Der Umstieg auf SAP S/4HANA gilt in der digitalen Transformation vieler Unternehmen als wichtiger Meilenstein. Doch trotz der unbestrittenen Vorteile zögern zahlreiche Firmen mit der Implementierung.
Stefan Meinhardt, Managing Partner der dr. Fuchs Senior Advisors (Foto) und Thomas Rösler, CEO der Netris Consulting Group, sehen die Gründe dafür nicht nur in den Vorbehalten gegenüber der SAP Cloud-Transformation oder dem allgemeinen Ressourcenmangel. Aus ihrer Sicht ist auch der Implementierungspartner ein entscheidender Faktor. Ihre These: „Die richtige Auswahl des Implementierungspartners hat eine sehr große Bedeutung für das Gelingen eines SAP-Projekts.“ Wie man vorgeht, um den passenden Partner zu finden, erläutern sie im Gastbeitrag.
Welcher Partner für das S/4HANA-Projekt?
Was macht einen guten Implementierungspartner aus? Eine Frage, die Unternehmen im Vorfeld ihres Transformationsprojekts unbedingt klären müssen. Ob ein S/4HANA-Transformationsprojekt gelingt oder floppt, hängt schließlich immer auch von der Partnerauswahl ab. Dass der Partner der Wahl ausreichend technisches Know-how sowie umfassendes Verständnis für die spezifischen Geschäftsprozesse des Unternehmens mitbringen muss, ist dabei eine Selbstverständlichkeit.
Allerdings geht es bei der S/4-Transformation in erheblichem Maße auch um unternehmenskulturelle und organisatorische Aspekte. Da kann der Partner technisch noch so kompetent sein – fehlt es am Verständnis für die spezifische Branche und deren Gegebenheiten bzw. am Gefühl für die Unternehmenskultur, ist der Cultural Clash beinahe vorprogrammiert: Doch wo findet man Partner, die am besten zu den spezifischen Anforderungen des eigenen Transformationsprojekts passen? Und wie erkennt man, ob der ausgewählte Wunschpartner tatsächlich über die notwendigen Kompetenzen verfügt?
Spezialist oder Generalist? Augen auf bei der Partnerwahl
Fest steht: Das SAP Partner-Ökosystem umfasst eine Vielfalt von Dienstleistern unterschiedlichster Couleur. Die Palette reicht vom kleinen Nischenanbieter bis hin zum global ausgerichteten Generalisten. Wer also einen Implementierungspartner für sein S/4-Transformationsprojekt sucht, hat im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl. Denn jeder Partner hat unterschiedliche Stärken und Spezialisierungen. Vor allem wenn die Transformation unterschiedliche Fachbereiche betrifft, gilt es genau hinzuschauen. Denn SAP-Partner, die in einem Bereich exzellent sind, müssen anderswo nicht zwangsläufig genauso stark sein. Umso wichtiger ist, schon in der Ausschreibungsphase genau zu definieren, welche Anforderungen der Partner ganz konkret erfüllen sollte, und das vertraglich zu fixieren.
Schließlich kann die Wahl des falschen Implementierungspartners erhebliche Risiken mit sich bringen. So können unvorhergesehene Hürden, ineffiziente Prozesse und Kommunikationsmängel die Kosten in die Höhe treiben, ungenügende Erfahrung und mangelnde Ressourcen des Partners das Projekt verzögern oder gar komplett ausbremsen. Mit gravierenden Folgen: Denn wer bei der S/4-Transformation zu spät kommt, wird im schlimmsten Fall vom Markt bestraft – etwa, wenn Wettbewerber dadurch einen technologischen Vorsprung erlangen. Und wer bei der Partnerwahl aufs falsche Pferd setzt, riskiert mitunter ungeplante Zusatzkosten im siebenstelligen Bereich.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Risikofaktor: Der Fachkräftemangel macht auch vor SAP-Partnern nicht halt. Sie haben benötigte Experten „nicht auf Vorrat“ in der Umkleidekabine stehen, betreiben bei Projekten womöglich selbst Cherry-Picking – oder haben schon etliche Aufträge in der Warteschlange. Auch das will bei der Vorbereitung bedacht sein.
