„Karrieren rund um SAP“: Michael Fuchs im Gespräch mit Stephan Brand

Karriere-Interview Stephan Brand
Stephan Brand (Bosch Mobility Solutions, rechts) im Gespräch mit Michael Fuchs (IT-Onlinemagazin)

Als Chief Digital Officer (CDO) verantwortet Stephan Brand heute weltweit die digitale Transformation von Bosch Mobilty Solutions, einschließlich der Implementierung von SAP S/4HANA, Cloud-Plattformen und Automatisierungslösungen.

Doch seine berufliche Laufbahn begann Brand 1996 bei SAP, zunächst als Werksstudent, später dann in der regionalen Unterstützung von Vertrieb, Entwicklung und Support für Europa und Asien. Im Verlauf seiner über 20-jährigen Karriere bei SAP übernahm er verschiedene Führungspositionen, darunter Regional Group Manager für Asien-Pazifik im Bereich Customer Relationship Management (CRM), Vorstandsassistent oder Global Account Director für einen Großkunden. Ab 2015 war dann als Senior Vice President für Produkt & Innovation im Bereich Internet of Things (IoT) verantwortlich, bevor er im Oktober 2019 zu Bosch Mobility Solutions wechselte. Mit Michael Fuchs (Senior Analyst, IT-Onlinemagazin) spricht Stephan Brand über seinen Werdegang zum CDO, seine Aufgaben mit seinem Team bei Bosch Mobility Solutions und seine Prioritäten für die Zukunft.

 

Wechsel zu Bosch Mobility Solutions: Freude an der Sache und der Herausforderung

Michael Fuchs: Stephan, ich freue mich riesig, mit Dir über Dich und Deine Karriere sprechen zu können. Was mich als allererstes interessiert: Wie wird man Chief Digital Officer bei Bosch Mobility Solutions?

Stephan Brand: Ja, wie wird man das? Das war einer der berühmten Zufälle im Leben. Ich war ja sehr lange bei SAP, schon als Student ab 1996. Wenn ich jetzt mal so schaue, was ich in meiner Zeit bei SAP alles gemacht habe, dann habe ich fast jede Station des Software Lifecycle Managements bis hin zum Kunden durchlaufen, in Vertrieb, in der Entwicklung, im Support und auch im strategischen Management.  Alles zusammengerechnet waren das am Ende 23 Jahre SAP. Da denkt man nicht unbedingt darüber nach, die Firma nochmal zu verlassen – was ich auch tatsächlich gar nicht geplant hatte. Für Automotive, die Unternehmen und Marken dort, hatte ich allerdings schon eine Leidenschaft entwickelt, als ich Assistent beim damaligen SAP-Vorstand Peter Zenke war, der neben CRM ja auch diese Branche verantwortete.

Als ich dann von Bosch hörte, war ich neugierig, weil es bei Bosch Mobility Solutions ja um eine riesige Transformation in der Automobilindustrie ging. Ich hatte das Gefühl, dass man nicht oft im Leben die Chance bekommt, bei einem Transformationsprojekt dieser Größenordnung mitzuwirken. Und wenn man das Thema kennt und viele Leute sagen, das ist nicht machbar, das ist viel zu groß, die Zeit ist zu knapp – dann bin ich sowieso motiviert. Letztendlich war es also die Freude an der Sache und an der Herausforderung. Also wurde es Bosch. Und ich habe es die letzten sechs Jahre auch nicht bereut. Zudembin ich SAP ja auch noch immer sehr verbunden.

 

Langjähriger SAP-Kunde mit konzernweiter SAP S/4HANA-Transformation

Michael Fuchs: Du sagst, dass Dich das riesige Transformationsprojekt gereizt hat. Kannst Du das etwas greifbarer machen? Wie groß seid ihr, wie ist Bosch Mobility Solutions organisiert?

Stephan Brand: Ja, sehr gerne. Die Bosch-Gruppe hat insgesamt ca. 420.000 Mitarbeiter, in 300-400 Standorten in aller Welt, mit zahlreichen Geschäftssektoren, etwa Power Tools, Home Comfort oder Bosch Siemens Haushaltsgeräte. Bosch Mobility Solutions, also Automotive, ist nach wie vor der größte Bereich und macht fast 60 Prozent der Gruppe aus. Wir sind im klassischen Tier1-Supplier-Geschäft, haben nahezu alle Fahrzeughersteller dieser Welt als unsere Kunden und sind in diesem Bereich über Jahrzehnte mit führend. Die Veränderung der Antriebsstränge in Richtung Elektromobilität, Software und Services sind aktuell mit das wichtigste Thema in der Branche.

Mit Blick auf die betriebswirtschaftliche Software ist die Bosch-Gruppe ein sehr großer und traditioneller SAP-Kunde, seit mehr als 25 Jahren. Alle Bereiche der Gruppe, auch die Konzernzentrale, durchlaufen aktuell eine SAP S/4HANA-Transformation. Wir haben die klassischen Konzernfunktionen auf der horizontalen Ebene, den Digital-Backbone, also Finance, Controlling oder HR und prägen die Geschäftsbereiche für ihr jeweiliges Segment vertikal aus.

