
Thomas Pfiester (Head of Global Customer Engagement & Services und Mitglied des Extended Boards der SAP SE) erklärt im Gespräch mit Michael Fuchs (Senior Analyst, IT-Onlinemagazin), warum Cloud-Transformation und die Nutzung von Innovationen für Unternehmen existenziell sind. Er warnt vor den Kosten des „Nicht-Transformierens“, beschreibt Clean Core als strategische Daueraufgabe und zeigt, wie Enterprise-Architekten und KI den Wandel beschleunigen. Sein Appell an CIOs: Jetzt handeln, um auch in fünf Jahren noch wettbewerbsfähig zu sein.
„Die Geschäftstransformation wird ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein“
Michael Fuchs: Thomas, Dein Job-Titel bei SAP ist Head of Global Customer Engagement and Services. Damit ist Deine Aufgabe, die Cloud-Transformation bei den Kunden zu beschleunigen und die Nutzung von SAP-Lösungen und -Innovationen voranzutreiben. Wie erklärst Du einem Entscheider, welchen Unterschied das für den Erfolg seines Unternehmens und Geschäftsmodells machen kann?
Thomas Pfiester: Mir ist wichtig, die Kunden Schritt für Schritt zu einem gemeinsamen, klaren Zielbild zu führen. Transformation ist längst nicht mehr nur eine Option. Auch nicht mit Blick auf die Kostenfrage. Oft sind nicht die Kosten der Transformation das Problem – sondern die Kosten, die entstehen, wenn das Unternehmen nicht transformiert. Denn was kann passieren, wenn ein Unternehmen nicht transformiert? Wo steht es dann vielleicht in fünf Jahren? Wenn ein Unternehmen weder technologisch agil noch kulturell anpassungsfähig ist, kann das im schlimmsten Fall dazu führen, dass es vom Markt verschwindet.
SAP verfügt über ein breites Portfolio und großes Know-how in 25 Branchen. Daher lautet meine Message für einen Entscheider auf Kundenseite: lass uns nach vorne schauen und abschätzen, wo eure Industrie in fünf Jahren stehen wird. Und zu prüfen, ob eure heutige IT und Unternehmenskultur euch auch künftig erfolgreich machen kann – und welche Anpassungen dafür notwendig sind. Denn ich bin überzeugt: Die Geschäftstransformation wird am Ende ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. Und mit unseren Lösungen ist SAP ganz klar ein Enabler für eine schnelle Transformation.
„KI muss zu den Kundenbedürfnissen passen und schnell geschäftlichen Nutzen bringen“
Michael Fuchs: Typischerweise hat es ein CIO nicht leicht bei einem solchen Transformationsvorhaben. Er steht vor einer gewachsenen, heterogenen Systemlandschaft, während SAP als tragende Säulen ihrer Strategie Cloud-first und AI-first propagiert. Wie nehmt ihr CIOs an die Hand, obwohl besagte Heterogenität und das Tagesgeschäft die Transformation in eine Cloud- und Clean-Core-Welt erschweren?
Thomas Pfiester: Also erstmal muss ich unterstreichen, dass mir diese Problematik wohlvertraut ist und ich die Lage der CIOs gut verstehe. Deswegen sehe ich hier auch einen Arbeitsauftrag für die SAP, dem entgegenzuwirken und unsere Kunden zu unterstützen. Wir verstehen, was wir tun müssen.
Beispiele sind Cloud und KI. Hier gab es eine Studie von IDC, die besagt, dass 88 Prozent der KI-POCs bei den Kunden nie in die praktische Nutzung überführt werden, sondern stecken bleiben. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass die SAP-KI-Strategie mit den Bedürfnissen der Kunden übereinstimmt, und dass unsere Lösungen schnell nutzbar sind. Ein CEO kann kein Dreijahresprogramm machen, um KI einzuführen – das muss agil und schnell passieren, und es muss schnell einen geschäftlichen Nutzen zeigen. Aus diesem Grund haben wir bisher ca. 300 KI-Szenarien entwickelt, die sich schnell einsetzen lassen. Als SAP nehmen wir die Verantwortung ernst, system- und lösungsseitig Agilität und Fast-Deployment-Möglichkeiten bereitzustellen. Und natürlich müssen wir als SAP gemeinsam mit unserem Partner-Ökosystem diese Einführungs-Roadmap gestalten und umsetzen.
„Clean Core gelingt nur mit einer durchgängigen Toolchain“
Michael Fuchs: Welche Tools sind das?
