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DSAG-Jahreskongress 2025: SAP-Vision trifft Kunden-Realität

DSAG Fahnen
Foto: IT-Onlinemagazin

Auch in diesem Jahr war sie wieder sichtbar auf dem Jahreskongress der Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG): die Kluft zwischen Vision und Wirklichkeit. Der Anspruch, SAP-Landschaften grundlegend zu transformieren, trifft vielerorts auf die harte Realität: wirtschaftlich schwierige Rahmenbedingungen, Ressourcenmangel und fehlendes Know-how für die neue SAP-Cloud-Welt. Investitionen müssen sich rechnen. Die Diskussionen drehten sich daher vor allem um den darstellbaren Mehrwert einer Cloud-Transformation, wie auch DSAG-Vorstandsvorsitzender Jens Hungershausen mehrfach betonte.

 

Cloud-Architektur ist die Basis – KI das Ziel

SAP hat die technologische Grundlage definiert: eine Business Suite mit neuer Cloud-Architektur, Clean Core ohne Altlasten, kontinuierliche Innovationen und eine Business Data Cloud für kontextbasierte Datenvernetzung. Die Cloud wirkt nun wie das Fundament, auf dem sich der nächste Technologiesprung abspielt: Durchgängige Geschäftsprozesse mit künstlicher Intelligenz. Dafür will SAP laut Vorstand Thomas Saueressig bis Ende des Jahres 400 AI Use Cases und 60 KI-Agenten liefern.

„Die Cloud ist gesetzt und Basis für das ERP der Zukunft bei SAP mit künstlicher Intelligenz im Zentrum. Jetzt geht es um ein neues Level von intelligenten Kernprozessen, das noch zu liefern ist. Die Erwartungen sind hoch.“  

Maike Rose
(Geschäftsführerin & Chefredakteurin IT-Onlinemagazin)

Dennoch bleibt das Thema aktuell mehr Hype als konkret messbarer Business-Mehrwert. In den eigentlichen Kernprozessen ist KI noch nicht angekommen, lautet an vielen Stellen eine kritische Einschätzung auf dem Kongress. Zugleich sind weitere Tendenzen deutlich sichtbar: Unternehmen entwickeln vermehrt individuelle KI-Erweiterungen und integrieren sie in ihre SAP-Landschaften.

Eine der großen Fragen ist: Wann kommt die erste disruptive Mehrwert-Wende durch SAPs AI-Strategie? Fest steht: SAP investiert intensiv in diesen Bereich. Mit der Cloud-Architektur, Clean Core und der SAP Business Data Cloud für grenzenlose kontextbasierte Nutzung von KI in allen Geschäftsprozessen arbeitet SAP an einem mächtigen Zielbild, das die bisherigen Differenzierungsmerkmale von kompletter Integration und Durchgängigkeit in allen Prozessen mit der neuen KI-Welt verbinden soll.

 

Neues Wording: Business Suite als Versprechen

Es lohnt sich an dieser Stelle, einen genaueren Blick auf die seit der Sapphire 2025 veränderte Sprache von SAP zu werfen. Wo früher vom „Umstieg auf SAP S/4HANA“ die Rede war, steht heute die „SAP Business Suite“ und das „Cloud ERP“ im Zentrum – gemeint ist jedoch keine Rückbesinnung auf die alte On-Premises-Welt, sondern eine neue, cloudbasierte Zielarchitektur.

Im Roundtable der SAP-Fachvorstände am zweiten Kongresstag versteht Thomas Henzler die neue Business Suite auch als „Versprechen“. In der On-Premises-Welt stand die Business Suite für hochintegrierte Prozesse und Systeme. Genau diese große Stärke von SAP soll jetzt mit den Vorteilen von Cloud und KI, also leichter Konsumierbarkeit, hoher Standardisierung und kontinuierlicher Innovation verbunden werden.

Dazu passt, dass der rein technologische Begriff S/4HANA jetzt nicht mehr genutzt wird. Die S/4HANA Public und Private Cloud heißen nun SAP Cloud ERP Public bzw. Private.

 

Cloud-Dilemma: Private Cloud bleibt in Zielarchitektur

DSAG-Vorstand Jens Hungershausen
DSAG-Vorstand Jens Hungershausen | Foto: DSAG

Die Cloud-Transformationsrate steigt zwar, aber nur moderat. Laut DSAG-Investitionsreport 2025 betreiben rund 50 Prozent noch ein ECC-System, 42 Prozent S/4HANA On-Premises, 33 Prozent sind in der Private Cloud und 13 Prozent haben die Public Cloud von SAP im Einsatz.

Viele Unternehmen sehen ihre Anforderungen nicht durch die Public Cloud erfüllt – und entscheiden sich daher für die Private Cloud bzw. hybride IT-Systemlandschaften. Die gute Nachricht in der Keynote von DSAG-Vorstandsvorsitzenden Jens Hungershausen: Die Private-Cloud-Variante soll im Zielbild von SAP ebenso anerkannt bleiben wie die Public Cloud – und ebenso wie diese auch zukünftig den Zugang zu sämtlichen Innovationen ermöglichen.

Ob sich damit zwei getrennte SAP-Cloud-Welten etablieren werden und statt nahtlosem Übergang weitere Migrationen hin zur Public Cloud notwendig sind, bleibt abzuwarten. Der Wunsch, zwischen den Varianten technologisch ohne größeren Aufwand wechseln zu können – etwa bei hohem Standardisierungsgrad – ist aktuell noch nicht umsetzbar, so Fachvorstand Thomas Henzler.

