
Mehr als 200 IT- und Prozessverantwortliche sowie Business-Entscheider haben 2025 an der von valantic in Kooperation mit dem Research- und Analystenhaus techconsult durchgeführten Trendstudie zur digitalen Transformation ihres Unternehmens Stellung bezogen. Dabei ging es vor allem um Migrationsansätze auf S/4HANA, Cloud-Strategien, die Plattformen SAP Business Technology Platform und SAP Business Data Cloud sowie Künstliche Intelligenz. Rüdiger Hoffmann (valantic) erläutert im Interview die zentralen Erkenntnisse – und warum die Cloud rasant zulegt.
Studie: S/4HANA-Transformation nimmt Fahrt auf
Eine zentrale Frage im SAP-Umfeld ist ja, wo die Unternehmen aktuell in ihrer Transformation nach SAP S/4HANA stehen. Hier lässt Ihre Studie im Vergleich zum Vorjahr einen großen Entwicklungssprung erkennen – wie erklären Sie sich das?

Rüdiger Hoffmann: Wir befragen bereits seit 2018 hochkarätige SAP-Experten in der DACH-Region zu Investitionsabsichten und Business Chancen. 2025 gab es bei der SAP S/4HANA-Transformation in der Tat einen bemerkenswerten Sprung nach vorn. Der Anteil der Unternehmen mit laufenden Projekten hat sich gegenüber 2024 auf 40 Prozent fast verdoppelt. Damit ist ein grundlegender Stimmungswechsel vollzogen: Die Kunden sind jetzt handlungsbereit. Die meisten haben ihre Sondierungs- und Planungsphase abgeschlossen und arbeiten an der operativen Umsetzung. Dafür sehen wir zwei wichtige Gründe: Zum einen der Zeitdruck, denn jetzt steht das Wartungsende für ältere SAP-ERP-Lösungen im Jahr 2027 direkt vor der Tür. Zum anderen ist die Transformation inzwischen zunehmend entmystifiziert. Die Mehrheit der Unternehmen sehen in S/4HANA das notwendige digitale Fundament, um mittelfristig handlungs- und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Auch bei der Wahl der Migrationsstratege zeigt sich ein Trendwandel – woran machen Sie das fest und warum?
Rüdiger Hoffmann: Hier geht der Trend klar zum goldenen Mittelweg eines hybriden Migrationsansatzes. 57 Prozent der befragten Unternehmen bevorzugen die Extended Brownfield- beziehungsweise die Bluefield-Conversion, die einen pragmatischen Kompromiss zwischen Innovation und Machbarkeit bietet. Das hybride Vorgehen verbindet die strukturierende Wirkung einer Greenfield-Transformation mit der operativen Effizienz klassischer Brownfield-Projekte.
Das zeigt: Die Mehrheit scheut den aufwändigen und risikoreicheren Weg eines vollständigen Greenfield-System-Resets. Ihn wählen nur noch 20 Prozent der Unternehmen. Der reine Brownfield-Ansatz, der von zehn Prozent der Befragten favorisiert wird, kommt für die meisten Unternehmen ebenso wenig infrage. Eine technische Migration mit 1:1-Überführung bestehender Prozesse bewirkt eben keine echte Modernisierung. Und genau darauf kommt es den Unternehmen an. Sie favorisieren Transformationsprojekte, die Geschwindigkeit, und damit Kosteneffizienz, mit Optimierung im Sinne von Harmonisierung, Modernisierung und Automatisierung kombinieren.
Cloud gewinnt als Betreibermodell an Bedeutung
Den deutlichsten Sprung zeigen die aktuellen Studienergebnisse bei der Wahl des Betriebsmodells – hier hat die Private Cloud das On-Prem-Hosting klar abgelöst. Wie genau sieht die Verteilung aus und welche Treiber konnten Sie für die „Hinwendung“ zur Cloud identifizieren?
Rüdiger Hoffmann: Der Zuspruch für die Cloud ist in diesem Jahr fast explodiert. Während der On-Prem-Betrieb dramatisch an Attraktivität verloren hat – hier sank der Anteil von fast 60 Prozent im Jahr 2024 auf jetzt 20 Prozent, hat die gemanagte SAP S/4HANA Private Cloud ihren Anteil auf 58 Prozent fast verdoppelt. Die Public Cloud steht bei 22 Prozent. Wie schon bei der Wahl des Migrationsansatzes zeigt das, dass für die Mehrheit der Unternehmen auch beim Cloud-Umstieg der kontrollierte Fortschritt den disruptiven Umbruch schlägt.