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Sieben Tipps zur Auswahl des richtigen Implementierungspartners
Wer folgende Tipps beachtet, ist für die Partnerwahl gut gerüstet.
- Anbieterkreis eingrenzen
Der SAP-Partner-Finder ist ein hilfreiches Werkzeug, um potenzielle Partner nach verschiedenen Kriterien zu filtern und zu bewerten. Unternehmen sollten diese Quelle nutzen, um eine erste Auswahl zu treffen. Auch die DSAG bietet inzwischen – für Mitglieder – eine Partnerbank mit Suchfiltern wie Themen- oder Branchenexpertise. - Ausschreibungsverfahren professionalisieren
Ausschreibungen sind zuweilen wahlweise sehr unspezifisch oder sehr eng formuliert. Die Folge: Entweder flattert eine Vielzahl ungeeigneter Angebote ins Haus oder der passende Partner fühlt sich davon schlichtweg nicht angesprochen. - Anbieterkreis richtig justieren
Auch die Zusammenstellung des Anbieterkreises birgt Risiken. Denn dieser besteht oft „aus den üblichen Verdächtigen“, was oft dazu führt, dass Unternehmen nur aus einer kleinen Gruppe von Partnern wählen und potenziell bessere Optionen übersehen. - Bewertungskriterien an Nutzen orientieren
Die Zusammenarbeit mit einer unabhängigen Strategieberatungen kann helfen, den Blick zu weiten und Anforderungskataloge auf den Punkt zu bringen. Oft gibt es keine klaren Bewertungskriterien oder die Entscheidungsfindung basiert zu stark auf dem Kostenfaktor anstelle des Wertes, den der Partner bietet. - Referenzen und Empfehlungen auf den Prüfstand stellen
Empfehlungen von bereits im Projekt aktiven, großen SAP-Partnern können hilfreich sein; sie bergen aber auch das Risiko von Interessenkonflikten. Es ist deshalb essenziell, die Referenzen potenzieller Partner gründlich zu prüfen und deren Erfolgsbilanz in ähnlichen Projekten zu bewerten. Unabhängige Experten und professionelle Ausschreibungen können hier wertvolle Unterstützung bieten. Dabei gilt: In der Ruhe liegt die Kraft. Ein zügiger Auswahlprozess mag effizient erscheinen. Tatsächlich ist er aber häufig eher ein Indiz dafür, dass zu wenig Due Diligence betrieben wurde. - Technische und methodische Kompetenzen bewerten
Neben den Referenzen gilt es natürlich, die technische und methodische Kompetenz des Partners zu bewerten. Hierzu gehören Kenntnisse in spezifischen Modulen von S/4HANA sowie Erfahrungen in der Projektmethodik SAP Activate. Dazu bieten sich bewährte Bewertungsmatrixen an. - Pilotprojekte und Proof of Concepts (PoC) nutzen
Kleine Pilotprojekte oder Proof of Concepts können genutzt werden, um die Arbeitsweise und Kompetenz eines Partners in einem begrenzten Rahmen zu testen, bevor das Hauptprojekt gestartet wird. PoCs, die individuelle Geschäftsprozesse des Kunden abbilden, ermöglichen, die Fachkompetenz des Partners gezielt unter die Lupe zu nehmen und zeigen auch, ob der Partner wirklich bereit ist, sich intensiv mit dem Unternehmen und seinen individuellen Transformationszielen zu befassen.
Fazit
Der Umstieg auf S/4HANA ist ein komplexes Unterfangen, bei dem die Wahl des richtigen Implementierungspartners eine entscheidende Rolle spielt. Unternehmen sollten sich deshalb die Zeit nehmen, potenzielle Partner gründlich zu evaluieren, Referenzen zu prüfen und unabhängige Experten in den Auswahlprozess einzubeziehen. Mit den richtigen Partnern an ihrer Seite können sie sicherstellen, dass ihr Transformationsprojekt erfolgreich umgesetzt wird und sie die Vorteile von S/4HANA voll ausschöpfen können.
Auswahlkriterien für den passenden SAP S/4HANA-Partner: Was SAP-Anwenderunternehmen bei der Partnerwahl wichtig ist, lesen Sie im Artikel zur IT-Onlinemagazin-Umfrage in der SAP-Community.