 

Chief Digital Officer aus Sicht des Business

Michael Fuchs: Wie muss ich mir Dein Team dazu vorstellen? Was sind eure Hauptaufgaben?

Stephan Brand: Als Business CDO bin ich nicht auf der IT-Seite, ich bin auf der Geschäftsbereichsseite. Die IT ist mein interner Partner, meine Organisation ist im Kern eine Prozessorganisation. Wir nehmen die Anforderungen aus dem Geschäft, aus den Geschäftsbereichen, aus den Werken, aus den Lokationen entgegen und übersetzen sie in Lösungen. Das machen wir wie eine Entwicklungsorganisation nach dem Prinzip Design, Build, Deploy, Run. Wir erstellen die Prozessdefinition und treffen die Entscheidungen zur Zielarchitektur. Auch die Rollout-Aktivitäten liegen bei uns, sowohl für SAP S/4HANA, als auch für Non-SAP-Lösungen. Und am Ende, der „Run“, teilt sich dann auf – die IT hat ihren Anteil an Technik und Support, aber das ganze Thema Business-User-Betreuung, Enduserbetreuung, Weiterentwicklung der Prozesse, Optimierung, Automatisierung, Robotic Process Automation, das machen wieder wir.

 

Treiber und Enabler der digitalen Transformation

Michael Fuchs: Dann sind Du und Deine Organisation also Treiber und Enabler der digitalen Transformation – immer stark aus dem Business heraus gedacht? Und somit die klassische Schnittstelle zwischen Business und IT?


Stephan Brand:
Ja genau. Wir sind für die Zielarchitektur verantwortlich. Bosch Mobility Solutions besteht seinerseits aus acht Geschäftsbereichen, mit denen ich mich natürlich über den Scope, die Zentralfunktion abstimmen muss. Ich habe den Luxus, hier eine große Organisation zu führen, die über sehr viel SAP-Expertise verfügt – Prozessexperten mit mehr als 20 Jahren Erfahrung, die bereits zahlreiche Rollouts begleitet haben und genau wissen, wo sie eingreifen müssen. Gleichzeitig haben wir uns in den letzten Jahren, insbesondere seit ich an Bord bin, intensiv mit Cloud-Themen, Cloud-Plattformen, RPA sowie Low-Code- und No-Code-Umgebungen beschäftigt. Auch wir im Business müssen uns also mit Technologie auseinandersetzen und sie verstehen.

Wir sind sehr autonom und benötigen vergleichsweise wenig externe Beratung, da ich die Möglichkeit habe, Experten direkt aus den Geschäftsbereichen und Werken einzubinden. Strategisch ergänzen wir uns dann gezielt durch externe Berater, um zusätzliche Kompetenz einzubringen, bei der Standardisierung zu unterstützen oder komplette Rollouts zu übernehmen, wenn die internen Kapazitäten einmal nicht ausreichen.

 

GenAI als Gamechanger

Michael Fuchs: Wo liegen Deine Prioritäten – jetzt und in naher Zukunft?


Stephan Brand:
Der Umstieg auf SAP S/4HANA ist natürlich eine der ganz großen Prioritäten und die Ablösung von SAP APO mit Kinaxis. Auch die SAP Analytics Cloud steht auf der Liste. Und da ist natürlich auch das Thema AI. Michael, wir sind ja schon lange in der IT-Branche, und wenn man Trends über zwei, drei Jahrzehnte beobachtet, sieht man: manche bleiben, andere vergehen. Ich bin überzeugt, dass wir uns in einer historisch bedeutsamen Zeit befinden. Gen AI ist ein Gamechanger. Sie wird massiv verändern, wie wir arbeiten, Prozesse gestalten, Geschäftsbereiche steuern und Mitarbeiter einsetzen. Ich sehe das sehr positiv: Für Mitarbeiter ist es eine Chance, Routineaufgaben abzugeben und sich auf höherwertige Tätigkeiten zu konzentrieren. Jedes Produktivitätstool, das mir persönlich in den letzten 25 Jahren in der Industrie zur Verfügung stand, hat mir geholfen, nicht geschadet – und so wird es auch hier sein. Daran glaube ich ganz fest.

Michael Fuchs: Ja, davon bin ich ebenfalls überzeugt. Stephan, ich danke Dir ganz herzlich für diese spannenden Einblicke in Deinen Werdegang und auch Deine aktiven Herausforderungen in diesen spannenden Zeiten. In diesem Sinne freue ich mich auf eine Fortsetzung unseres Interviews, wenn wir dann in einem Teil 2 tiefer in Eure Vorgehensweise rund um die laufende SAP S/4HANA-Transformation einsteigen.

 

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