Der langjährige SAP-Partner T-Systems Austria will ab 2025 einen Nachfolger zur bisherigen SAP-ECC-basierten SAP-Branchenlösung Patientenmanagement (IS-H) auf der S/4HANA-Technologie für österreichische und Schweizer Kliniken anbieten. Unterstützt wird T-Systems Austria von der AT Solution Partner GmbH (ATSP).
Im Oktober 2022 hatte SAP die Branchenlösung für Ende 2030 abgekündigt und bekanntgegeben, selbst keine Nachfolgelösung für IS-H zur Verfügung zu stellen. Für zahlreiche Kliniken und Krankenhäuser entstand damit ein großer Unsicherheitsfaktor für die Planung, insbesondere auch für den S/4HANA-Umstieg.
95 Prozent der Patientinnen und Patienten betroffen
Die Entscheidung von SAP, keine eigene Lösung für die Patientenabrechnung auf S/4HANA zu entwickeln, trifft die medizinischen Einrichtungen in Österreich besonders hart. Über 95 Prozent der Patientinnen und Patienten, die sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich behandelt wurden, sind laut Walter Schinnerer (DSAG-Fachvorstand Österreich | Foto), von dieser Umstellung betroffen.
Er erklärt weiter: „Ohne eine neue Lösung für die Patientenabrechnung auf einer moderneren Plattform als das heute 30 Jahre alte SAP ECC, das 2027 bzw. 2030 aus der Wartung läuft, können keine Patientinnen und Patienten aufgenommen, keine Leistungen beschrieben, keine Entlassungen vollzogen und keine Abrechnung durchgeführt werden.“
IS-H-Nachfolgelösung mit vielen länderspezifischen Herausforderungen
Die spezifischen Anforderungen der einzelnen Länder erschwerten die Suche nach einer IS-H-Nachfolgelösung. Die Komplexität der Patientenabrechnung unterscheidet sich in Österreich und der Schweiz erheblich von Deutschland. Zusätzlich ist laut Schinnerer die enge Verknüpfung von IS-H mit dem Krankenhausinformationssystem (KIS) i.s.h.med von Oracle Cerner eine weitere Herausforderung. Oracle Cerner hat zwar angekündigt, eine Nachfolgelösung für i.s.h.med auf den Markt zu bringen, jedoch ist der Zeitpunkt der vollständigen Ersatzlösung noch unklar.
Kliniken weiter unter Transformationsdruck
Unabhängig von IS-H und i.s.h.med müssen sich Kliniken und Krankenhäuser zusätzlich mit der S/4HANA-Umstellung ihrer SAP-ERP-Systeme auseinandersetzen. Die Wartung läuft nach 2027 aus und kann nur bis 2030 über eine kostenpflichtige Extended Maintenance aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus kommt lediglich noch eine eingeschränkte, kundenspezifische Wartung in Frage.
Um die Zusatzkosten für eine Extended Maintenance zu umgehen, müssen Kliniken und Krankenhäuser also binnen drei Jahren IS-H, i.s.h.med und ihr SAP-ERP-System ersetzen.
DSAG begrüßt Ankündigung
Die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e.V. (DSAG) begrüßt die Ankündigung von T-Systems Austria. Aus DSAG-Sicht nimmt sie aber nur einen Teil des Drucks, der auf den medizinischen Einrichtungen im Rahmen der S/4HANA-Umstellung lastet.
Mit einer Integration der IS-H-Lösung in S/4HANA müssen bereits bestehende Teams für den Betrieb von S/4HANA keine neuen Fähigkeiten für andere Architekturen aufbauen. Zudem entfällt durch die On-Premises-Nutzung im kundeneigenen Rechenzentrum die Notwendigkeit, in eine Cloud-Lösung zu wechseln, bis die Rechtslage für die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Cloud ausreichend geklärt ist. Aus diesem Grund schrecken derzeit noch viele Krankenhäuser vor dem Gang in die Cloud zurück.
Die DSAG sieht in Bezug auf die IS-H-Nachfolgelösung einen Investitionsschutz – Anpassungen und Aufwände für die Migration sind damit im Vergleich zu alternativen Lösungen auf der SAP Business Technology Platform (BTP) vergleichbar gering. Sie stuft den Zeitplan bis 2027 für einen Umstieg dennoch als unrealistisch ein. Es drohe vielen Krankenhäusern und Kliniken eine kostenintensive Extended Maintenance bis ins Jahr 2030. Ein erster Schritt wäre demzufolge, die Extended Maintenance ohne Aufpreis für die Fortsetzung des Einsatzes der bisherigen Branchenlösung SAP Patientenmanagement (IS-H) anzubieten.
Fazit: IS-H-Nachfolger verschaffen mehr Planungssicherheit
Es ist eine gute Nachricht, dass SAP-Partner wie T-Systems Austria mit einer IS-H-Nachfolgelösung die Planungssicherheit für Unternehmen nach der Abkündigung durch SAP wiederherstellen wollen. Im März hatten die Common MS, die GITG AG und die Swisscom (Schweiz) AG bereits für Ende 2025 eine IS-H-Nachfolgelösung auch für den deutschen, österreichischen und schweizerischen Markt angekündigt.
Der S/4HANA-Umstiegsdruck bis 2027/30 in Kombination mit den bisher angekündigten Nachfolgelösungen dürfte für viele medizinische Einrichtungen eine größere Herausforderung für die eigene Roadmap bleiben. Die intensive Zusammenarbeit in den nächsten drei Jahren zwischen Kliniken, SAP-Partnern und SAP wird ausschlaggebend sein für die Umsetzung des engen Zeitplans.
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