Erfolgsfaktoren bei der S/4HANA-Greenfield-Einführung

Die „Identifizierung von Erfolgsfaktoren für die Neueinführung von SAP S/4HANA und die Ableitung von Handlungsempfehlungen für Entscheidungsträger“ hat Oguzhan Yilmaz im Rahmen seiner Master-Thesis im Studiengang IT Management bearbeitet. Einige seiner Erkenntnisse stellt er der SAP-Community dankenswerter Weise über das IT-Onlinemagazin zur Verfügung.

Wir fragten Oguzhan Yilmaz nach seinem Werdegang im SAP-Umfeld, nach den wichtigsten Ergebnissen seiner Master-Thesis und wie er sie für seine jetzige Tätigkeit nutzt.

 

Herr Yilmaz, wann hatten Sie die ersten Berührungspunkte mit SAP und wie war Ihr weiterer Werdegang?

Oguzhan-Yilmaz-SAPOguzhan Yilmaz: Meine ersten Berührungspunkte mit SAP hatte ich während meiner Ausbildungszeit im Jahre 2012. Zu Beginn meiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann strebte mein damaliger Ausbildungsbetrieb die Neueinführung von SAP ECC 6.0 an. In diesem Zuge waren helfende Hände notwendig, um beispielsweise Fleißarbeiten für die Datenmigration durchzuführen.

Durch diese Tätigkeiten und meine Affinität zur IT entwickelte ich mich zum Key-User und erlernte die betriebswirtschaftlichen Aspekte der Ausbildung anhand der SAP-Neueinführung.

 

Best-Practices zur Neueinführung von S/HANA

Wie haben Sie das Thema Ihrer Masterarbeit gefunden?

Die Grundidee für das Thema hatte ich bereits zu Beginn meines Masterstudiums im Hinterkopf, da ich zu dieser Zeit bereits an einigen S/4HANA-Projekten mitwirken durfte. Obwohl jedes dieser S/4HANA-Projekte aufgrund verschiedenster Merkmale (wie bspw. Unternehmenskultur, Branche, etc.) eine eigene Dynamik hatte, ließen sich dennoch kritische Gemeinsamkeiten erkennen, die über den Erfolg dieser Projekte entschieden haben.

Ebene jene Erfolgsfaktoren wollte ich anhand meiner Forschungsarbeit identifizieren, um insbesondere Unternehmen, die noch vor der S/4HANA-Neueinführung stehen, mögliche Handlungsempfehlungen als Hilfestellung an die Hand zu geben.

 

Welchen Fokus hatte Ihre Masterarbeit?

Ich habe primär Erfolgsfaktoren für Neueinführungen untersucht und zusätzlich stand das Betriebsmodell On-Premises im Fokus des praktischen Teils der Arbeit. Das finale Ergebnis sind Handlungsempfehlungen für Entscheidungsträger eines Unternehmens, um die identifizierten Erfolgsfaktoren im Rahmen einer S/4HANA-Neueinführung berücksichtigen zu können.

 

Weshalb haben Sie diesen spezifischen Forschungsrahmen gewählt?

Ich wurde in der Vergangenheit hauptsächlich mit dem Greenfield-Ansatz konfrontiert und zudem sehe ich bei diesem Ansatz die größten Innovationsmöglichkeiten. Hinsichtlich des Betriebsmodells repräsentierte die On-Premises-Variante von S/4HANA die Maximalausprägung unter den S/4HANA-Varianten.

 

Handlungsempfehlungen für SAP-Entscheider

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse Ihrer Untersuchungen?

S/4HANA UmstiegIch habe zentrale Aspekte zum Projektvorgehen untersucht und jeweils Erfolgsfaktoren abgeleitet. Daraus sind in Summe 9 zentrale Handlungsempfehlungen geworden und es ist schwierig, einzelne Punkte herauszuheben. Aber ich nenne Ihnen gerne drei Beispiele:

Ich sehe die Involvierung von externen Ressourcen als obligatorisch und nicht als optional an. Code-Modifikationen sollte man vermeiden oder durch einen Freigabe-Prozess regulieren. Weiteres Beispiel ist die Fokussierung auf übergreifende Systemtests — und diese nicht mit Anwendertrainings zu verbinden.

 

Hat Sie etwas besonders überrascht?

Im Rahmen der Forschungsarbeit habe ich die theoretischen Erkenntnisse anhand von Experteninterviews validiert. Die selektierten Experten hatten allesamt Erfahrungen mit S/4HANA-Neueinführungen.

Jeder der Experten bestätigte und betonte, dass ein zentraler Erfolgsfaktor durch das „Changemanagement“ abgebildet wird, welches ich ebenfalls unterschreiben würde. Jedoch wird n. m. E. dieser Erfolgsfaktor in der Praxis meistens unterschätzt und vernachlässigt. Aus meiner praktischen Brille überraschte mich dies in meinen bisherigen S/4HANA-Projekten.

 

Wie nutzen Sie diese Erkenntnisse als Senior Enterprise Architect?

Ich versuche die Erkenntnisse in meine tägliche Arbeit einfließen zu lassen. Zuletzt habe ich die Ergebnisse in der Formulierung unserer Architektur-Prinzipien berücksichtigt. Ein konkretes Beispiel ist das Architektur-Prinzip „Stick close to Standard“:

Wir streben an, die ausgelieferten Standardfunktionalitäten von Unternehmenslösungen zu nutzen, wollen uns an Best-Practices anlehnen und nicht den Standard an unsere Belange anpassen. Dies gilt gleichermaßen für unser SAP S/4HANA-System.

 

Warum S/4HANA Greenfield?

Jedes fünfte Unternehmen wählt den Greenfield-Ansatz — wie bewerten Sie das?

SAP-Greenfield-Brownfield-selektiv-2021Diese Quote überrascht mich nicht, da der Greenfield-Ansatz zum einen sehr zeitintensiv ist und zudem einen deutlich höheren Ressourcen-Aufwand voraussetzt. Besonders Unternehmen, die vor einigen Jahren ein neues SAP ECC-System eingeführt haben, werden eher zum Brownfield-Ansatz tendieren, da hier in der Regel ein „sauberes“ und modernes SAP ECC-Vorgängersystem vorliegt.

Allerdings eignet sich der Greenfield-Ansatz insbesondere für Unternehmen, die sich komplett neu ausrichten wollen, um beispielsweise ihre Prozesse vollumfänglich neu zu definieren.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Helge Sanden, Chefredakteur des IT-Onlinemagazins.

 

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