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Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Lizenzen. „Wir haben jetzt tatsächlich die Herausforderung, dass die beiden Varianten Public und Private Cloud seit der Sapphire 2025 unterschiedlich lizenziert werden“, kritisierte Fachvorstand Michael Bloch. Beim vielbeworbenen Two-Tier-Ansatz müssen sich Unternehmen also beispielsweise mit zwei verschiedenen Lizenz-Vertragsmodellen für die Cloud in SAP auseinandersetzen.

 

SAP-Lizenzen: Komplexität statt Klarheit

Der Umgang mit SAP-Lizenzen sorgt weiterhin für Unsicherheit. Die Lizenzierung der SAP Business Data Cloud (BDC) beschreibt Michael Bloch als „ernüchternd“ – unterschiedliche Lösungen wie Datasphere oder die Analytics Cloud werden über virtuelle Metriken starr lizenziert, nicht genutzte Mengen verfallen monatlich.

Zudem sind viele angekündigte Datenprodukte außerhalb des BDC-Grundgerüsts kostenpflichtig. Die Informationsfülle mache es SAP-Kunden schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Empfehlung: Im Austausch mit anderen Anwenderunternehmen bleiben und regelmäßig Optimierungspotenzial prüfen.

Auch bei SAPs Business AI fehlt noch eine klare Linie. Die DSAG wünscht sich mehr Transparenz und ein Pay-per-Use-Modell, um auch intensiv genutzte KI-Use Cases wirtschaftlich kalkulierbar zu machen.

 

Wartungsende 2027: Keine Drohkulisse mehr

Thomas Saueressig
SAP-Vorstand Thomas Saueressig | Foto: DSAG

Noch 2023 stand das Wartungsende für SAP ECC 2027 im Mittelpunkt der Debatte – heute ist das Thema spürbar in den Hintergrund gerückt. SAP hat in der Zwischenzeit spürbar nachgelegt für einen einfacheren Weg in die Cloud bzw. eine besser begleitete Roadmapplanung. Der eigens darauf ausgelegte Vorstandsbereich von Thomas Saueressig und das Programm RISE with SAP: Migration & Modernization zeigen Wirkung.

In der Keynote 2025 hingegen stand künstliche Intelligenz im Fokus – nicht mehr die Frage nach Wartungsfristen. Die Cloud-Architektur gilt als gesetzt für alle zukünftigen Innovationen. SAP betonte erneut, dass On-Premises-Systeme (ECC oder S/4HANA) nicht weiterentwickelt oder an SAP Business AI angebunden werden.

Helge Sanden „Das Wartungsende bleibt ein Nadelöhr: Getrieben von Zeitdruck, Komplexität und dem Wunsch nach Risikominimierung wählen viele SAP-Kunden eine Non-Greenfield-Transformation. Damit wartet nach der ersten Hürde noch ein weiter, anspruchsvoller Weg bis zur SAP-Zielarchitektur.“

Helge Sanden
(SAP-Community-Insider)

Trotzdem bleiben Herausforderungen: Vor allem kleine und mittlere Unternehmen haben Probleme mit den rasanten Entwicklungen mitzuhalten – so der Tenor auf dem Kongress. Neben dem wirtschaftlichen Umfeld sind Generationenwechsel und der Bedarf an neuem Know-how zentrale Hürden.

Eine spontane Publikumsabstimmung per Leuchtarmband zeigte: Rund 20 % wollen sicher die erweiterte Wartung nach 2027 in Anspruch nehmen – ähnlich den 613 Stimmen der IT-Onlinemagazin-Umfrage 2024. Der Anteil der geplanten oder bereits umgesetzten Umstellungen scheint jedoch 2025 etwas gestiegen laut Kongress-Publikum im Vergleich zu den rund 40 Prozent der Umfrage.

 

KI-Offensive braucht klare Rahmenbedingungen

SAP rückt künstliche Intelligenz ins Zentrum der Strategie und bleibt konsequent bei einer Cloud-Architektur als technologischem Fundament. Die Cloud ist angekommen, künstliche Intelligenz als Gamechanger für unternehmensweite Geschäftsprozesse angekündigt. Doch noch fehlen an vielen Stellen klare Antworten: Was bedeutet die neue Business Suite konkret für Kunden? Wie gelingt der Übergang zwischen Cloud-Varianten? Wie kalkulierbar ist der Einsatz von KI?  Die Erwartungen an den echten Mehrwert einer Cloud-Einführung bis hin zur Vision einer intelligent automatisierten Prozesswelt sind groß. SAP ist am Zug zu liefern. Gerade entstehen viele KI-Anwendungen durch Drittanbieter, die in Konkurrenz dazu stehen könnten. Gleichzeitig sollten SAP-Kunden die Cloud als gesetzt ansehen und sich mit der eigenen Transformation beschäftigen.

Zentrale DSAG-Forderungen im Überblick

Die Balance zwischen Stabilität und Innovationsdruck bleibt eine Daueraufgabe. Die DSAG formulierte dafür folgende Forderungen:

  • Klare Migrationspfade und konsistente Architekturen für die SAP-Cloud-Transformation
  • Faire und transparente Lizenz- und Rabattmodelle – auch für On-Premises-Kunden
  • Offene Plattformen (z. B. für Partnerlösungen wie Databricks)
  • Handlungsspielräume für individuelle Roadmaps
  • KI für alle – unabhängig von Cloud-Verträgen
  • Transparenz beim KI-Einsatz: Datenbasis, Szenarien, Kosten
  • „Security-by-Design“ bei SAP-Entwicklung und IT-Grundschutz gemäß ISO 27001/NIS2
  • Bessere Kommunikation zu Innovationen, Investitionssicherheit und langfristiger Produktstrategie
  • Einheitliche Governance- und Datenmodelle zur Unterstützung von Compliance und Auditfähigkeit
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