DSAG-Event bringt Klarheit — aber auch neue SAP-Fragen

DSAGTT24Was waren die wichtigsten Erkenntnisse der DSAG-Technologietage 2024 in Hamburg? SAP-Kunden fordern vom Hersteller SAP eine Zukunfts-, Planungs- und Investitionssicherheit. Das ist insbesondere für die Konsolidierung und Modernisierung der gewachsenen IT-Landschaften nötig, da jetzt richtungsweisende Entscheidungen für die nächsten Jahre bis Jahrzehnte getroffen werden.

„Wird wirklich niemand zurückgelassen?“, formulierte DSAG-Technologievorstand Sebastian Westphal daher die Kunden-Befürchtung, mit den bisherigen On-Premises-Lösungen nicht mehr von SAP-Innovationen partizipieren zu können. Die Antwort muss sich jeder selbst geben — SAP hat vor Jahren eine S/4HANA (On-Premise) Wartungsverpflichtung bis mindestens 2040 gegeben. Helge Sanden hat versucht, wichtige Kernerkenntnisse zusammenzufassen.

 

Künstliche Intelligenz (AI / KI): Wie mit SAP nutzen?

SAP Business AIKI-Prototypen und KI-Ideen gibt es bereits viele, das zeigte auch der begleitende DSAG-Hackathon. Aber wie ist KI/AI in der Praxis wirklich anwendbar? Es bleibt noch vage:

Das in Hamburg gezeigte „Joule“-Copilot-Beispiel verknüpfte Flugdaten mit Business-Kontext und verfügbaren Urlaubstagen aus SuccessFactors, um einen Business-Trip zu verlängern. Nettes Gimmick und typischer Entwickler-Use-Case, aber (noch) nicht der skalierbare Business-Nutzen, wenn man mich fragt. Hier hat SAP viel für die nahe Zukunft angekündigt, Handelsblatt-Kollege Christof Kerkmann hat erläutert, warum SAP bei KI bisher mehr ankündigt als liefert.

Die Voraussetzungen für die KI-Nutzung mit SAP sind indes gelegt: Business-Informationen kann man über SAP Datasphere aus dem ERP und dem SAP Data-Warehouse BW beziehen. Die SAP HANA Cloud Vector-Engine erlaubt die Ergänzung und Anreicherung von öffentlich trainierten LL-Modellen mit individuellen, internen Daten aus SAP-Quellen über die SAP BTP, was überhaupt erst „Business AI“ ermöglicht.

Ganz billig dürfte der Spaß nicht werden, da das Anlernen und die Nutzung über die Services „Data Products“ und „BW Bridge“ und SAP BTP-Credits abgerechnet werden. Auf die Frage, ob die Kommunikation mittels natürlicher Sprache (zum Beispiel mit Joule) zukünftig Dashboards überflüssig mache, erwartet DSAG-Vorstand Jürgen Müller keinen Wettbewerb, sondern eine Koexistenz beider SAP-Angebote.

 

Wer soll AI-Lösungen mit SAP bauen?

Aus unserer Sicht fehlen am Markt AI-Architekten und Fachkräfte, die Business AI-Lösungen konzipieren und implementieren können. Neben der Technologie und sind vielschichtige Fragen, beispielsweise zur Governance und Kontrolle und auch zu den Nutzungsgebühren, zu klären. Im Zweifel muss man einem Prüfer nachweisen können, „warum“ Prozessentscheidungen nachvollziehbar „wie“ getroffen wurden.

Aus diesen Gründen ist zu erwarten, dass vorrangig die in SAP eingebetteten AI-Funktionalitäten genutzt werden — oder von anderen Anbietern paketierte, integrierte, fertig durchdachte und leicht konsumierbare Anwendungen. Embedded-Szenarien wird es jedoch nur in S/4HANA-RISE oder -GROW geben, wie SAP noch einmal deutlich machte. Für alle anderen SAP-Kunden führt der Weg über den Generative-AI-Hub, um die Anbindung an externe LLM (Open AI, …) anzusteuern.

SAP kündigte ferner an, ein eigenes LLM zu entwickeln, das auf die Verarbeitung von tabellenorientierten Daten spezialisiert ist. Ansonsten ist SAP offen für die Nutzung der gängigen LLM.

 

SAP BTP: Unkalkulierbare Nutzungskosten?

Die SAP Business Technology Platform ist ein unverzichtbarer, zentraler Baustein in modernen SAP-Architekturen. Nach Angaben von Jürgen Müller arbeiten rund 10.000 Personen an der Entwicklung der SAP BTP. Dabei sind die Harmonisierung und Standardisierung der Semantik wichtige Aufgaben, die mit hoher Priorität bearbeitet werden. Das einheitliche semantische Datenmodell über alle SAP-Lösungen, eine langjährige Forderung der DSAG, ist demnach noch nicht erreicht.

Eine viel größere Tragweite hat allerdings der kommerzielle Aspekt der BTP-Nutzung — und die SAP-Kunden reagieren mittlerweile mit Unverständnis und dem Wunsch nach Transparenz und Kalkulierbarkeit: Aufgrund der unterschiedlichen Metriken ist es unmöglich die Kosten für die BTP-Nutzung im Voraus zu kalkulieren — und bei Bedarf an die Fachabteilungen weiter zu berechnen. Mal werden die BTP-Credits nach Usern, mal nach Memory-Consumption oder mal nach Aufrufen abgerechnet und Vorhersehbarkeit und Transparenz fehlen.

