Mit Künstlicher Intelligenz zu Autonomous Finance

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In Zeiten wachsender Datenmengen und steigender Anforderungen an Effizienz, gewinnt Künstliche Intelligenz (KI) auch im Finanzwesen weiter an Bedeutung. Besonders in der Rechnungseingangsverarbeitung hat sie sich zur Automatisierung repetitiver Aufgaben etabliert. Mit dem Einsatz generativer KI (genAI) beginnt nun die nächste Phase. Warum damit das Ziel einer weitgehend autonomen Finanzbuchhaltung in greifbare Nähe rücken könnte, schildert Dina Ziems von der xSuite Group in einem Gastbeitrag für das IT-Onlinemagazin anhand zahlreicher operativer Beispiele.

Dina Ziems
Dina Ziems, Foto: xSuite

KI-gestützte Systeme werden in klassischen Buchhaltungsprozessen künftig zahlreiche Routineaufgaben übernehmen, die zeitaufwändig und fehleranfällig sind: Transaktionen kategorisieren, eingehende Rechnungen erfassen und validieren, Zahlungen überwachen oder Finanzberichte erstellen. Durch maschinelles Lernen und moderne Algorithmen lassen sich diese Tätigkeiten nicht nur automatisieren, sondern auch qualitativ verbessern.

Ein konkretes Beispiel ist die Beleglesung, bei der die Software „mitlernt“. Wird bei der Belegvalidierung eine Korrektur vorgenommen – etwa ein falsch erkannter Betrag oder ein falscher Kreditor – speichert das System diese Information und berücksichtigt sie bei künftigen Belegen. Auf diese Weise verbessert sich die Erkennungsleistung ohne manuelles Nachtrainieren. Das Ergebnis sind Zeit- und Ressourceneinsparungen, Entlastung für Mitarbeitende und eine fundiertere Basis für geschäftliche Entscheidungen dank strukturierter und konsistenter Finanzdaten.

 

Kontextbasierte Kontierung und Bearbeiterfindung

Ein weiteres Beispiel ist die Kontierung. Hier entsteht ein besonderer Mehrwert, da es um Aufgaben geht, bei denen einfache Regelwerke nicht mehr ausreichen. Oft lässt sich nicht eindeutig aus dem Beleg selbst ableiten, welches Konto für eine Rechnung relevant ist. Es braucht Kontextwissen, etwa über Projektzuordnungen, Kostenstellen oder Buchungskreise. KI-Modelle können hier auf Grundlage historischer Daten plausible Kontierungsvorschläge mit Wahrscheinlichkeitswerten generieren.

Ähnlich effizient wirkt KI bei der Bearbeiterfindung. In Unternehmen mit historisch gewachsenen Strukturen ist oft unklar, wer für welche Rechnung zuständig ist. Statt starrer Regeln, die ständig gepflegt werden müssen, kann KI die Zuständigkeiten aus vergangenen Bearbeitungen ableiten und automatisch den potenziell richtigen Mitarbeitenden vorschlagen – inklusive Eskalationslogik oder Urlaubsvertretungen. Vorschläge für Sachkonto, Kostenstelle, Innenauftrag oder Bearbeiterfindung liefert bei xSuite der Prediction Server.

 

GenAI: der nächste Evolutionsschritt

Während klassische KI vorrangig auf Mustererkennung und Prozessoptimierung ausgerichtet ist, eröffnet generative KI neue Perspektiven. Große Sprachmodelle (Large Language Models, LLMs) sind in der Lage, Textdaten nicht nur zu analysieren, sondern zu interpretieren und mit Kontextwissen anzureichern. Das macht sie zu einem wertvollen Werkzeug im gesamten Rechnungsverarbeitungsprozess – angefangen beim Rechnungseingang. Dieser Schritt, also das präzise Auslesen von Rechnungsinhalten, ihre Interpretation und korrekte Zuordnung in die entsprechenden Felder des ERP-Systems, ist gleichzeitig der kritischste für die durchgängige Automatisierung.

Nur was korrekt erkannt wurde, kann automatisiert weiterverarbeitet werden. Als alles noch manuell erledigt wurde, war die Erfassung von Rechnungsdaten eine zeitaufwändige Angelegenheit. Und selbst mit der besten OCR bleibt sie eine Herausforderung: Bei 85, bestenfalls 95 Prozent liegen die durchschnittlichen Erfassungsquoten. Der Rest muss somit immer noch manuell korrigiert oder nachbearbeitet werden.

