Womit werden sich SAP-Kunden nach Abschluss ihrer S/4HANA-Umstellung beschäftigen? Diese Frage stellten wir der SAP-Community im Frühjahr 2025. Über 200 Personen nahmen an der Umfrage teil. Die Ergebnisse zeigen, dass die Optimierung und Standardisierung von Prozessen ganz oben auf der Agenda stehen, dicht gefolgt vom Wunsch, SAP-Innovationen und neue S/4HANA-Funktionen zu nutzen. Weitere Arbeitsschwerpunkte wurden ebenfalls genannt. Die Expertise von SAP-Partnern wird in allen Bereichen stark gefragt sein.
Prozesse nach dem S/4HANA-Umstieg optimieren
26 Prozent der SAP-Kunden möchten nach dem S/4HANA-Umstieg ihre Geschäftsprozesse optimieren und standardisieren. Diese hohe Zahl überrascht nicht: Viele Unternehmen sind mittels Brownfield-Strategie „quick-and-dirty“ von SAP ECC auf S/4HANA gewechselt und haben die Prozesse zunächst unverändert gelassen. Auch wer eine selektive Transformation durchgeführt hat, hat die Prozessmodernisierung noch in vielen Bereichen vor sich.
Es gibt zahlreiche mögliche Maßnahmen, wie beispielsweise datenbasierte Analysen mit SAP Signavio, die Durchführung von Fit-Gap-Analysen zur Identifikation von Verbesserungspotentialen, der Abgleich der eigenen Prozesse mit SAP Best Practices und die Aktivierung von Fiori-Apps.
Wer es bisher noch nicht getan hat, wird die kontinuierliche Prozessverbesserung durch regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Geschäftsabläufe sowie die Etablierung von Operational-Excellence- und Continuous-Improvement-Prozessen sicherstellen.
„Die Re-Standardisierung der Geschäftsprozesse gewinnt an Bedeutung. Als SAP-Kunde ist es aus Kostengründen und für ein kürzeres time-to-market mindestens mittelfristig ratsam, die SAP Best Practices zu nutzen und die von SAP empfohlene Clean-Core-Strategie umzusetzen.“
Helge Sanden
(SAP-Community-Insider und Chefredakteur | IT-Onlinemagazin)
S/4HANA-Innovationen nach dem Umstieg nutzen
Weitere 25 Prozent der S/4HANA-Kunden wollen nach dem Umstieg die SAP-Innovationspotenziale nutzen. Eine klare Abgrenzung zur Prozessoptimierung und -standardisierung ist hier nicht immer gegeben, doch dürften bei dieser Gruppe eher die S/4HANA-Vorteile im Vordergrund stehen:
KI-gestützte Funktionen zur Automatisierung von Routineaufgaben, vorausschauende Erkenntnisse zur Unterstützung von Entscheidungsprozessen, SAP Joule als KI-Assistent, Ende-zu-Ende-Transparenz durch Echtzeitanalysen, hochintegrierte E2E-Abläufe, datengetriebenes Business, sowie das Green Ledger sind nur einige Beispiele. Das SAP-Marketing spricht hierbei von der Transformation zu einem nachhaltigen und intelligenten Unternehmen.

„Wichtig ist, dem eigenen Management zu verdeutlichen, dass sich die Business-Benefits nach der Umstellung nicht von allein einstellen. Kapazitäten und Budgets müssen dafür bereitgestellt werden. Nur dann wird aus einer S/4HANA-Migration auch eine echte Transformation mit echten Wertbeiträgen für Automatisierung und Innovation.“
Michael Fuchs
(Senior SAP-Analyst | IT-Onlinemagazin)
Daten: Migration, Harmonisierung und Bereinigung
22 Prozent der S/4HANA-Kunden möchten nach der Umstellung den Fokus auf die Qualität ihrer Daten und ein zukunftssicheres Datenmanagement legen. Dazu zählen alle Bemühungen um die Migration, Harmonisierung und Bereinigung von Daten. Aus vielen CIO-Erfahrungsberichten und Lessons learned wissen wir, dass die eigene Datenqualität in S/4HANA-Projekten oft überschätzt wird.
Das dürfte ein Grund sein, warum Teams nicht so gut vorbereitet in den S/4HANA-Systemwechsel gegangen sind, wie es Fachleute empfehlen. Es ist wichtig, vor dem Wechsel für eine hohe Stammdatenqualität zu sorgen und alle relevanten Stammdaten zu bereinigen, zu harmonisieren und gegebenenfalls neu zu sortieren, um die Abläufe und das Zusammenspiel zu optimieren und Automatisierungspotenziale überhaupt erst nutzen zu können.
Mögliche Maßnahmen sind Stammdatentools zum Monitoring und zur kontinuierlichen Verbesserung der Datenqualität, um diese sauber zu erfassen und konsistent zu halten. Die Migrations-Lösungen der drei SAP-Partner aus der SAP-Initiative „SAP S/4HANA Selective Data Transition Engagement“, wie die SNP Crystal Bridge / Kyano, der Natuvion Data Conversion Server oder der cbs ET Enterprise Transformer, spielen bei Datentransformationen und Harmonisierungen ebenfalls eine wichtige Rolle.
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Cloud-Strategie weiterentwickeln und umsetzen
Für einige der oben genannten Lösungen ist derzeit ein RISE- oder GROW-with-SAP-Vertrag erforderlich, also die Nutzung von SAP-Cloud-Diensten. Rund 13 Prozent der SAP-Kunden setzen nach der S/4HANA-Transformation den Schwerpunkt auf die Umsetzung bzw. Weiterentwicklung ihrer Cloud-Strategie. Dies dürfte hauptsächlich die frühen S/4HANA-Kunden betreffen, die on-premise migriert haben oder zum Hyperscaler gewechselt sind. Wer in den letzten 18 Monaten umgestiegen ist, dürfte diese Bewertung und Entscheidung bereits erledigt haben.
Acht Prozent wollen eine TCO-Optimierung für ihre SAP-Landschaft umsetzen und die Kosten senken. Sieben Prozent kümmern sich nach der S/4HANA-Umstellung um die Integration und Entwicklung weiterer Lösungen, also die Erweiterung der SAP-Landschaft.
„Die Umstellung auf S/4HANA ist nur der erste Schritt – das Potenzial liegt in der konsequenten Weiternutzung und Weiterentwicklung. Welche Prozesse werden standardisiert, wo lohnt sich Individualisierung und wie lassen sich Cloud-Innovationen mit Mehrwert einbinden? Eine Post-Transition-Strategie mit klaren Prioritäten wird Unternehmen entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern.“
Maike Rose
(Geschäftsführerin und Chefredakteurin | IT-Onlinemagazin)
Fazit
Die Bewertung der Passgenauigkeit der SAP-Best-Practice Prozesse, oft in Kombination mit SAP Signavio, und deren Implementierung im Unternehmen wird in den kommenden Jahren ein zentrales Handlungsfeld sein. Ferner eröffnen sich durch die zunehmende Verfügbarkeit eingebetteter KI-Unterstützung in Kernprozessen und SAP-Cloud-Lösungen neue Innovationspotenziale.
Viele SAP-Kunden streben danach, weitere SAP-Innovationen zu nutzen, haben jedoch Nachholbedarf im Datenmanagement, das eine wichtige Grundlage für Automatisierungen und KI-Anwendungen darstellt. SAP-Kunden und -Partner sind gut beraten, jetzt Know-how in diesen Bereichen aufzubauen oder zu erweitern.