Es ist absehbar, dass nicht alle SAP-Kunden den vollständigen S/4HANA-Umstieg bis Ende 2027 abschließen werden. Am 31.12.2027 endet jedoch die Standardwartung wichtiger SAP-Lösungen der SAP Business Suite, insbesondere SAP ERP 6.0 (SAP ECC), SAP CRM, SAP SCM, SAP SRM und SAP IDM.
SAP-Anwenderunternehmen müssen einige Voraussetzungen erfüllen, um die verlängerte Wartung „Extended Maintenance“ bis Ende 2030 in Anspruch nehmen zu können. Ab 2028 wird es für SAP-Kunden aber nicht nur teurer. Sie werden auch aufpassen müssen, mit veralteten Produkten nicht den Anschluss zu verlieren.
Voraussetzungen für SAP Extended Maintenance
Angeboten wird Extended Maintenance für die Kernapplikationen und Add-Ons der folgenden Produkte:
- SAP ERP 6.0 (Enterprise Ressource Planning)
- SAP CRM 7.0 (Customer Relationship Management)
- SAP SCM 7.0 (Supply Chain Management)
- SAP SRM 7.0 (Supplier Relationship Management)
- SAP IDM 8.0 (Identity Management)
Alle Kunden mit einem bestehendem Wartungsvertrag erfüllen die Voraussetzung für Extended Maintenance. Technisch wird eines der jeweils drei neuesten SAP Enhancement Package (EhP) vorausgesetzt. Für SAP ERP 6.0 beispielsweise entweder EhP 6, EhP 7 oder EhP 8.
Die Upgrades auf unterstützte Enhancement Packages sind vorher abzuschließen, am besten spätestens im Laufe des Jahres 2025: Anderenfalls fällt man mit älteren Enhancement Packages der Business Suite bereits Ende 2025 in die Customer Specific Maintenance.
Extended Maintenance nur für SAP-Gesamtlandschaft
Extended Maintenance kann beim Account Executive bzw. Partner angefragt werden, wenn man einen bestehenden Wartungsvertrag hat. Extended Maintenance kann nur für die Gesamtlandschaft aller betroffenen Produkte gekauft werden, nicht nur für Teile.
Wenn ein Kunde Extended Maintenance nicht abschließt, fällt der Kunde mit allen Systemen der relevanten Produkte in seiner Landschaft automatisch in Customer Specific Maintenance.
Kosten der SAP-Wartung nach 2027
Extended Maintenance kostet zwei Prozent zusätzlich auf die Wartungsbasis aller vom Kunden gekauften Produkte, für die Extended Maintenance verfügbar ist. Das betrifft die Kernapplikationen und Add-ons. Dies ist unabhängig davon, ob eine RISE- oder GROW-Subscription beauftragt wurde oder wird.
Die Marktforscher von Gartner haben ermittelt, dass erst 36 Prozent der SAP-Kunden eine S/4HANA-Lizenz erworben haben und nur 27 Prozent S/4HANA zumindest in Teilbereichen im Betrieb haben. Wir möchten ein Stimmungsbild ermitteln, ob die SAP-Community mit der Nutzung der erweiterten Wartung kalkuliert oder den Umstieg bis Ende 2027 abgeschlossen hat. Bitte machen Sie mit – mit einem Klick sehen Sie, was die anderen Unternehmen planen:
Was passiert mit der SAP-Wartung nach 2030?
Am 31.12.2030 endet die Verfügbarkeit der Extended Maintenance. Zu diesem Zeitpunkt enden dann auch Extended Maintenance-Verträge. Danach ist nur noch Customer Specific Maintenance verfügbar.
Darüber hinaus ist anzumerken, dass dann auch bestimmte Third-Party-Komponenten, die nicht unter der Kontrolle von SAP stehen, wegfallen könnten. Spätestens zum 31.12.2030 sollten SAP-Kunden deshalb den Umstieg zu RISE oder GROW durchgeführt haben und SAP S/4HANA einsetzen.
Welche Fragen sollten sich CIO zur Wartung stellen?
