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SAP Business Data Cloud (BDC): Gamechanger oder alter Wein in neuen Schläuchen?

Foto: Getty Images, cyano66

 

Die SAP Business Data Cloud (BDC) sorgt gerade in Fachkreisen für merklich Aufsehen. Zu Recht? Wir wollten es genauer wissen und haben mit Timo Rüb (Foto) gesprochen. Im Interview mit dem IT-Onlinemagazin spricht der Head of Innovation (valantic) über Datenprodukte, technische Evolution, alte Bekannte im neuen Gewand und warum Unternehmen jetzt nicht in hektische Betriebsamkeit verfallen müssen.

Integration mit Databricks als Gamechanger

Timo, die SAP Business Data Cloud wird derzeit heiß diskutiert. Was steckt dahinter? Ist sie wirklich revolutionär?

Timo Rüb: Ganz ehrlich, ich war am Anfang skeptisch. Aber je tiefer ich eingestiegen bin, desto klarer wurde: Da passiert tatsächlich etwas Grundlegendes. Die BDC ist der ernsthafte Versuch, wirklich alles, was wir aus dem SAP-Datenuniversum kennen, in eine zentrale Plattform zu bringen.

Das Software-as-a-Service-Angebot verbindet etablierte Tools wie die Datasphere oder die SAP Analytics Cloud mit neuen Bausteinen wie einem zentralen Object Store oder der Databricks-Integration zu einem echten Ökosystem. Man kann sich das vorstellen wie ein Orchester: Die Instrumente sind bekannt, aber gemeinsam spielen sie eine völlig neue Symphonie.

 

Klingt nach einer Zusammenführung bekannter Technologien. Was ist denn wirklich neu?

Timo Rüb-valantic
Timo Rüb, Foto: valantic

Timo Rüb: Der Gamechanger ist die Integration mit Databricks. Damit verschwinden die Grenzen zwischen den SAP-Abteilungen und den Data-Science-Teams. Statt getrennter Silos arbeiten jetzt alle auf einem einheitlichen Datenlayer.

Außerdem übernimmt SAP das Management ihrer Datenprodukte, die nach und nach aus den verschiedenen cloudbasierten SAP-Softwarelösungen entstehen und in der BDC zur Verfügung gestellt werden. Das heißt für Unternehmen: weniger Aufwand, höhere Datenqualität, weniger Fehlerquellen. Und nicht zu vergessen: Das BDC-Cockpit ermöglicht eine zentrale Steuerung aller Komponenten.

 

Was verändert sich denn für Unternehmen ganz konkret durch die BDC?

Timo Rüb: Bei den meisten Kunden sieht es ungefähr so aus: Es gibt ein Data Warehouse, häufig SAP BW, irgendwo On-Premise, vielleicht SAC in der Cloud, dann vielleicht noch Lakehouse Architekturen, wie Databricks, Snowflake oder Cloudera, die eher unstrukturierte Daten verwalten und in einem eigenen separaten Infrastruktur Layer laufen – typische Silos eben. Was heißt das? Redundanzen, manuelle Datenintegrationen, unterschiedliche Datenstände.

Die SAP BDC bringt das alles unter ein Dach mit einer zentralen Datenbasis – strukturiert und unstrukturiert, SAP und Non-SAP – übergreifend, ohne Toolbrüche. Und das Beste: Viele der Datenprodukte sind schon vorstrukturiert, SAP-gemanaged und mit Push-Services aus den Quellsystemen aktuell gehalten.

 

Zentrale Datenplattform ohne viel Migrationsaufwand

Das heißt mit der SAP BDC wird einfach alles einfacher?

Timo Rüb:  Ja, im Prinzip schon – wobei „einfach“ natürlich relativ ist, wenn wir über SAP-Landschaften sprechen. Aber im Vergleich zu vorher ist es ein echter Fortschritt.

Früher musste man sich durch verschiedene Systeme klicken, Custom-Logik bauen, Rechte managen und Metadaten synchronisieren. Mit der BDC gibt es jetzt eine zentrale Steuerung.

Es ist ein bisschen wie der Unterschied zwischen einem Auto mit 20 verschiedenen Knöpfen und einem modernen Dashboard mit einem zentralen Touchscreen. Die Funktionalität ist teilweise dieselbe, aber die Bedienung ist deutlich intuitiver.

 

Klingt gut, aber was heißt das für Unternehmen, die bereits SAP Datasphere oder SAP Analytics Cloud nutzen? Bedeutet die BDC einen großen Migrationsaufwand?

Timo Rüb: Das ist ein wichtiger Punkt: Für bestehende Kunden gibt es keinen riesigen Migrationsschritt. Wir können gemeinsam mit der SAP die bestehende Datasphere oder SAP Analytics Cloud in die BDC überführen, ohne dass große Aufwände entstehen. Die bisherigen Investitionen bleiben also erhalten und können unter dem Mantel der Business Data Cloud weiterverwendet werden.

So gesehen ist die BDC mehr eine Evolution als eine Revolution – aber eine, die am Ende wirklich einen Unterschied macht.

 

Eine der spannendsten Ankündigungen war die Integration von Databricks. Was bedeutet das in der Praxis?

