Zeitgemäße HR- und IT-Strategien für SAP-Kunden

Wo es Handlungsbedarfe in den HR-Prozessen, den Personalsystemen, der IT-Landschaft und in der eigenen Organisation gibt, haben die letzten 24 Monate und Pandemie-Bedingungen schonungslos aufgedeckt. Auch die Neubesetzung offener Stellen wird in vielen Branchen aufgrund geänderter Rahmenbedingungen und des demografischen Wandels zunehmend schwieriger, aufwändiger und teurer.

Wir fragten Hermann-Josef Haag (DSAG-Fachvorstand Personalwesen & Public Sector) nach seinen Beobachtungen, Herausforderungen der SAP-Kunden und seinen Empfehlungen für die Aktualisierung der HR- und IT-Strategien im SAP-Kontext.

Das Themengebiet wird bei den DSAG-Personaltagen (21.-22. Juni 2022) in Berlin ausführlich erörtert. Am 26. April sind Hermann-Josef Haag und René Schumann (Chief Product Strategy Manager Paying, Rewarding and Core Administration | SAP SuccessFactors) Gäste im IT-Onlinemagazin HR-Livestream und diskutieren über aktuelle HCM-Trends, laufende Vorhaben und die SAP-Produktstrategie.

 

Herr Haag, was beobachten Sie aktuell in Personalabteilungen, was hat sich in den letzten 24 Monaten verändert?

Hermann-Josef Haag: Die Pandemie hat insbesondere Einfluss auf die Arbeitsformen genommen. Gerade in den Branchen, in denen Homeoffice möglich war, hat sich einiges getan. Zudem haben sich Prozesse insbesondere im Rahmen der Digitalisierung stark verändert. Viele papiergebundene Abläufe wurden digitalisiert.

 

Wurden die Probleme durch den demografischen Wandel verstärkt?

Der demografische Wandel ist nicht neu. Bereits jetzt beginnen die Ruhestandswellen der sogenannten Baby-Boomer, die zwischen 2025 und 2035 in Rente oder Pension gehen. Das heißt: Man muss jetzt dringend mit der qualitativen Nachbesetzung und dem Know-how-Transfer beginnen.

Viele ältere Mitarbeitende bekommen aktuell Angebote zu verlängern und mit Ende 50, Ende 60 finden noch Jobwechsel statt. Dadurch entstehen Teams aus Jung und Alt die einen Mehrwert schaffen. Das ist ein positives Signal, das wir mitnehmen sollten.

 

Welche Anforderungen an die SAP-Lösungen gewinnen durch die Veränderungen an Bedeutung?

Hermann-Josef Haag DSAGWer SAP-Lösungen auf einer Cloud-Basis einsetzt, muss das natürlich dürfen, also die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen gegeben sein. Das gilt auch für alle Non-SAP-Lösungen. Dann ist es wichtig, dass die angebotenen Funktionalitäten den jeweiligen Branchen entsprechen.

Insbesondere im Personalwesen gibt es viele Besonderheiten, wie beispielsweise individuelle Vereinbarungen mit Personalräten. Dementsprechend müssen die IT-Lösungen die angemessenen Gestaltungsmöglichkeiten und Flexibilität bieten. Wir sprechen hier von Berechnungs- und Arbeitszeitmodellen, Zulagen, Boni, Schichtplänen, also einem sehr komplexen Feld, das von standardisierten Lösungen nicht komplett abgedeckt werden kann.

 

Deutsche Payroll in der Cloud?

Der allgemeine IT-Trend geht zu hybriden Systemen. Das Zusammenspiel von Cloud- und On-Premise-Systemen und SAP- und Non-SAP-Lösungen muss — oft mühsam — organisiert werden. Wie ist die Situation in den HR-Systemen?

Stand heute sind wesentliche Abrechnungsfunktionen wie die klassische Payroll nur On-Premise verfügbar. Das bisherige On-Premise-HCM ist zwar auch in der Cloud zu beziehen, aber es ist nicht im gleichen Maße anpassbar, wie die On-Premise-Variante.

Das heißt: Die komplexen Prozesse im Bereich der Steuer und Sozialversicherung sind noch nicht in dem Maße in der Cloud angekommen, wie beispielsweise das Recruiting und Learning. Letztere sind sowohl On-Premise als auch in der Cloud integrierte Szenarien. Da hat SAP bereits viel dafür getan. Gleiches gilt für die Integration der Payroll und SuccessFactors Employee Central. Raum für Verbesserungen gibt es jedoch an der einen oder anderen Stelle immer.

… und wo liegen die besonderen Herausforderungen?

Die Herausforderung besteht u.a. darin, zu klären, welches System das führende sein soll, wer welche Daten überschreiben kann und wo die Daten mit der höchsten Relevanz liegen. Das muss synchronisiert werden und Synchronisation geht immer mit höherer Komplexität einher. Zudem besteht in derartigen Szenarien immer die Gefahr, dass Daten durch das Überschreiben verloren gehen oder Informationen verändert werden.

Eine weitere Herausforderung geht mit der Integration von Non-SAP-Systemen einher. SAP muss ich in dem Zusammenhang zugutehalten, dass sie den hohen Anspruch hat, eine New-Generation-Payroll auf dem Markt zu bringen. Große Mitbewerber von SAP haben bereits angekündigt, keine deutsche Payroll im Cloud-Umfeld zu entwickeln.

Die sehr komplexen lokalen Anforderungen in Deutschland sind aber eben nur eine einzige Payroll. Daneben bildet die SAP-HCM-On-Premise-Lösung dutzende andere Länder ab, mit ihrem individuellen Steuerrecht, ihren Sozialversicherungsthemen, ihrem Meldewesen und vielem mehr, also viele weitere Payrolls. Für die Non-SAP-Systeme heißt das, auch hierfür müssen Integrationsszenarien, z. B. für die Payroll, entwickelt werden. Dabei sind Kunden auch auf Partner und Beratungshäuser angewiesen sein, die bei der Umsetzung unterstützen.