 

Künstliche Intelligenz leitet ihre Regeln selbst ab

Mit LLMs müssen keine komplexen Logiken mehr erdacht und programmiert werden, um Datumsformate oder Positionsdaten korrekt zu erkennen. Das aufwändige Training für jeden einzelnen Lieferanten entfällt. Die KI leitet ihre Regeln selbst ab und wendet sie an, um Werte automatisch auszulesen und zu übertragen – als würde man ChatGPT bitten, die Inhalte einer Rechnung zu analysieren. Mit dem Unterschied, dass sich die KI speziell für die Anforderungen der Rechnungsverarbeitung in SAP optimieren lässt,  wie das bei Xsuite bereits der Fall ist.

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Beyond OCR: Interpretieren statt nur Lesen

LLMs greifen damit tiefer als jede OCR, die nur analoge Zeichen in maschinenlesbaren Text überträgt. Sie erkennt Bedeutungen, zieht Rückschlüsse, ergänzt fehlende Informationen und verknüpft kontextuell relevante Daten. Der entscheidende Vorteil ist, dass LLMs nicht nur die Rechnung selbst analysieren, sondern auch andere Datenquellen einbeziehen können – beispielsweise historische Belege, Bestellungen, Lieferscheine oder Stammdaten aus dem ERP-System. Aufgrund ihrer globalen Trainingsdaten verstehen sie, was eine Rechnung inhaltlich ist – unabhängig vom Layout, Sprachstil oder Format. Sie liefern deutlich umfangreichere und präzisere Belegdaten als klassische Capture-Systeme allein und ermöglichen damit eine besondere Automatisierungstiefe.

 

KI erkennt Auffälligkeiten und schützt vor Betrug

Ein weiteres Einsatzfeld generativer KI ist die Anomalieerkennung. Durch das Training auf umfangreichen historischen Daten kann das Modell Muster im Zahlungsverhalten identifizieren.

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Mehr zum Thema „KI in der Rechnungsverarbeitung mit xSuite“ im Kundenbericht oder auf der xSuite-Eventseite.

Wenn beispielsweise ein Lieferant regelmäßig Rechnungen in ähnlicher Höhe stellt und plötzlich ein deutlich höherer Betrag auftaucht, wird dies automatisch als Auffälligkeit erkannt und zur Prüfung markiert.

Diese Fähigkeit ist nicht nur bei der Einhaltung von Compliance-Richtlinien hilfreich, sondern auch ein wirksames Werkzeug gegen Betrug und Fehlabrechnungen. KI unterstützt also nicht nur operative Prozesse, sondern auch strategische Aufgaben wie das Risikomanagement. Darüber hinaus können über KI auch Plausibilitätsprüfungen angestoßen, interne Kontrollsysteme gestärkt und Prüfpfade automatisiert dokumentiert werden.

 

E-Rechnung und KI

Eine oft geäußerte Vermutung lautet: Mit der Einführung der E-Rechnung, also strukturierter digitaler Rechnungen, wird die Rolle der KI obsolet. Das trifft jedoch nicht zu. Zwar entfällt mit der E-Rechnung der aufwendige Erfassungsschritt, doch auch strukturierte Rechnungsformate enthalten nicht alle nötigen Informationen – etwa spezifische Zuordnungen im Unternehmen oder Kontextwissen aus anderen Systemen. Hier greift genAI erneut: Sie ergänzt vorhandene Daten, erkennt Abweichungen, unterstützt die Entscheidungsvorbereitung und schafft dadurch zusätzliche Wertschöpfung – auch im Zeitalter digitaler Rechnungsstellung. Darüber hinaus hilft sie bei der Harmonisierung verschiedener E-Rechnungsformate, der Integration in ERP-Systeme und der Analyse großer Mengen strukturierter Daten.

 

Fazit: Die Zukunft der Finanzabteilung ist autonom

Die Integration generativer KI in die Rechnungsverarbeitung ist weit mehr als ein technischer Fortschritt – sie markiert den Übergang in eine neue Ära. Mit LLMs und genAI lassen sich nicht nur manuelle Arbeitsschritte eliminieren, sondern ganze Prozesse intelligent und kontextbasiert steuern. Die Vision von Autonomous Finance – also einer weitgehend selbststeuernden Finanzbuchhaltung – rückt damit in greifbare Nähe.

 

Über die Autorin:

Dina Ziems
Dina Ziems, Foto: xSuite

Dina Ziems ist Senior Lead Marketing bei der xSuite Group GmbH. Sie verantwortet dort das Group- und Produktmarketing – mit voller Begeisterung für moderne Technologien und smarte Prozesse. Ihr Fokus liegt auf der digitalen Prozessautomatisierung, der gesetzeskonformen Umsetzung von Themen wie der E-Rechnungspflicht, der effizienten Rechnungsverarbeitung in SAP sowie den Potenzialen Künstlicher Intelligenz. Ihr Antrieb: Unternehmen fit für die Zukunft machen – mit innovativen Lösungen, die echten Mehrwert schaffen.

 

 

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