Wir werden dieses Thema in den nächsten Wochen vertiefen, bleiben Sie mit dem IT-Onlinemagazin Newsletter informiert.

 

SAP-Security Dashboard mit API und SAC

SAP-Security-Configuration-DashboardSAP hat (endlich) eine Evergreen-Forderung der DSAG erfüllt: Das SAP-Security Configuration Dashboard wurde vorgestellt. Mittels APIs und SAC-Template sind damit die DSAG-Basisanforderungen erfüllt. Für Partner ergibt sich durch die APIs neue Möglichkeiten zur SAP-Einbindung in die eigenen Lösungen. Man darf hier gespannt sein.

Ferner wurde angekündigt: Security-Funktionen des SAP Solution Managers soll man nach dessen Wartungsende zukünftig in SAP Cloud ALM finden können. Details fehlen hierzu noch.

Beim vom IT-Onlinemagazin gehosteten SAP-Security-Roundtable war der Saal zu 110 Prozent gefüllt. Namhafte Anbieter gaben Fehleinschätzungen von SAP-Kunden und Empfehlungen zur Verbesserung der SAP-Sicherheit weiter. Ein wichtiger Aspekt: In vielen Anwendungsunternehmen muss Knowhow aufgebaut werden, um beauftragungsfähig zu sein. Die Verantwortlichen müssen einschätzen können, welche Leistungen benötigt werden und was selbst erledigt werden muss, organisatorisch und technisch. Nur wenn Menschen und Tools zusammen agieren, kann man die Bedrohungen managen.

 

Viel Arbeit: SAP IDM muss abgelöst werden

Eine weitere Neuigkeit im Security-Kontext: 2027 kommt bekanntermaßen das Wartungsende für SAP Identity Management (SAP IDM), mit Wartungskostenzuschlag geht es bis 2030. Eine Nachfolgelösung von SAP wird es nicht geben. Stattdessen empfiehlt SAP die Migration auf Microsoft Entra ID (früherer Name: Azure Active Directory).

Die Identitäts- und Zugriffsverwaltung in einem Verzeichnisdienst ist eine zentrale Komponente für Rollen und Berechtigungen. Hier dürften viele Ablöseprojekte und auch neue Fragen entstehen. Beispielsweise, wie man für zukünftige Prüfungen die gesamte Historie und eine neue Lösung mitnimmt. Abzuwarten bleibt auch, welche Migrationswerkzeuge SAP anbieten wird und zu welchen Konditionen diese nutzbar sind. SAP-Kunden und die DSAG werden erwarten, dass die Werkzeuge unentgeltlich sind. Trotzdem sind große Projektaufwände und -laufzeiten zu erwarten, wie IDM-Insider uns signalisierten. Fazit: Es wartet viel Arbeit auf SAP-Kunden und SAP-Partner.

 

On-Premise nutzen: Adobe Document Services

Schon bei den letzten DSAG-Technologietagen 2023 stellte die SAP in Aussicht, dass die Adobe Document Services auch weiterhin lokal nutzbar sein werden. Das ist beispielsweise erforderlich, wenn Dokumente und Etiketten in großer Stückzahl und ohne Latenz in zeitkritischen Prozessen gedruckt werden müssen.

Jetzt wurde vorgestellt, wie SAP das bewerkstelligen will: Der lokale Druck mittels ADS soll für S/4HANA On-Premise mittels der XSA-Runtime (SAP HANA extended application services, advanced model (XSA)) erfolgen. Kritiker sagen: Veraltete Technologie im Status „Feature completed“ und mit der ADS-Nutzung kurz vor der Abkündigung gerettet. Ferner soll die Runtime laut Basis-Experten nicht leicht aktualisierbar und wartbar sein. Darüber wurde auch im Podcast von Martin Fischer mit Gregor Wolf und Volker Buzek diskutiert.

Das IT-Onlinemagazin Fazit lautet: Es gibt erstmal eine Lösung. Vielleicht kommen noch andere Lösungsvorschläge mit Containern oder anderen Technologien.

 

Wie will SAP den Cloud-Umstieg unterstützen?

In der SAP Business Transformation Suite will SAP die Lösungen LeanIX, SAP Signavio und SAP Cloud ALM zusammenführen, um die Prozess-, System- und Cloud-Transformation und deren Management zu unterstützen. Die Integration der SAP-Akquisition LeanIX dürfte nach Einschätzung von DSAG-Vorstand Jürgen Müller für einige Themen schnell gehen und für andere Themen mehrere Jahre dauern. Eine schnelle Integration von Zukäufen bleibt für die SAP offenbar trotz SAP BTP und vereinheitlichten (?) Datenmodellen eine langwierige Geschichte.

Die kürzlich angekündigten SAP-Rabattierungen bei Unterzeichnung eines RISE- oder GROW-Vertrags wurden in Hamburg natürlich ebenfalls diskutiert. Es dürfte besonders für die Early-Adopter von S/4HANA interessant sein, die sich nach dem Strategiewechsel der SAP benachteiligt sahen: Viele waren On-Premise geblieben oder haben ihre Systeme zu unabhängigen Hyperscalern in den Betrieb gegeben.

Mit hohen Rabatten wird man hier diesen Kunden beim Umstieg in die Cloud-Subscription entgegenkommen. Da keine Aussagen zur Deckelung des Rabatt-Angebots gemacht wurden, wird es auf das Verhandlungsgeschick jedes einzelnen Kunden ankommen. Hinter vorgehaltener wurde empfohlen: „Mit SAP so lange verhandeln, bis man den GROW-/RISE-Umstieg für sich rechnen kann!“

 

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