SAP-Kunden, die eine erweiterte Wartung nach 2027 in Betracht ziehen, sollten sich folgende Fragen stellen:
Voraussetzungen erfüllt: Sind alle technischen Voraussetzungen für die erweiterte Wartung bereits erfüllt oder welche zeitlichen und kommerziellen Aufwände sind im Vorfeld nötig?
Strategie und Zukunftsplanung: Wie sieht der langfristige Plan für die Migration auf SAP S/4HANA aus und wie passt die erweiterte Wartung in diesen Plan?
Verpasste Innovationspotenziale: Welche Innovationen und technologischen Fortschritte könnten während der erweiterten Wartungsperiode verpasst werden? Die SAP-Entwicklung konzentriert sich auf S/4HANA Cloud.
Kosten-Nutzen-Analyse: Sind die zusätzlichen Kosten für die erweiterte Wartung gerechtfertigt im Vergleich zu den Vorteilen, die sie bietet? Will man mehr Zeit für den S/4HANA-Umstieg erkaufen?
Geschäftsprozessoptimierung: Welche Schritte können unternommen werden, um Geschäftsprozesse zu standardisieren, Cloud-ready zu machen und die IT-Landschaft vor einem Wechsel auf S/4HANA zu harmonisieren?
Risikomanagement: Welche weiteren Risiken bestehen bei einer Verlängerung der Wartung und wie können diese minimiert werden? Beispiele sind: Sicherheitsbedenken, Wettbewerbsnachteile durch technologische Rückständigkeit, Integrations- und Kompatibilitätsprobleme, Ressourcenbindung an veraltete Lösungen und eine weitere Verzögerung der Transformation.
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SAP-Wartung: Bewertung und Fazit
Die erweiterte Wartung wird definitiv teuer, weil ein Aufschlag von zwei Prozent für die SAP-Gesamtlandschaft fällig wird. Sie kann aber indirekt noch um ein Vielfaches teurer werden, wenn man den technologischen Anschluss und die Wettbewerbsfähigkeit verliert. Wer die Hoffnung hat, dass mit weiterer Wartezeit die Migration vielleicht irgendwann einfacher – am besten mit Toolunterstützung auf Knopfdruck – möglich ist, wird enttäuscht werden.
Eine fundierte, faktenbasierte Entscheidung über den Nutzen der Extended Maintenance für SAP ERP ist daher zwingend nötig – am besten sofort, weil man gegebenenfalls noch Vorarbeiten erledigen muss, die auch nicht unaufwändig sein könnten.
Ferner beklagen schon heute SAP-Kunden fehlende interne Ressourcen für die notwendige Transformation und den oft aufwändigen S/4HANA-Umstieg. Es ist nicht zu erwarten, dass diese Situation besser wird, wenn nach 2027 weitere Babyboomer im Ruhestand und diese erfahrenen Mitarbeitenden nicht mehr greifbar sind. Auch die Beratungskapazitäten dürften mehr und mehr zum kritischen Flaschenhals werden, je länger man mit dem Umstieg wartet.
Wer weiter warten möchte, muss die Migration trotzdem irgendwann machen – und dürfte einen hohen bis sehr hohen Preis für diese Wartezeit zahlen.
Ergänzung von Michael Bloch (DSAG)
Michael Bloch (Lizenz-Experte und DSAG-Fachvorstand) machte nach Veröffentlichung des Artikels auf LinkedIn wichtige Ergänzungen, die wir am 19.04.24 in diesem Beitrag ergänzt haben:
„Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass die DSAG sich zu dem Thema nach wie vor in intensiven Diskussionen mit der SAP befindet – aus meiner Sicht ist hier also auch noch nicht das letzte Wort gesprochen. Die Berechnungslogik unterscheidet sich teilweise deutlich und insbesondere in Landschaften, bei denen hauptsächlich mit dem Werkzeug der Produktkonvertierung gearbeitet wurde, sind noch einige Fragen zu klären.
Last but not least: man kann auch mit S/4HANA in die Extended Maintenance geraten, wenn man ein älteres Release verwendet. Das ist auch Teil der Gesamtherausforderung.“
Die DSAG ist sich nach Angaben von Michael Bloch der Kritikalität des Themas bewusst und aktuell mit der SAP im Dialog dazu. Das IT-Onlinemagazin wird berichten, wenn es hierzu Neuigkeiten gibt.