexität schnell an Kapazitätsgrenzen stoßen.“

 

Geringes Risikobewusstsein in Unternehmen

Fragt man nach dem Warum, wenn Unternehmen auf Regressionstests verzichten, klingen die Antworten erst einmal selbstsicher (Mehrfachantworten waren erlaubt): 24 Prozent halten die Aufwände für geringer. 22 Prozent geben sogar an, bereits genau zu wissen, was zu testen ist. 12 Prozent sind überzeugt, ohne Regressionstests die Qualitätsziele zu erreichen, 8 Prozent erfüllen ohne Regressionstest die regulatorischen Anforderungen. Weitere 10 Prozent halten mögliche Fehler im Produktivsystem für nicht geschäftskritisch. 7 Prozent gehen davon aus, mögliche Seiteneffekte im Vorfeld zu (er)kennen. Ein kleiner Anteil von 4 Prozent testet nur selten und hat dadurch ausreichend Zeit zur Verfügung.

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Mark_Albrecht-Basis-TechnologiesDennoch weiß mehr als ein Drittel (36 Prozent) schlicht nicht, warum keine Regressionstests eingesetzt werden.

„Die Qualität größerer Softwareauslieferungen steht und fällt mit einer umfangreichen Impact-Analyse und Teststrategie, die einfach zu handhaben sind und Hand in Hand laufen“, meint Mark Albrecht (Chief Revenue Officer | Basis Technologies).

 

Wunsch nach mehr Effizienz und Ressourcen

Auf die Frage, welche Gründe für automatisierte Tests sprechen, stehen eindeutig mehr Produktivität und Entlastung im Vordergrund (Mehrfachantworten waren erlaubt): Knapp die Hälfte antworteten, dass sie effizienter werden und die Aufwände für manuelle Tests senken möchten (49 Prozent), fast genauso viele (45 Prozent) sehen Vorteile in der Entlastung der Teams und der Abdeckung von raren oder nicht verfügbaren Skills und weitere 38 Prozent möchten mit Automatisierung schneller werden im Testen.

Mehr als ein Drittel sieht die bisherigen Methoden und Werkzeuge als veraltet an und möchte sich zukunftssicher aufstellen. Überraschend: Nur 13 Prozent sehen automatisierte Tests als Pflicht zur Dokumentation an, weil sie reguliert sind.

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Fazit: SAP-Testautomatisierung hat Nachholbedarf

Das automatisierte Testen von SAP-Lösungen mit softwaregestützten Prozessen scheint trotz Sicherheitsrisiko, Produktivitätsverlust und Ressourcenmangel immer noch nicht in Unternehmen angekommen zu sein. Mit mehr als 80 Prozent testen den Großteil der SAP-Auslieferungen noch manuell.

Der Mehrwert in Sachen Fehlerreduzierung, Zeitersparnis und Qualitätssicherung erscheint vielen Unternehmen noch nicht klar greifbar. Denkbar ist hier fehlendes Wissen um die Vorteile, denn deutlich wurde auch: Der Wunsch nach mehr Effizienz, Entlastung und Qualitätssicherung ist groß.

Wie bauen Unternehmen Testautomatisierung auf? Mögliche Wege dahin führen immer über Menschen nicht Technologien.

„Um nachhaltig Testautomation einzuführen, müssen die Unternehmen nicht nur die konkrete technische Ausgangssituation betrachten, sondern auch die Menschen von Anfang an mit einbeziehen“, empfiehlt Ursula Beiersdorf (Testmanager und Podcast-Host „Testschnack“).

 

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