Thomas Pfiester: Wir haben beispielsweise die Projektmethodik durch RISE with SAP erweitert und klare Qualitätsmaßstäbe geschaffen. Dabei führen wir gemeinsam mit dem Kunden und dem Implementierungspartner Systemmessungen durch. Diese zeigen, wie viele individuelle Erweiterungen existieren und wie viele davon zurück in den Standard überführt werden können.
Der Clean Core beginnt beim Geschäftsprozess. Weichen die Prozesse eines Kunden stark von den Branchenstandards ab, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Core nicht clean ist. Mit SAP Signavio unterstützen wir Standardisierung und Prozessharmonisierung, auch KI-basiert. Mit SAP LeanIX als Enterprise-Architecture-Tool und der Integration mit SAP Signavio haben wir zudem eine Verbindung geschaffen, um Geschäftsprozesse sauber in Unternehmensfähigkeiten umzusetzen. Und über unser Cloud Application Lifecycle Management kann der Clean Core gemessen und weiterentwickelt werden – das ist zusammen mit WalkMe, unserer Digital Adoption Plattform, unsere integrierte Toolchain.
„Unsere Enterprise Architekten zeigen ein klares Zielbild für die Transformation auf“
Michael Fuchs: Du hast eben RISE with SAP erwähnt. Struktur, Vorgehen, Methodik ist wichtig, aber der Mensch bleibt der Übersetzer, daher arbeitet ihr heute viel mit Enterprise Architekten. Warum ist diese Rolle aus deiner Sicht so wichtig und was macht ein Enterprise Architekt anders als ein klassischer Berater?
Thomas Pfiester: In Deutschland ist der Enterprise Architekt eine der meistgefragtesten Rollen. Wir arbeiten in der Regel in einer heterogenen System-Landschaft mit Cloud-Lösungen, sowie mit branchen- oder fachbereichsspezifischen Nischenlösungen. Das kann man irgendwie zusammenstückeln – aber dann läuft man wieder Gefahr, den Clean Core zu gefährden. Um das alles sauber über Enterprise-, Daten- und Integrationsarchitekturen zu verbinden, dafür braucht es erfahrene Enterprise Architekten.
Deshalb stellen wir unseren großen RISE-Kunden einen Enterprise Architekten zur Seite. Und der Erfolg gibt uns recht: wir haben über 50 Referenz-RISE-Kunden, die sagen, dass sie mithilfe unseres Enterprise Architekten klare Mehrwerte in der Transformation erzielt haben. Die Architekten helfen, den Status der jeweiligen IT-Landschaft aufzunehmen und ein Zielbild zu formulieren. Damit schließt sich der Kreis zu meinem Statement am Anfang unseres Gesprächs: wir nehmen die Entscheider mit, indem wir ein klares Zielbild und eine Transformations-Roadmap aufzeigen, die vom Status quo direkt zum angepeilten Resultat führt.
„Auch bei Betrieb und Implementierung der IT lässt sich mit KI viel erreichen“
Michael Fuchs: Noch einmal zurück zu AI. Wie wird sich Deiner Einschätzung nach KI auf die Implementierung auswirken? Werden Projekte kürzer, weil sich Tätigkeiten automatisieren lassen?
Thomas Pfiester: KI ist eine der sich am schnellsten entwickelnden Technologien. Was du heute machst, ist morgen schon Standard. Bei der Implementierung von SAP-Systemen können wir mit KI enorm viel erreichen. Und vor allem auch im Betrieb, denn dort liegt ein großer Teil der Kosten, die ein CIO für die IT aufbringen muss.
Darum haben wir mit RISE gesagt: Wir nehmen Infrastruktur und Betrieb mit in unser SAP-Angebot. Mit Hilfe von Hyperscalern können wir vieles automatisieren. Konfigurations-Guides und Code-Generatoren sorgen dabei für Clean-Core-konformen Code. Projekte werden dadurch meiner Überzeugung nach nicht nur schneller und kosteneffizienter, sondern auch qualitativ besser.
In einem zweiten Interview sprechen Michael Fuchs und Thomas Pfiester darüber, wie sich die Karriere Werdegang von Thomas Pfiester bei SAP entwickelt hat – vom Werkstudent bis zum Mitglied des erweiterten Vorstands. Zum Interview
Thomas Pfiester: Das ist einfach: Ich habe als Berater angefangen, um Kunden zu unterstützen. Wenn in 12 Monaten alle Kunden von SAP erfolgreich auf ihrer RISE with SAP Transformationsreise weitergekommen sind, habe ich meinen Auftrag erfüllt und das erreicht, was ich unseren Kunden gegenüber als meine Aufgabe sehe.
Michael Fuchs: Thomas, ganz herzlichen Dank für Deine Zeit.