Doch die Offenheit gegenüber Cloud-Modellen sowie die Reife im Umgang mit entsprechenden Architekturen ist sehr deutlich gewachsen. Unternehmen sehen in der Cloud inzwischen eine strategische Schlüsseltechnologie für ihren Geschäftserfolg. Sie realisieren mehr und mehr die vielen Vorteile einer Business Software aus der Cloud und stellen bisherige Bedenken hintenan. Voraussetzung dafür ist aber häufig, dass Customizing und die Anbindung von Eigenentwicklungen möglich bleiben. Besonders regulierte Branchen wie das Finanzwesen und die öffentliche Verwaltung setzen auf die Private Cloud und ihre Balance aus Kontrolle und Skalierbarkeit.
KI ist bei den Unternehmen angekommen – auch das bestätigen die Ergebnisse Ihrer Studie. Was steht dabei aktuell im Fokus, worin genau sehen die Unternehmen hier den Vorteil bzw. Business-Nutzen und wo liegen die Stolpersteine?
Rüdiger Hoffmann: Künstliche Intelligenz ist definitiv mehr als ein Hype-Thema, sondern schafft einen klaren Mehrwert für Unternehmen. In unserer Studie stehen für die Verantwortlichen neben dialogorientierten Assistenten vor allem tiefgreifende Use Cases mit generativer AI im Fokus. Ebenso gefragt ist die Transformation von Planungs- und Analytics-Prozessen mit KI. Die wichtigsten Treiber dieses Trends sind wirtschaftliche Vorteile durch beschleunigte Prozesse und Kosteneinsparungen. Doch wir sehen auch, dass Unternehmen Künstliche Intelligenz nicht nur als Automatisierungswerkzeug betrachten, sondern als strategischen Hebel zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit, etwa durch bessere Problemanalysen, die Entlastung der Mitarbeitenden und die Know-how-Erweiterung. Als die größten Hemmnisse werden IT-Sicherheitsrisiken, fehlendes Vertrauen in die KI, rechtliche Fragen sowie der Mangel an qualifiziertem Personal genannt.
SAP Business Data Cloud trifft voll ins Schwarze
Erstmals taucht in Ihrer Umfrage die SAP Business Data Cloud auf. Wie beurteilen die von Ihnen befragten Unternehmen die noch junge Plattform in puncto Funktionsumfang und Zukunftspotenzial? Und woraus leitet sich die die hohe Akzeptanz der SAP BDC Ihrer Meinung nach ab? Erfahrungswerte dürften bislang ja noch eher die Ausnahme sein.
Rüdiger Hoffmann: Die SAP Business Data Cloud trifft einen Nerv. Bereits heute betrachtet mehr als die Hälfte der befragten IT-Verantwortlichen die junge Plattform als integralen Bestandteil ihres künftigen Datenmanagements. Das liegt an der rasant steigenden Bedeutung datengetriebener Geschäftsmodelle. Den meisten Unternehmen ist bewusst: Wer generative KI produktiv und wertstiftend einsetzen will, braucht eine durchdachte Datenarchitektur und eine über Systemgrenzen hinweg konsolidierte Datenbasis.
Das bietet die SAP Business Data Cloud. Darüber hinaus legt sie den Grundstein für eine neue Datenlogik. SAP-Services und -Lösungen können künftig ohne den Datentransfer zwischen Systemen auskommen und direkt auf eine gemeinsame Persistenzschicht zugreifen. Sie stellt die Daten genau dort bereit, wo sie benötigt werden. Dieser Architekturansatz wird in Zeiten wachsender regulatorischer Anforderungen und steigender Nachhaltigkeitserwartungen immer relevanter, denn er verspricht weniger Redundanzen, eine einfachere Integration, geringeren Speicherbedarf und einen deutlich reduzierten Datenfußabdruck.
Über unseren Interviewpartner:
„Einfach machen!“ – Unter diesem Leitsatz begleitet Rüdiger Hoffmann, Partner & Managing Director bei valantic, Unternehmen seit über 25 Jahren durch die digitale Transformation. Als Coach, Consultant und Brückenbauer zwischen Business und IT macht er komplexe Veränderungen greifbar und sorgt für messbare Wirkung und echte Zusammenarbeit. SAP ist dabei oft Teil der Lösung – nie Selbstzweck.