Timo Rüb: Das ist wirklich ein sehr großer Vorteil. Databricks war bisher eher so ein Satellit – sehr mächtig, aber außerhalb des SAP-Kosmos. Wie ein leistungsstarker Sportwagen, den du aber nur auf Seitenstraßen fahren konntest, weil die Hauptautobahn gesperrt war.

Jetzt kannst du die Power von Databricks direkt auf SAP-Daten anwenden, ohne dass du große Datenbewegungen brauchst. Zero Copy nennt sich das: Die Daten bleiben, wo sie sind, werden aber verfügbar gemacht.

Das heißt, Data Scientists können endlich direkt mit SAP-Daten arbeiten, ohne den üblichen Export-Import-Zirkus. Keine CSV-Dateien mehr schubsen. Das eröffnet komplett neue Möglichkeiten für KI und Machine Learning im SAP-Kontext.

 

Starker Anfang in Richtung Datendemokratisierung

Du hast gerade von Evolution statt Revolution gesprochen. Was meinst du genau damit?

Timo Rüb: Die BDC ist eine konsequente Weiterentwicklung. Wenn man die Geschichte betrachtet – vom SAP BW Ende der 90er über BW4HANA und die SAP Data Warehouse Cloud bis zur Datasphere – dann ist die BDC der nächste logische Schritt. Sie bringt das Toolset zusammen und schafft eine offene Datenplattform.

Allerdings muss man auch realistisch sein: Es ist noch ein Weg. Die SAP plant, bis zum Jahresende 500 Managed Data Products zur Verfügung zu stellen, wobei ein Großteil aus S4 und SuccessFactors kommen wird. Andere Produkte werden sukzessive nachziehen.

 

Wenn du einen Wunsch frei hättest – was müsste bei der BDC unbedingt noch kommen?

Timo Rüb: Nur einen? Okay, dann sage ich: Noch mehr automatisierte Datenprodukte aus dem SAP-Kosmos. Die 500 Managed Data Products sind ein starker Anfang – aber da geht noch mehr. Wenn wir irgendwann sagen können: „Einmal klicken – und du hast deine S/4HANA-Finanzdaten analysierbar auf Knopfdruck“, dann haben wir’s wirklich geschafft. Dann sprechen wir von echter Demokratisierung von Daten.

 

Passgenaue Strategien für den Einstieg finden

Für Unternehmen, die jetzt neugierig geworden sind – wie könnten die nächsten Schritte aussehen?

Timo Rüb: Bei valantic bieten wir ein Discovery Package gemeinsam mit der SAP an. Gerade in dieser frühen Phase arbeiten wir sehr eng mit dem Hersteller zusammen. In einem ersten Workshop analysieren wir die individuelle Ausgangslage: Gibt es bereits ein BW-System? Ist es On-Premise? Wird die Datasphere oder die SAC schon genutzt? Auf Basis dieser Bestandsaufnahme entwickeln wir dann gemeinsam eine passgenaue Strategie für den Einstieg in die BDC.

 

Um nochmals zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Ist die BDC aus deiner Sicht ein Gamechanger – oder eher ein cleveres Packaging?

Timo Rüb: Für mich ist es ein Gamechanger – mit Sternchen. Klar, einige Bausteine kennt man. Aber wie sie jetzt zusammengeführt werden, wie sie integriert und nutzbar gemacht werden – das ist neu. Das ist mutig. Und vor allem: Es ist konsequent gedacht.

Es ist wie mit dem iPhone damals – technisch gesehen war vieles nicht neu. Aber wie alles zusammenkam, die Bedienung, das Ökosystem – das hat die Welt verändert. Ich will nicht übertreiben, aber die BDC könnte für die Datenlandschaft in Unternehmen eine ähnliche Rolle spielen.

Ich bin jetzt seit vielen Jahren in dem Business – und selten hatte ich bei einem SAP-Produkt das Gefühl: „Das könnte wirklich den Arbeitsalltag ganzer Teams verändern.“ Bei der BDC ist das definitiv so.

 

Fazit

Die SAP Business Data Cloud ist weit mehr als nur ein neues Label für bekannte Tools. Sie ist der ernsthafte Versuch, Fragmentierung in der Unternehmensdatenwelt zu überwinden – und dabei nicht einfach alles neu zu erfinden, sondern Bestehendes sinnvoll zu vereinen. Statt Silos, Toolbrüche und redundante Prozesse verspricht die BDC eine zentrale, intelligente und steuerbare Datenplattform, die sowohl SAP- als auch Non-SAP-Welten verbindet.

Für Unternehmen bedeutet das: mehr Übersicht, weniger Aufwand – und neue Möglichkeiten für datengetriebene Innovationen. Wer sich heute mit Unternehmensdaten beschäftigt, wird an der BDC kaum vorbeikommen. Und das Beste: Der Einstieg ist einfacher, als viele denken.

Ob Gamechanger oder clevere Evolution – eines ist sicher: die BDC wird vieles verändern.

Über unseren Interviewpartner:

Timo_Rüb
Timo Rüb, Foto: valantic

Timo Rüb ist Member of the Board und Head of Innovation bei valantic – einem führenden IT-Dienstleister für digitale Transformation, SAP und KI-Lösungen. Mit über 20 Jahren SAP-Erfahrung verbindet er technologische Expertise mit Innovationsfreude und treibt die Integration moderner Technologien wie KI und Machine Learning voran.

 

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