Der SAP S/4HANA-Umstieg in der Öffentlichen Verwaltung geht voran: Laut einer Umfrage der DSAG führen 93 Prozent der Befragten derzeit ein Transformationsprojekt durch, knapp fünf Prozent haben die Transformation bereits abgeschlossen, nur zwei Prozent haben noch nicht damit begonnen. Die Cloud spielt beim SAP S/4HANA-Umstieg der Öffentlichen Hand allerdings allenfalls eine untergeordnete Rolle.
9 von 10 haben Transformation bereits angestoßen
„Dass über 90 Prozent der befragten Einrichtungen derzeit ein S/4HANA-Transformationsprojekt in Angriff nehmen, zeigt, wie ernst die Öffentliche Verwaltung die digitale Transformation nimmt“, erklärt Hermann-Josef Haag, Stellvertretender DSAG-Vorstandsvorsitzender und DSAG-Fachvorstand für Personalwesen & Public Sector (Foto). Dies sei wichtig, um zukunftssicher und effizient aufgestellt zu sein. Von den Einrichtungen, die aktuell ein Transformationsprojekt durchführen, befinden sich 41 Prozent in der Vorbereitungsphase, 51 Prozent geben an, dass sich ihr Projekt bereits in der Umsetzung befindet. Eine Tatsache, die Haag begrüßte. „Das nahende Wartungsende im Hinterkopf muss man allerdings sagen, dass die restlichen 50 Prozent dringend handeln müssen“, empfahl der DSAG-Fachvorstand.
Wartungsende ist zentraler Transformationstreiber
Das sehen die Befragten ähnlich: Für knapp 91 von ihnen ist das Wartungsende der Mainstream Maintenance in 2027 bzw. das Ende der erweiterten Wartung in 2030 für die Altsysteme der Haupttreiber der Transformation. Fast jeder Dritte (27 Prozent) nennt Standardisierung bzw. ein verbessertes User-Interface als Grund für den Umstieg. Prozessautomatisierung ist für 19 Prozent am wichtigsten, gefolgt von neuen Funktionalitäten bei 16 Prozent, der Performance-Optimierung bei 13 Prozent und einer Verbesserung der Berichtslage bei 9 Prozent. Bei dieser Frage waren Mehrfachnennungen möglich.
Die Umfrage der Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) zeigt, dass viele S/4HANA-Projekte hinsichtlich Zeit, Budget und Qualität als kritisch bewertet werden. 19 Prozent der Befragten sehen den Zeitfaktor kritisch, 47 Prozent teilweise kritisch und 33 Prozent geben an, planmäßig unterwegs zu sein. „Knappe Zeitfenster und häufig begrenzte Budgets stellen die Öffentliche Verwaltung bei IT-Projekten immer wieder vor Herausforderungen. Das ist nicht nur bei der S/4HANA-Transformation so“, weiß Haag und ergänzt: „Ein starkes Projektmanagement und die Unterstützung durch die Behördenleitung sind Voraussetzungen, um Projekte erfolgreich in kurzer Zeit durchzuführen.“
Cloud beim SAP S/4HANA-Umstieg wenig relevant
Befragt nach der Rolle der Cloud in ihrer S/4HANA-Transformation geben 19 Prozent an, sich noch nicht festgelegt zu haben. Bei 35 Prozent spielt die Cloud keine Rolle, da die Migration ausschließlich On-Premises erfolgt. Bei weiteren 30 Prozent wird der Cloud eine untergeordnete Rolle zugedacht. Nur wenige Systeme sind in der Cloud, die meisten bleiben On-Premises. Lediglich 13 Prozent der Befragten halten die Cloud für wichtig und nutzen eine hybride Lösung – und gerade einmal zwei Prozent wollen komplett in die Cloud migrieren.