 

Was bringt SAP H4S4?

Die SAP-Community wartet gespannt auf das dritte Quartal 22: H4S4 (HCM for S/4HANA On-Premise Edition), also ein in S/4HANA integriertes HCM. Wer sollte sich diese Lösung und den Migrationspfad genauer anschauen?

Die Erwartungen sind in der Tat hoch. Gut, dass die Unternehmen nach wie vor auf die bestehende On-Premise-Variante setzen können. Denn neben der öffentlichen Verwaltung gibt es weitere Branchen, die Stand heute zum Beispiel SuccessFactors für die Kernprozesse nicht in einer Public Cloud einsetzen können oder wollen, weil das Niveau des Datenschutzes dort extrem hoch ist.

… und die anderen Unternehmen sollten ihre Strategie lieber gleich auf die SuccessFactors-Lösungen ausrichten und umsteigen, sobald die Next-Generation Payroll aus der Cloud verfügbar ist?

Grundsätzlich liegt ja die IT-Strategie des jeweiligen Unternehmens der Umsetzung der entsprechenden Prozesse zugrunde. SuccessFactors bietet bereits sehr viele Möglichkeiten und wird ständig weiterentwickelt, auch im Bereich der Zeitwirtschaft.

Ein bereits wirklich sinnvolles SuccessFactors-Szenario ist das Recruiting, mit dem in der Cloud per Knopfdruck über Soziale Medien, Marktplätze und etablierte Stellenbörsen möglichst viele Menschen erreichbar sind, die als potenzielle Arbeitskräfte gelten könnten.

 

Souveräne SAP-Cloud für sensible Daten?

Sie haben als DSAG dazu beitragen, dass es für die Öffentliche Verwaltung rechtlich möglich werden könnte, Daten in Cloud-Lösungen zu geben. Das Stichwort ist: Souveräne Cloud. Was erwarten Sie diesbezüglich von den Anbietern?

Die Ankündigungen einer rechtlich und technisch souveränen Cloud von Microsoft als Technologie-Anbieter in Kombination mit SAP und Arvato als Betreiber klingt vielversprechend. Jetzt geht es darum, dass das angekündigte Unternehmen zeitnah gegründet wird und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) das Konstrukt überprüft.

Ich erwarte zudem, dass wir als DSAG mit SAP sowie den Partnern im Gespräch bleiben und gemeinsam ein Auge darauf haben, dass ein Angebot entsteht, das sich konkret am Bedarf der möglichen Kunden orientiert.

Wie bewerten Sie „HXM Move“, das SAP-Angebot für die Optimierung und Cloud-Transformation von HR-Lösungen? Für wen ist das relevant und wie finden es die DSAG-Mitgliedsunternehmen?

HXM Move ist der Weg für diejenigen, die planen teilweise oder vollständig in die Cloud zu wechseln. Das muss man ganz klar von S/4HANA unterscheiden. Für die HR-Seite gab es bislang kein spezielles Programm. Für ihre Kunden hatte SAP nur das nicht auf das Personalwesen zugeschnittene allgemeine S/4HANA-Movement-Programm. Durch die SuccessFactors-Cloud-Lösung wird das Ganze nun komplexer. Da SAP mit SAP HCM für S/4HANA On-Premise Edition (H4S4) und SuccessFactors zweigleisig fährt, ist es wichtig für die Unternehmen, sich die jeweiligen Inhalte genau anzuschauen und zu entscheiden, welche Bereiche von SuccessFactors und welche von H4S4 kommen sollen. Um daraus dann letztlich ihre HXM-Strategie zu entwickeln.

HXM Move ist zwar sowohl für Bestandskunden als auch für Neukunden, aber aus meiner Sicht ist es für Neukunden einfacher, da hier auf der grünen Wiese begonnen werden kann. Bei Bestandskunden, die eher in hybriden Szenarien agieren werden, ist das Ganze komplexer.

 

DSAG-Personaltage 2022 in Berlin

Wer sollte die DSAG-Personaltage 2022 besuchen — und warum?

DSAG-Personaltage-22Die Personaltage mit ihrem umfangreichen Informationsangebot richten sich insbesondere an Personalleiterinnen und Personalleiter aber auch an die IT-Verantwortlichen im HR-Bereich. Diese Zielgruppen sollen einen Überblick gewinnen über die aktuellen Themen im HR-Bereich – auch und gerade in Bezug auf die Digitalisierung.

Aufgrund der Pandemie und des demografischen Wandels müssen gegebenenfalls neuen Plattformen aufgebaut oder Prozesse geändert oder digitalisiert werden. Die IT-Architektur der Zukunft im Bereich HR steht folglich ebenfalls auf dem Programm. Nicht zu vergessen die Möglichkeit, sich einen Gesamtüberblick über die aktuelle und zukünftige HR-Welt im Kontext des SAP-Ökosystems zu verschaffen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Helge Sanden, Chefredakteur des IT-Onlinemagazins.

 

Hermann-Josef Haag (DSAG) und René Schumann (SAP SuccessFactors) diskutieren am 26.04. mit Helge Sanden über aktuelle HCM-Trends und die aktuelle SAP-Produktstrategie. Schalten Sie um 11 Uhr ein:

Wie sehen zeitgemäße HR- und IT-Strategien im SAP-Kontext aus?
26.04.2022 um 11 Uhr | Livestream
https://youtu.be/pTHTwJJrceM

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Das IT-Onlinemagazin ist Medienpartner der DSAG-Personaltage 2022.

 

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