„Die Skepsis gegenüber der Cloud in der Öffentlichen Verwaltung ist nachvollziehbar, wenn man die strengen Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen bedenkt“, erklärt Haag. „Wir sehen, dass viele Organisationen vorerst auf On-Premises-Lösungen setzen, was die hohen Anforderungen an die Datensicherheit unterstreicht.“ Souveräne Cloud-Anbieter könnten hier Vertrauen schaffen, indem sie die Einhaltung europäischer Datenschutzrichtlinien (DSGVO) und Sicherheitsstandards garantieren und damit die Hürden für die Cloud-Nutzung in der Öffentlichen Verwaltung senken. „SAP hat das erkannt und will in den kommenden Jahren zwei Milliarden Euro in souveräne Angebote investieren. Es ist davon auszugehen, dass die Optionen am Markt zunehmen werden“, ist sich Haag sicher.
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Datenschutz bleibt eine der größten Hürden
Als Hindernis, auf Cloud-Lösungen zu setzen, geben mehr als jeder Fünfte (22 Prozent) den Datenschutz an, fast ebenso viele (20 Prozent) sehen Probleme in funktionalen Aspekten wie nicht verfügbaren Lösungen. Jeweils 14 Prozent scheuen den Schritt in die Cloud aufgrund vertraglicher und rechtlicher Aspekte sowie Fragen der Datensicherheit. Für sieben Prozent sind wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend, fünf Prozent geben an, Investitionen haushaltstechnisch einfacher darstellen zu können als laufende Subskriptionen. Vier Prozent kennen die Cloud-Lösungen von SAP nicht.
„Die Umfrageergebnisse verdeutlichen, dass Datenschutzbedenken ein dominierendes Thema für die Nutzung von Cloud-Lösungen in der Öffentlichen Verwaltung bleiben“, betont Haag. „Um Vertrauen in Cloud-Lösungen zu stärken, ist es wichtig, dass die Anbieter die hohen Standards erfüllen und entsprechende Sicherheiten garantieren.“ Cloud-Anbieter wie STACKIT oder DELOS positionieren sich in diesem Rahmen.
Brownfield hat bei S/4HANA-Migration die Nase vorn
44 Prozent der befragten Organisationen setzen bei ihrer S/4HANA-Migration auf den Brownfield-Ansatz, 39 Prozent bevorzugen den Bluefield-Ansatz und 16 Prozent führen eine komplette Neuimplementierung durch. Die Unterstützung durch die Führungsebene bei den befragten Unternehmen sieht folgendermaßen aus. Knapp 61 Prozent stellen das Budget zur Verfügung, 39 Prozent priorisieren das Projekt, 29 Prozent setzen auf motivierende Ansprachen, 25 Prozent erklären das „Warum“ und 19 Prozent unterstützen gar nicht. Zehn Prozent setzen ein gutes Beispiel. Sonstige Aktivitäten führen drei Prozent an. Dazu gehört z. B., dass die Führung langsam die Relevanz der Migration erkennt, oder noch nicht so weit ist. Bei der Frage gab es die Möglichkeit von Mehrfachnennungen.
Gefragt nach den fünf kritischsten Erfolgsfaktoren ihrer S/4HANA-Transformation liegen bei 58 Prozent ausreichende Projektressourcen und ihre interne Qualifikation an erster Stelle. 57 Prozent geben ein professionelles Projektmanagement als relevant an. 49 Prozent sehen eine klar formulierte und kommunizierte Zielsetzung an dritter Position, 33 Prozent das Veränderungsmanagement, 23 Prozent die Projekt-Governance und Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereich.
Erhebungsgrundlage
Die DSAG-Umfrage wurde im Zeitraum Oktober und November 2024 unter den Mitgliedern des DSAG-Arbeitskreises Öffentliche Verwaltung in den DACH-Ländern durchgeführt. 44 Prozent der Befragten gaben dabei an, der Kommunalebene zugeordnet zu sein, 33 Prozent der Landesebene und 15 Prozent der Bundesebene. Sieben Prozent ordneten sich unter „Sonstige“ ein.